Informationsstelle für den Sport behinderter Menschen will Zusammenarbeit mit DOSB verstärken

Erika Schmidt-Gotz leitet seit 1996 hauptamtlich die Informationsstelle für den Sport der behinderten Menschen in Deutschland und beantwortete im Interview Fragen zur Zusammenarbeit mit dem DOSB.

Sitzvolleyball vor dem Berliner Reichstaggebäude. Copyright: picture-alliance
Sitzvolleyball vor dem Berliner Reichstaggebäude. Copyright: picture-alliance

Die Informationsstelle für den Sport behinderter Menschen ist eine Einrichtung der Sportminister-/Sportreferentenkonferenz der Länder (hier vertreten durch das Land Berlin) sowie des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) und der Freien Universität Berlin. Sie ist räumlich angesiedelt im Fachbereich Erziehungswissenschaft und Psychologie bzw. im dortigen Arbeitsbereich Integrationspädagogik, Bewegung und Sport, der von DOSB-Vizepräsidentin Prof. Dr. Gudrun Doll-Tepper geleitet wird.

DOSB PRESSE: Welche Bilanz ziehen Sie persönlich nach den ersten zwei Jahrzehnten der Arbeit der Informationsstelle?

SCHMIDT-GOTZ: Mittlerweile gibt es mit dem Internet ein Informationsmedium mit hohem Potenzial zur Barrierefreiheit, so dass Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen sich Informationen selbstständig beschaffen können. Da sich die Gruppe der Menschen mit Behinderungen permanent verändert, wird ein persönlicher Informationsservice jedoch dauerhaft gefragt bleiben. Außerdem ist es weiterhin sinnvoll, die unterschiedlichen Informationsangebote im Bereich des Sports von Menschen mit Behinderungen im Internet unter einer Adresse zu bündeln, denn sonst gestaltet sich die Suche häufig wie die nach der berühmten Nadel im Heuhaufen. 

DOSB PRESSE: Welchen Rückenwind nehmen Sie mit aus dem Festakt anlässlich des 20-jährigen Bestehens der Einrichtung?

SCHMIDT-GOTZ: Sämtliche Beteiligte der Informationsstelle haben ihren festen Willen zur weiteren Unterstützung und Aufrechterhaltung dieser Einrichtung erklärt. Pointiert hat dies Dr. Franz-Josef Kemper als Vertreter der Sportreferenten-Konferenz ausgedrückt, indem er sagte: Wenn es die Informationsstelle noch nicht gäbe, müsste man sie erfinden.  

DOSB PRESSE: Welche Erwartungen haben Sie hinsichtlich der weiteren Zusammenarbeit mit den Mitgliedsorganisationen des DOSB?

SCHMIDT-GOTZ: Insbesondere die erst kürzlich im DOSB aufgenommene Organisation „Special Olympics Deutschland“ möchten wir gerne zu einer intensiven und kontinuierlichen Zusammen-arbeit einladen. Aber auch mit unseren bisherigen nächsten Partnern, dem Deutschen Behinderten-Sportverband und dem Deutschen Gehörlosen-Sportverband möchten wir die Zusammenarbeit noch verstärken, um über einen kontinuierlichen Informationsfluss das sportliche Angebot für jeden Menschen zu verbessern.  

DOSB PRESSE: Müsste es nicht schon längst Informationsstellen für den Sport behinderter Menschen auf Länderebene und vor Ort in den Kommunen mit ähnlicher Aufgabenstellung wie die Berliner „Zentrale“ geben?

SCHMIDT-GOTZ: Ich denke, mit dem Internet hat sich dieser Anspruch relativiert. Bei einer erworbenen Behinderung stehen anfangs viele Fragen ins Haus, die die Arbeit, das tägliche Leben und natürlich auch die gesundheitliche Entwicklung betreffen. Da sind oft viele Wege zu erledigen und unterschiedliche Stellen zu befragen. An diesen Anlaufpunkten sollte die Kenntnis über unsere Einrichtung vorhanden sein, um mit passenden Sportangeboten eine weitere Perspektive zu eröffnen. Vielleicht ist der Weg zu einer weiteren Informations- oder Beratungsstelle sogar manchmal hinderlich, vorausgesetzt, wir sind an diesen ersten Anlaufpunkten bekannt und umgekehrt kennen wir die lokalen Informationen. 

DOSB PRESSE: Wie funktioniert die Arbeit für die Verbesserung des Sports behinderter Menschen auf internationaler Ebene mit der merkwürdigen Bezeichnung „THENAPA“?

SCHMIDT-GOTZ: Das Projekt „THENAPA“ wurde bereits im Jahr 2000 gestartet als ein Verbund von europäischen Universitäten, die sich mit dem Thema von Bewegung, Spiel und Sport für Menschen mit Behinderungen befassen. THENAPA steht hier für „Thematisches Netzwerk in Adapted Physical Activity“. Die von der Katholischen Universität in Leuven (Belgien) ausgehende Initiative wollte damit insbesondere die Ausbildungsgänge in den neuen Beitrittsländern der EU in diesen Fächern verbessern und die Entwicklung und Bereitstellung von Fachleuten beschleunigen. Gleichzeitig wurden vielfältige, insbesondere elektronisch nutzbare Materialien produziert, die zur Ausbildung, als Anregung für eigene Bewegungsaktivitäten oder als Überblick dienen.  

DOSB PRESSE: Welches war in den 20 Jahren der Existenz der Informationsstelle aus Ihrer Sicht die bemerkenswerteste Entwicklung?

SCHMIDT-GOTZ: Gerade weil es heute beinahe selbstverständlich erscheint, dass es Sportangebote für Menschen mit Behinderung in ganz unterschiedlicher Form gibt, als eher homogene Gruppen von gleichartig behinderten oder erkrankten Menschen, als heterogene Gruppen verschiedenartig behinderter Menschen oder als heterogene Gruppen von Sportlern mit und ohne Behinderung, möchte ich herausstellen, dass diese Entwicklung sich vor allem in den letzten 20 Jahren ereignete. Gab es zunächst oft nur Behinderten-Sportgruppen oder vielfach eher Versehrten-Sportgruppen oder die Möglichkeit ohne Berücksichtigung der Behinderung, vielleicht sogar nur bei Verschweigen der Behinderung, an einer Sportgruppe teilzunehmen, können viele Menschen jetzt ein ihren Interessen entsprechendes, wohnortnahes Angebot finden. Natürlich weiß ich aus meiner Arbeit, dass weiterhin viele Wünsche offen bleiben, aber die Bereitschaft, die Bedürfnisse von Teilnehmern mit unterschiedlichen Voraussetzungen in Sport- und Bewegungsgruppen zu berücksichtigen, hat in dieser Zeit deutlich zugenommen.


  • Sitzvolleyball vor dem Berliner Reichstaggebäude. Copyright: picture-alliance
    Sitzvolleyball vor dem Berliner Reichstaggebäude. Copyright: picture-alliance