Grundsätze zur Nominierung der Olympiamannschaft Peking 2008

Nachfolgend das Schreiben von DOSB-Generaldirektor Dr. Michael Vesper an die Olympischen Spitzenverbände sowie die präzisierten Nomnierungsgrundsätze vom 24. Juli 2007.

Noch ein Jahr bis zu den Olympischen Spielen in Peking - die Nominierungsgrundsätze stehen aber schon fest. Copyright: picture-alliance
Noch ein Jahr bis zu den Olympischen Spielen in Peking - die Nominierungsgrundsätze stehen aber schon fest. Copyright: picture-alliance

Nach der Beschlussfassung des Präsidiums über die o.a. Nominierungsgrundsätze im März 2007 haben drei Entwicklungen deren Präzisierung notwendig gemacht: 

  • die Dopinggeständnisse einer Reihe von Radsportlern;
  • die veränderte „Missed-Test-Policy“ der NADA mit dem Ziel einer internationalen Harmonisierung;
  • die Ehren- und Verpflichtungserklärung, die den Ärzten, Tierärzten und Physiotherapeuten, Trainern und Betreuern zur Unterzeichnung vorgelegt werden soll.

Nach Konsultation der NADA hat das Präsidium diese Präzisierung auf seiner Sitzung vom 24. Juli 2007 einstimmig verabschiedet. Danach werden Geständnisse zu Dopingverstößen mit gleicher Wirkung wie entsprechende Nachweise durch positive Kontrollen behandelt. Nachgewiesene Verstöße gegen die Meldepflicht, die mit einer Sperre belegt sind, führen zum Ausschluss von einer Nominierung. Funktionsträger/innen werden nicht nur wegen eines Verstoßes gegen die Anti-Doping-Bestimmungen von einer Nominierung ausgeschlossen, sondern auch dann, wenn sie die neu entwickelte Ehren- und Verpflichtungserklärung des DOSB nicht unterzeichnen. Über die Nominierung von Funktionsträgern/innen, die in früheren Jahren als Athleten/innen des Dopings überführt und dafür bestraft worden waren, wird das DOSB-Präsidium frühzeitig im Einzelfall entscheiden.  

Hintergrund der Behandlung von Meldepflichtverstößen ist, darauf hat die NADA in ihrer Stellungnahme noch einmal hingewiesen, die rechtliche Situation, die solche Verstöße national und international unterschiedlich sanktioniert. Die NADA sieht in ihrem Regelwerk eine schärfere Sanktionierung vor als die WADA. Laut NADA-Code stellt nämlich schon der erste Meldepflichtverstoß einen Verstoß gegen die Anti-Doping-Bestimmungen dar; er wird bekanntlich mit einer öffentlichen Verwarnung sanktioniert. Bereits der zweite Verstoß wird mit einer Sperre von drei Monaten bestraft, die beim dritten Verstoß auf ein Jahr ausgedehnt wird.  

Demgegenüber empfiehlt die WADA in ihren Guidelines, dass erst der dritte Meldepflichtverstoß innerhalb von 18 Monaten einen Verstoß gegen den WADA-Code darstellt und mit einer Sperre zu belegen ist – wie dies zuletzt auch am Fall Rasmussen illustriert wurde. Das ändert sich voraussichtlich auch nicht mit dem neuen WADA-Code, der noch in diesem Jahr verabschiedet werden soll. Sein Entwurf verweist auf die International Standards for Testing (IST), die ebenfalls festlegen, dass der dritte Verstoß innerhalb von 18 Monaten einen sanktionsfähigen Verstoß gegen den WADA-Code darstellt und mit einer Sperre von einem Jahr bestraft werden soll. 

Im Ergebnis bleibt also zweierlei festzuhalten: dass zum einen die NADA-Regelungen zur Behandlung von Meldepflichtverstößen schärfer sind als die Empfehlungen der WADA und zum anderen damit auch unsere Nominierungsgrundsätze, die schon beim zweiten nachgewiesenen Verstoß gegen die Meldepflicht einen Ausschluss von der Nominierung nach sich ziehen, strenger vorgehen, als dies im internationalen Vergleich üblich ist; wir befinden uns damit im Übrigen in voller Übereinstimmung mit den IOC-Anti-Doping-Regeln für die Olympischen Spiele in Peking 2008. Sie finden die detaillierte Stellungnahme der NADA in der Anlage.

Die Nominierungsgrundsätze sind in der gültigen Fassung beigefügt. Zugleich hat das Präsidium – mit Ausnahme von Tennis (wegen der noch nicht beschlossenen internationalen Kriterien) und Radsport (der BDR hat um eine Verschiebung gebeten) – die sportartspezifischen Nominierungskriterien der olympischen Sommersportverbände zur Nominierung der Olympiamannschaft Peking 2008 verabschiedet.

Nominierungsgrundsätze

I. Grundsätze zur Nominierung der Olympiamannschaft Peking 2008 

1. Namentliche Nominierung 

Die namentliche Nominierung der Mitglieder der Olympiamannschaft Peking 2008 wird vom Präsidium des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) vorgenommen. In Ausnahmefällen kann das DOSB-Präsidium Entscheidungen in vorab festzulegender Form delegieren. 

2. Voraussetzungen 

2.1. Das eigenständige Erreichen von Quoten-/Startplätzen gem. der vom IOC gemeinsam mit den Internationalen Verbänden vorgegebenen Kriterien bzw. die Erfüllung von Qualifikationsleistungen ist notwendige Voraussetzung für eine Olympiateilnahme. Dies allein stellt jedoch grundsätzlich keinen Anspruch auf eine Nominierung dar. 

2.2. Voraussetzung für eine mannschafts- bzw. disziplinbezogene und für eine namentliche Benennung ist grundsätzlich der Leistungsnachweis einer begründeten Endkampfchance bei den Olympischen Spielen Peking 2008. Diese muss für jeden Spitzenverband sportartspezifisch, jedoch unter Berücksichtigung der Chancengleichheit und Vergleichbarkeit innerhalb der gesamten Olympiamannschaft erarbeitet und abgestimmt werden. Dabei ist die ausschließliche Orientierung an der Platzierung in der unbereinigten bzw. bereinigten Weltrangliste nicht ausreichend. 

2.3. Die Sportspielmannschaften (Fußball, Basketball, Handball, Volleyball, Beach-Volleyball, Hockey, Wasserball, Softball, Baseball) werden grundsätzlich bei erfolgreicher Qualifikation für die Olympischen Turniere gemeldet. 

2.4. Quoten-Startplätze, die bei vorolympischen Weltmeisterschaften mit einer Platzierung unter den ersten 12 in Einzelwettbewerben oder unter den ersten acht in Mannschaftswettbewerben erreicht werden, sollen grundsätzlich wahrgenommen werden. 

2.5. In zeitlicher Nähe zu den Olympischen Spielen muss eine Leistungsbestätigung erbracht werden. Diese ist in den u. g. sportartspezifischen Nominierungskriterien festzulegen. 

2.6. Durch Absage/Zurückziehen von Quotenplätzen anderer Nationen können grundsätzlich keine Nachrücker zur Nominierung vorgeschlagen werden. 

3. Sportartspezifische Nominierungskriterien 

Die sportartspezifischen Nominierungskriterien, insbesondere die nationalen Anforderungen zur Besetzung der nicht an Personen gebundenen Quoten-/Startplätze, müssen – im Sinne einer optimalen Olympiavorbereitung – bis zum 01. August 2007 für jeden olympischen Sommersportverband festgelegt sein. Die inhaltliche Ausarbeitung der Kriterien erfolgt gemeinsam zwischen dem Geschäftsbereich Leistungssport des DOSB, den Spitzenverbänden und den betreffenden Aktivensprechern der Verbände/Disziplinen.

4. Anti-Doping-Bestimmungen 

4.1. Im Sinne der Gleichbehandlung der Olympiateilnehmerinnen und –teilnehmer müssen sich alle Athletinnen und Athleten, die für eine Nominierung in Frage kommen, dem von der Nationalen Anti Doping Agentur (NADA) organisierten Trainingskontrollsystem spätestens ab 1. Juli 2007 anschließen und das entsprechende Regelwerk des nationalen und internationalen Sportfachverbandes bzw. das Anti-Doping-Regelwerk der NADA anerkennen. Letzteres gilt ebenfalls für die nationalen Sportfachverbände. 

4.2. Eine Definition des einzubeziehenden Kreises erfolgt spätestens bis 1. Juni 2007 durch den jeweiligen Fachverband in Abstimmung mit dem DOSB/Geschäftsbereich Leistungssport unter Mitarbeit der Aktivensprecher der betreffenden Verbände. 

Die namentliche Meldung der dem Kreis angehörenden Olympiakandidaten/innen gegenüber der NADA und die Information über die jeweiligen aktuellen Adressen gemäß den Vorschriften des Anti-Doping-Regelwerks der NADA bzw. des World Anti Doping Codes liegen in der Verantwortung der Verbände. 

4.3. Athletinnen und Athleten, die sich nicht bis spätestens 1. Juli 2007 dem Trainingskontrollsystem angeschlossen haben und nicht die in Ziff. 4.1. aufgeführten Regelwerke akzeptiert haben, können grundsätzlich nicht für die Olympischen Spiele 2008 nominiert werden. Über Ausnahmen entscheidet das DOSB-Präsidium. 

4.4. Der DOSB beauftragt die NADA, die Trainingskontrollen (out of competition controls) im Vorfeld der Olympischen Spiele für die Olympiamannschaftskandidaten/ innen verstärkt durchzuführen. 

4.5. Es obliegt den Verbänden, sämtliche für eine Olympiateilnahme in Frage kommenden Athleten/innen in geeigneter Weise über die Notwendigkeit einer Einbeziehung in das Trainingskontrollsystem zu informieren. Hierfür in Betracht kommt, neben individuellen Anschreiben, insbesondere die regelmäßige Veröffentlichung in Verbandszeitschriften oder den verbandseigenen Internetseiten. Soweit die Informationen nicht hinreichend publik gemacht werden, dürfen den Athleten/innen hieraus keine Nachteile erwachsen. 

5. Einzelfallnominierung bei Verstößen gegen die Anti-Doping-Bestimmungen 

5.1. Grundsätzlich können der Olympiamannschaft keine Athleten/innen angehören, denen im Zeitraum vom 01. September 2004 bis unmittelbar vor Beginn ihrer olympischen Wettkämpfe in 2008 ein Verstoß gegen die Anti-Doping-Bestimmungen des jeweiligen nationalen und internationalen Sportfachverbandes und/oder der NADA nachgewiesen wurde. Mit gleicher Wirkung werden Geständnisse zu Dopingverstößen behandelt. 

Bei nachgewiesenen Verstößen gegen die Meldepflicht, die zu einer Sperre führen, können die betroffenen Athleten/innen und/oder die dafür verantwortlichen Funktionsträger/-innen der Verbände grundsätzlich nicht für die Olympiamannschaft benannt werden. Im Einzelfall kann das DOSB-Präsidium nach Prüfung eine gesonderte Entscheidung gem. Ziff. 5.2. treffen. 

Eine Einzelfallentscheidung ist in den Fällen erforderlich, in denen das Verfahren noch nicht rechtskräftig zu Ende geführt wurde, dem Athleten/der Athletin jedoch aufgrund einer positiven A-Probe oder aufgrund anderer begründeter Tatsachen der Vorwurf eines Verstoßes gegen die Anti-Doping-Bestimmungen eines nationalen oder internationalen Sportfachverbandes bzw. der NADA gemacht wird.  

5.2. Das DOSB-Präsidium kann im Einzelfall nach Prüfung und ggf. Einholung einer schriftlichen Stellungnahme der NADA eine gesonderte Entscheidung über die Nominierung der unter 5.1. aufgeführten Athleten treffen. Der nationale Sportfachverband hat diese sog. ‚Einzelfallentscheidung’ rechtzeitig vor der für die Nominierung zuständigen Präsidiumssitzung des DOSB bei diesem unter Vorlage aller für eine Beurteilung und Entscheidung notwendigen Dokumente (Laborberichte, Stellungnahme des Athleten, usw.) zu beantragen. 

5.3. Funktionsträger/innen, die rechtskräftig wegen eines Verstoßes gegen die Anti-Doping-Bestimmungen in einem Gerichts- oder Sportgerichtsverfahren verurteilt worden sind und/oder die Ehren- und Verpflichtungserklärung des DOSB nicht unterzeichnet haben,können grundsätzlich nicht für die Olympiamannschaft nominiert werden. Im Einzelfall kann das DOSB-Präsidium nach Prüfung eine gesonderte Entscheidung treffen; das gilt insbesondere auch für Funktionsträger/innen, die in früheren Jahren als Athleten/innen des Dopings überführt worden sind. 

6. Überprüfung der Mitglieder der Olympiamannschaft Peking 2008 nach dem Stasi-Unterlagengesetz 

Im Vorfeld der Olympischen Sommerspiele Peking 2008 wird der DOSB den zur Nominierung in Frage kommenden Kreis von Leiterinnen und Leitern sowie Mitgliedern der Leitungen von Teilmannschaften, Ärztinnen und Ärzten, Trainerinnen und Trainern, leitenden Physiotherapeutinnen und –therapeuten, und - soweit vorhanden - leitendem technischen Personal auf eine mögliche Zusammenarbeit mit dem Staatssicherheitsdienst der ehemaligen DDR überprüfen lassen. Das Verfahren orientiert sich dabei an der Neufassung des Stasi-Unterlagen-Gesetzes vom 21.12.2006.

Eine Nominierung zu den Olympischen Sommerspielen Peking 2008 ist nur möglich, wenn die Überprüfung zu keinem belastenden Ergebnis führt. Das Präsidium entscheidet im Einzelfall nach Anhörung des Unabhängigen Gremiums des DOSB für Stasi-Fragen. 

II. Teilnahme an den Olympischen Spielen Peking 2008 

Voraussetzung 

Voraussetzung für eine Teilnahme an den Olympischen Spielen ist die Unterzeichnung der „Entry Form – Eligibility Conditions“ des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) sowie die Unterzeichnung der Vereinbarung zwischen DOSB und Athlet/in (Rückforderung der Entsendungskosten bei Verstoß gegen die Anti-Doping-Bestimmungen von WADA, NADA und/oder DOSB). 

Beschlossen vom Präsidium des DOSB auf seinen Sitzungen vom 13.03.2007 und 24.07.2007 in Frankfurt am Main.


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