Hessischer Rundfunk: Kommentar zum bisherigen deutschen Abschneiden bei der Leichtathletik-WM in Paris

Gerne weisen wir im Zuge der aktuellen Leichtathletik-Berichterstattung aus Paris auf einen Kommentar von Volker Arnold auf HR 1 hin.

Kommentar des Hessischen Rundfunks von heute, 28.08., von Volker Arnold auf HR 1



Gerne weisen wir im Zuge der aktuellen Leichtathletik-Berichterstattung aus Paris auf einen Kommentar Hessischen Rundfunks von heute, 28.08., von Volker Arnold auf HR 1 hin.

 

 

"Wenn wir auch immer noch auf die erste Goldmedaille in Paris warten – im „Uns selber runterputzen" verteidigen wir den Weltmeistertitel jedenfalls so erfolgreich wie unangefochten. Fast so wie bei den Olympischen Spielen in Atlanta 1996, Sie erinnern sich vielleicht. Sieben ganze Tage ohne Goldmedaille damals – und eine ganze Nation ließ ihr Selbstwertgefühl im olympischen Feuer verdampfen, so kam es jedenfalls in den Medien rüber. Am achten Tag war die kollektive Depression urplötzlich wieder verflogen, da regnete es gleich fünfmal Edelmetall – natürlich nicht unbedingt in der Leichtathletik - und die Rücken richteten sich wieder steil auf. Dasselbe wiederholte sich vier Jahre später in Sydney – da war die Bilanz der deutschen Leichtathleten mit zweimal Gold, einmal Silber und zweimal Bronze ja auch nicht gerade berauschend. Deutsche Sportler sind Weltspitze als Spring- und Dressurreiter und in manchen Ruderbooten, seltener im Fechten und Werfen und ganz selten auf der Tartanbahn. Das war nur kurze Zeit mal anders, als der DDR-Sport bundesdeutsch wurde und noch ein paar Jahre voll im Saft stand – jetzt sind wir eben wieder auf Normalniveau. Für viele Grund genug, uns mal wieder – wie in schöner Regelmäßigkeit - über die Krise des deutschen Leistungssports zu unterhalten, über Weicheier hier und nervenschwache Versager dort, über Verbandsintrigen und verpasste Anschlüsse. Kurz: Die Fortsetzung der Pisa-Studie im Pariser Stadion. Sogar die Polen besser als wir? Kann ja wohl nicht sein. Und was haben wir da? Schon wieder die kollektive Depression.

 

Wenn die nur auf den Sport beschränkt wäre, dann wärs zwar albern, aber noch zu verkraften. Ist sie aber nicht. Sondern in vielen Bereichen. Korea will unseren ICE nicht kaufen, sondern die französische Variante? Mein Gott, was haben wir falsch gemacht? China will den Transrapid nicht von Schanghai bis Peking bauen? Aber das ist doch deutsche Spitzentechnik, wenn die nicht mal läuft, was können wir dann noch verkaufen? Also - Mal abgesehen davon, dass kein Land der Welt über so eine Strecke eine solche Bahn bauen würde, und mal abgesehen davon, dass der Transrapid vielleicht nicht perfekt ist, aber er ist immerhin die einzige Magnetbahn, die weltweit zu haben ist – es passiert eben, das deutsche Systeme mal nicht gekauft werden, dass ausländische Konkurrenzprodukte besser sind und Amerikaner die Tour de France gewinnen. An dem Problem kann man ja arbeiten und sollte es auch – aber immer gleich die Pleite ohnegleichen, die Blamage ohne Beispiel zu beschwören wie in diesen Tagen mal wieder im Fall der armen Leichtathleten, das ist eine extrem öde Übung und so überflüssig wie ein Fehlstart. Trotzdem werden wir sie wieder mitmachen, schließlich sind wir Deutsche – spätestens im nächsten Jahr in Athen"

 

Volker Arnold, Hessischer Rundfunk