Höhere Vereinsbeiträge können kein Tabu sein

 

Die Erhöhung von Vereinsbeiträge ist zunehmend ein Thema in Sportkreisen. Und das nicht erst, seit DSB-Präsident Manfred von Richthofen in

einem Interview mit der FAZ bekannte: „Es gibt eine ganze Reihe von Sportvereinen, die keinen zeitgemäßen Beitrag erheben.“ Die finanziellen Ressourcen der Sportvereine werden knapp: Die Kommunen als größter Förderer sind bereits seit einiger Zeit klamm. Etliche Landesregierungen kürzen den Sporthaushalt seit knapp zehn Jahren teilweise drastisch. Und die Einnahmen aus Werbung und Sponsoring entsprechen zumindest in „normalen“ Sportvereinen ebenfalls nicht den medienwirksamen Diskussionen.

Eine Untersuchung des Württembergischen Landessportbundes (WLSB) zeigte, dass vor allem die kleinen Vereine zwischen 1989 und 1999 ihre Beiträge nicht einmal der Inflationsquote angepasst haben: Sie liegen bis zu 30% darunter. Laut Finanz- und Strukturanalyse des deutschen Sports (FISAS) sank der Anteil der Mitgliedsbeiträge von 49% aus dem Jahr 1986 auf 35% (1996). Fazit: Da der Anteil der Beiträge an der Gesamtfinanzierung der Vereine gesunken ist, mussten sie dies durch mehr wirtschaftliche Tätigkeiten - und das bedeutet mehr freiwilliges Engagement - ausgleichen.

Daraus kann nicht grundsätzlich gefordert werden, dass jeder Verein seine Beiträge erhöhen muss. Jeder Verein wird dies im Rahmen seines Finanzmanagements entscheiden. Mittelfristig werden die Vereine um eine Beitragserhöhung nicht herum kommen, dazu ist das Preis-Leistungsverhältnis zu einseitig und hält dem Preisvergleich mit anderen Freizeitangeboten kaum stand. Nur große Turnvereine nehmen über 100 Euro als Mitgliedsbeitrag. Mit diesem Geld kann eine vierköpfige Familie höchstens zweimal essen gehen. Davon kann sich keiner einen qualifizierten, zweitägigen Computerkurs an der Volkshochschule leisten. Dafür kann man auf zwei Popkonzerte gehen oder sein Kind ein knappes halbes Jahr auf die Jugendmusikschule schicken. Dagegen produziert der Turnverein 40mal pro Jahr Wohlbefinden, Fitness, Gesundheit und Gemeinschaft.

Kürzlich sagte ein Vorsitzender, er könne seinen Mitgliedern eine Erhöhung nicht zumuten. Im Gegenzug muten die Mitglieder dem Verein allerdings trotz allgemeiner Kostensteigerung zu, dass er bei gleichbleibenden Beiträgen mehr Qualität produziert. Dies geht zu Lasten der Freiwilligen, die nämlich das Defizit durch Mehrarbeit ausgleichen müssen.

Natürlich wollen die Mitglieder wissen, warum die Beiträge verändert werden. In der Mitgliederversammlung müssen die Einnahmen und Ausgaben transparent dargestellt werden. Die überzeugendste Gegenüberstellung von Einnahmen und Ausgaben hat vor Jahren die TG Rohr-Heidelberg veröffentlicht. Dem durchschnittlichen Vereinsbeitrag von damals 104,20 Mark standen Ausgaben von 151,12 Mark gegenüber, angefangen von Verbandsbeiträgen über die Bezahlung des Platzwartes und der Übungsleiter bis zu den Portokosten. Pro Mitglied musste der Verein ein Defizit von rund 47 Mark ausgleichen.

Beitragserhöhungen sind ein schwieriges Thema, denn nur in den seltensten Fällen erbringt der Verein eine neue, zusätzliche Leistung. Aber Beitragserhöhungen sind keine Schikane eines abgehobenen Vorstandes, sondern oft eine Notwendigkeit, um regelmäßigen Sport anbieten zu können. An der Sozialverträglichkeit des Preis-Leistungsverhältnisses des organisierten Sports wird sich ohnehin nichts ändern.