Gesundheitssport als ein Netzwerk des Sinnvollen und Notwendigen

Experten auf der Suche nach optimalen Lösungen

 

Die Menschen in Deutschland, denen der Gesundheitssport am meisten helfen würde, können nur schlecht

zur Teilnahme an den bestehenden Angeboten motiviert werden. Dieses Manko beklagten Sportwissenschaftler und Vertreter der Versicherungsträger bei einem Symposium der Deutschen Vereinigung für Sportwissenschaft (dvs) in Potsdam. „Alles tut gut, wenn es die Leute nur aus dem Fernsehsessel bringt“, meinte Volker Wanek vom Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherungen bei der Diskussion unter dem Motto „Sport und Bewegung im Gesundheitswesen – Notwendigkeit oder Luxus“. „Wir müssen viel Geld hineinstecken, um die zu erreichen, die es am notwendigsten haben“, sagte Prof. Gerhard Huber vom Deutschen Verband für Gesundheitssport und Sporttherapie.

Wanek sieht einen Weg in der stärkeren Vernetzung der Angebote untereinander. Vom Sport als Therapie in Kliniken über die Rehabilitationsbehandlungen durch Bewegungstherapien bis hin zum Präventionssport in den Sportvereinen: Der Übergang soll reibungslos erfolgen. „Über so etwas muss nachgedacht werden, denn wir müssen einfach einen Zugang zu allen finden“, sagte Wanek vor den 100 Kongressteilnehmern. Aber bisher haben die Verantwortlichen noch keine optimale Lösung gefunden. Im Gegenteil, Dr. Ferdinand Schliehe vom Verband Deutscher Rentenversicherungsträger räumte eine gewisse Ratlosigkeit ein. Sein Verband ist durchaus bereit, nicht nur in die Rehabilitation – die Nachbehandlung von Krankheiten – zu investieren, sondern auch in die Prävention. Aber trotz aller Anstrengungen der Verantwortlichen ist der Erfolg nicht überwältigend. Nach Angaben von Wanek wurden von den gesetzlichen Krankenversicherungen nur 352.000 Kursteilnehmer gezählt. „Gerade einmal 0,5 Prozent der Versicherten haben an einem Präventionsprogramm teilgenommen. Das muss dringend mehr werden“, sagte Wanek.

Prof. Dr. Winfried Banzer, Gesundheitsbeauftragter des Deutschen Sportbundes (DSB), bezifferte den Finanzbedarf für eine flächendeckende Ausdehnung des vom DSB initiierten Qualitätssiegels SPORT PRO GESUNDHEIT auf 100 Millionen Euro. „Wenn wir diese Summe in die Hand nehmen, dann können wir bald fünf Millionen Menschen ansprechen“, sagte Banzer auf dem Symposium. Derzeit würden der DSB, die Landessportbünde und die Sportvereine mit den 7000 Kursen, die bisher mit dem Siegel ausgezeichnet worden sind, rund 600.000 Menschen erreichen. Banzer verwies auf die Notwendigkeit, dass das Bundesgesundheitsministerium ein Präventionsgesetz schaffen solle. In der gerade verabschiedeten Gesundheitsreform sei die Prävention nicht ausreichend berücksichtigt.

Die Bedeutung der Gesundheitssports unterstrich Manfred von Richthofen, Präsident des Deutschen Sportbundes, bei dem Kongress der Sportmediziner, in den die dvs-Veranstaltung eingebettet war. „Es kommt jetzt darauf an, dass die politischen Notwendigkeiten auch finanziell abgesichert und in praktikable Lösungen überführt werden“, sagte Richthofen. Der Deutsche Sportbund stehe seit Jahren mit eigenen Investitionen und Ideen als Partner zur Verfügung. Das mit dem Deutschen Behindertensportverband gemeinsam initiierte Programm SPORT PRO REHA befinde sich in einer viel versprechenden Aufbauphase.

In Potsdam unterstrich das Bundesgesundheitsministerium noch einmal seine Absicht, schon bald ein Präventionsgesetz auf den Weg zu bringen. „Derzeit werden im Ministerium Eckpunkte für ein solches Präventionsgesetz entwickelt“, sagte Ministeriumssprecherin Rosmarie Apitz. Prävention solle eine eigenständige Säule neben der Akut-Behandlung, der Rehabilitation und der Pflege werden. Zu dem Zeitplan sagte sie nichts. Aber mittlerweile ist klar, dass es nicht mehr zur Anfang des nächsten Jahres geplanten Verabschiedung kommen wird. Das Gesetz scheint frühestens Mitte nächsten Jahres in Kraft treten zu können.
Günter Müller