Hörmann würdigt die Zusammenarbeit mit der Wissenschaft

Mit einer Festakademie im prachtvollen Wassersaal der Orangerie am Erlangener Schloss hat der DOSB seinen Wissenschaftspreis 2014 vergeben, die angesehenste Auszeichnung der deutschen Sportwissenschaft.

 

Ehrung der Wissenschaftspreisträger 2014: (v.l.) Prof. Dietrich Kurz, Jun.-Prof. Elke Grimminger, Emanuel Hübner, Prof. Jochen Baumeister, Prof. Thomas Heinen, Katja Senkel, Alfons Hörmann, Prof. Gudrun Doll-Tepper. (Fotos Picture Alliance)
Ehrung der Wissenschaftspreisträger 2014: (v.l.) Prof. Dietrich Kurz, Jun.-Prof. Elke Grimminger, Emanuel Hübner, Prof. Jochen Baumeister, Prof. Thomas Heinen, Katja Senkel, Alfons Hörmann, Prof. Gudrun Doll-Tepper. (Fotos Picture Alliance)

„Die Zusammenarbeit mit der Sportwissenschaft war und ist für den DOSB ein ganz wichtiger Bestandteil seiner Strategie“, sagte DOSB-Präsident Alfons Hörmann in seiner Festrede, in der vor den rund 100 Gästen, darunter der bayerische Staatsminister für Inneres, für Bau und Verkehr, Joachim Herrmann, Erlangens Bürgermeisterin Susannen Lender-Cassens und Prof. Christoph Korbmacher, Vizepräsident der gastgebenden Friedrich-Alexander-Universität (FAU) Erlangen-Nürnberg.

Gemeinsam mit der DOSB-Vizepräsidentin Bildung und Olympische Erziehung, Prof. Gudrun Doll-Tepper, und dem Vorsitzenden des Kuratoriums des Wissenschaftspreises, Prof. Dietrich Kurz, überreichte Hörmann Urkunde und Scheck an die insgesamt fünf Preisträger. Die Preise sind mit einem Preisgeld von insgesamt 12.000 Euro verbunden.

Mit dem ersten Preis wurden die die Habilitationsschrift von Thomas Heinen von der Stiftung Universität Hildesheim und die Dissertation von Katja Senkel von der Universität des Saarlandes geehrt. Der zweite Preis ging an Jochen Baumeister von der Universität Paderborn für seine Habilitationsschrift. Auch der dritte Preis wurde doppelt vergeben: für die Habilitationsschrift von Elke Grimminger von der Universität des Saarlandes und die Dissertation von Emanuel Hübner von der Universität Münster.

Wissenschaft als Flucht vor dem Staunen

Der alle zwei Jahre vergebene DOSB-Wissenschaftspreis setzt seit 2006 die Tradition des Carl-Diem-Wettbewerbs fort, den die Vorgängerorganisation Deutscher Sportbund seit 1953 veranstaltet hatte.

„Mit diesem Wettbewerb fördert der DOSB die Sportwissenschaft an einer für die Zukunft entscheidenden Stelle, und ich bin weiterhin zuversichtlich, dass diese Förderung dem Sport und seiner Organisation wieder zugutekommt“, sagte der Kuratoriumsvorsitzende Kurz.

Er nahm ein Zitat von Alfons Hörmann auf, der Wissenschaft mit einem Bonmot von Albert Einstein definiert hatte, und ergänzte: „Wenn Wissenschaft ‚‛‛Flucht vor dem Staunen‘ ist, sollte auch die Sportwissenschaft nicht nur die Fragen bearbeiten, die der Sport ihr ausdrücklich stellt. Sie muss immer auch frei bleiben, darüber hinaus zu fragen, was im Sinne eines humanen Sports fragwürdig ist.“

Thematisch und methodische deckten die 28 eingereichten Beiträge, ausgedruckt in insgesamt etwa 8000 Seiten, wieder in beeindruckender Weise das ganze Spektrum der aktuellen Sportwissenschaft ab, sagte Kurz, ehe er die Arbeiten der fünf Preisträger kurz vorstellte.

Der Blick auf die Bewegung

Die mit einem Ersten Preis ausgezeichnete Habilitationsschrift von Thomas Heinen trägt den Titel: „Visuomotorische Kontingenzen bei der Auswahl, Kontrolle und Aneignung von komplexen Bewegungshandlungen im Sport“.

Heinen, jetzt Professor für Sozialwissenschaft des Sports an der Universität Hildesheim, analysiert in seiner, so das Kuratorium, „außergewöhnlich umfangreichen und logisch strukturierten Untersuchungsreihe“ die Blick- und Körperbewegungen von Sportlern in komplexen geschlossenen und offenen Wettkampfsituationen, beispielhaft an Bewegungsaufgaben aus dem Turnen und dem Handball.

Viele seiner Detailbefunde seien richtungsweisend, urteilten die Gutachter. So verwenden Sportler unterschiedliche Wahrnehmungsstrategien, wenn sie Anforderungen bewältigen müssen. Mit dem Könnensstand der Athleten verändert sich erheblich, wie sie Informationen unterscheiden und aufnehmen, und das Erlernen motorischer Fertigkeiten kann durch eine gezielte Lenkung der Informationsaufnahme optimiert werden.

Ein Gutachter aus dem Kuratorium fasste zusammen: Heinens Blick auf das Blickverhalten von Sportlern gerate damit ohne Zweifel zu einem wahren Lichtblick der aktuellen sportwissenschaftlichen Forschung.

Wie wirksam ist das Anti-Doping-Recht?

Ebenfalls mit einem Ersten Preis ausgezeichnet wurde Dr. Katja Senkel für ihre Dissertation mit dem Titel „Wirksamkeitschancen des ‘Anti-Doping-Rechts’. Eine interdisziplinäre Analyse zu den Anforderungen an Dopingbekämpfungsmechanismen und deren Umsetzung“.

Die Arbeit wurde an der Philosophischen Fakultät der Universität Saarbrücken angenommen. Sie analysiert Anti-Doping-Initiativen und Anti-Doping-Programme und deren Einbindung in Recht verschiedener Formen und Ebenen, also als Verbandsrecht, als staatliches und zwischenstaatliches Recht. Die Wissenschaftlerin fragt dabei, welche Wirkungschancen die in ihnen enthaltenen Anti-Doping-Bestimmungen überhaupt haben können.

Prof. Kurz bescheinigte der Preisträgerin ein „gewaltiges Vorhaben“, das sie seit der Masterarbeit 2004 verfolgt und nun in einem über 600 Seiten starken Opus zu einem brillanten, vorläufigen Abschluss bringe. Dabei baue sie theoretisch und methodisch auf der Rechtswirksamkeitsforschung auf und arbeite damit Verfahren heraus und wende sie auf aktuelle Beispiele an, „mit denen auch die Debatte um ein staatliches Anti-Dopinggesetzt versachlicht werden kann“.

Dabei beschreibt Katja Senkel an den gewählten Beispielen des Anti-Doping-Rechts und den entsprechenden Kontrollverfahren der Sportverbände gravierende Mängel. Der externe rechtswissenschaftliche Gutachter erklärte: „Die Diskussion um das Anti-Doping-Recht kann an den Ergebnissen dieser Arbeit nicht vorbeigehen. Sie wird eine andere sein müssen.“

Wie das Gehirn koordiniert

Der zweite Preis wurde Prof. Jochen Baumeister für seine Habilitationsleistung in englischer Sprache zuerkannt. Darin geht er auf neuen Wegen der Frage nach, wie wir Bewegungen kontrollieren. Die Sportmedizin habe in den letzten 50 Jahren in der Untersuchung von Anpassungsprozessen im Training gewaltige Fortschritte gemacht, aber Aspekte der Neurophysiologie weitgehend vernachlässigt.

Baumeister untersucht, wie das Gehirn das alles koordiniert. Als Schaltstelle der sensomotorischen Kontrolle betrachtet er ein hypothetisches Etwas, für das sich in der internationalen Hirnforschung die Bezeichnung „Arbeitsspeicher“ durchgesetzt hat. Das ist keine Stelle im Gehirn, sondern eine Gemeinschaftsleistung, an der mehrere Ebenen und Bereiche des Zentralnervensystems beteiligt sind.

Die ersten Ergebnisse der Studie bezeichnete das Kuratorium als „Grundlagenforschung im besten Sinne, in der wir staunend auch viel über uns selbst erfahren. Und doch ergebe sich auch schon manche Erkenntnis für die praktische Anwendung.

Anerkennung und Missachtung im Sportunterricht

Auch für die beiden dritten Preisträger war die Jury voll des Lobes. Das Untersuchungsfeld von Dr. Elke Grimminger, Junior-Professorin für Bewegungs- und Sportpädagogik an der Universität Hamburg, ist der Sportunterricht. Sie untersuchte in ihrer Arbeit die Prozesse, mit denen sich Kinder und junge Jugendliche untereinander Anerkennung und Missachtung vermitteln, und die Strategien, die sie dafür einsetzen.

Nach Einschätzung des Kuratoriums sind die reichhaltigen Erkenntnisse, die Grimminger mit ihrem multimethodischen Vorgehen gewann, für eine pädagogische Gestaltung nicht nur von großem Wert, sondern wegweisend.

Von Mythen über Olympia 1936

Dr. Emanuel Hübner untersuchte für seine Dissertation „Planung, Bau und Nutzung des Olympischen Dorfes von 1936“, nicht ahnend, wie aktuell seine 2009 begonnenes Projekt sechs Jahre später werden würde.

Hübner untersuchte „für seine stauenswerte Arbeit“ nicht nur deutsche Geschichte und Sportgeschichte, sondern ebenso Politik, Militär sowie Kulturgeschichte einschließlich der Geschichte der Kunst und der Architektur. Auf allen diesen Gebieten habe sich der Preisträger als Fachmann erwiesen.

Insbesondere lobte die Jury, wie überzeugend Hübner darlege, dass die deutsche und internationale Forschungsliteratur zu den Olympischen Spielen 1936 auf unzureichender Quellenbasis beruhe und ungeprüft Mythen weiter verbreitet würden. Das bestätigte Zweitgutachter Christopher Young, der renommierte Geschichtswissenschaftler von der University of Cambridge.

Vereinbarung zwischen DOSB und FAU

DOSB-Präsident Hörmann hob in seiner Festrede auch die Vereinbarung hervor, die der DOSB und die Friedrich-Alexander-Universität kurz vor der Festakademie unterzeichnet hatten. Wie lassen sich die Kompetenzen der im Sport ausgebildeten Trainerinnen und Trainer, Übungsleiterinnen und Übungsleiter für andere sichtbar machen? Diese Frage, so Hörmann, beschäftige den DOSB schon sehr lange.

Ein erster wichtiger Schritt für die DOSB-Diplomtrainer sei die Kooperation zwischen der DOSB-Trainerakademie und der Deutschen Sporthochschule seit Dezember vorigen Jahres gemacht. Der zweite Schritte folgte in Erlangen.

Denn nun können Inhaber von DOSB-Lizenzen einen Weiterbildungs-Studiengang „Bachelor Sportwissenschaft“ an der FAU angehen. Dabei geht es, anders als in der Kooperation mit der Sporthochschule, nicht darum, Trainer für den Hochleistungssport zu qualifizieren. Vielmehr sollen im Sportverein Engagierte in Erlangen die Möglichkeit erhalten, sich auf Gebieten wie Gesundheit oder Bildung akademisch zu qualifizieren.

"Wir sind sehr froh, mit der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg einen Partner gefunden zu haben, der uns in diesem Ziel unterstützt", sagte Hörmann. "Wir freuen uns darauf, mit Prof. Ralf Sygusch und Dr. Sebastian Liebl gemeinsam diese Vision umzusetzen."  

Zum Abschluss der Festakademie dankte Prof. Gudrun Doll-Tepper, im DOSB auch für die Zusammenarbeit mit der Wissenschaft zuständig, dem Kuratorium und seinem Vorsitzenden Kurz, der künftig nicht mehr für das Ehrenamt zur Verfügung steht. Die DOSB-Vizepräsidentin überreichte Kurz zum Abschied eine Arbeit des Künstlers Hans Borchert, der am Montag beim Neujahrsempfang des DOSB in Frankfurt mit der IOC-Trophy 2014 „Sport and Art“ geehrt wird.

(Quelle: DOSB)


  • Ehrung der Wissenschaftspreisträger 2014: (v.l.) Prof. Dietrich Kurz, Jun.-Prof. Elke Grimminger, Emanuel Hübner, Prof. Jochen Baumeister, Prof. Thomas Heinen, Katja Senkel, Alfons Hörmann, Prof. Gudrun Doll-Tepper. (Fotos Picture Alliance)
    Ehrung der Wissenschaftspreisträger 2014: (v.l.) Prof. Dietrich Kurz, Jun.-Prof. Elke Grimminger, Emanuel Hübner, Prof. Jochen Baumeister, Prof. Thomas Heinen, Katja Senkel, Alfons Hörmann, Prof. Gudrun Doll-Tepper. (Fotos Picture Alliance)
  • Urkunde und Scheck für den ersten Preis: (v.l.) Prof. Gudrun Doll-Tepper, Prof. Dietrich Kurz, Katja Senkel, Alfons Hörmann.
    Urkunde und Scheck für den ersten Preis: (v.l.) Prof. Gudrun Doll-Tepper, Prof. Dietrich Kurz, Katja Senkel, Alfons Hörmann.
  • Glückwunsch des DOSB-Präsidenten: Prof. Thomas Heinen mit Alfons Hörmann
    Glückwunsch des DOSB-Präsidenten: Prof. Thomas Heinen mit Alfons Hörmann