Erstmals gibt es ein inklusives Volunteer-Programm zum DFB-Pokalfinale. Interessierte mit und ohne Behinderungen können sich bis zum 20. März bewerben. Vor allem werden noch fußballbegeisterte Menschen mit Behinderungen gesucht. In einem Interview mit dem BFV spricht Tom Hauthal von Special Olympics über die Potentiale des inklusiven Ansatzes.
Am 21. Mai 2022 findet im Berliner Olympiastadion das Finale des DFB-Pokals statt. Um einen reibungslosen Ablauf dieser Großveranstaltung gewährleisten zu können, werden auch in diesem Jahr zahlreiche freiwillige Helfer:innen in vielfältigen Aufgabenbereichen im Einsatz sein. Einer, der im Rahmen des Volunteer-Programms zum DFB-Pokalfinale bereits mehrfach tätig war, ist Tom Hauthal. Auch beruflich beschäftigt er sich seit vielen Jahren mit Großveranstaltungen. Als Direktor Sport & Bildung bei Special Olympics Deutschland ist er in die Organisation des weltweit größten inklusiven Sportevents eingebunden – die Special Olympics World Games, die 2023 in Berlin stattfinden werden.
Im Interview mit dem BFV spricht Tom Hauthal über die Potentiale von Großveranstaltungen, den Reiz der Freiwilligenarbeit und das neue inklusive Volunteer-Programm zum DFB-Pokalfinale.
Hallo Tom! Du bist beruflich in die Event-Organisation involviert und kennst dich auch mit Volunteer-Programmen aus. Worin liegt für dich der besondere Reiz, bei Großveranstaltungen mitzuwirken?
Tom Hauthal: Sportliche Großveranstaltungen haben eine ganz besondere Strahlkraft und bringen die unterschiedlichsten Menschen zusammen. Aus der Perspektive eines:r Freiwilligen ist es das Gemeinschaftsgefühl, das einen Großteil des Reizes ausmacht. Diese Volunteer-Einsätze sind ja schon fast etwas familiär: Man trifft über die Jahre immer wieder die gleichen Personen, die sich alle mit viel Herzblut für die gleiche Leidenschaft engagieren. Da sind auch schon wahnsinnig viele Freundschaften untereinander entstanden, wenn nicht sogar Beziehungen. Betrachtet man die Special Olympics oder generell Großveranstaltungen im Behindertensport, dann kommt noch der Reiz hinzu, dass man einer weniger privilegierten Zielgruppe ermöglicht, ans Licht der Öffentlichkeit zu kommen und sichtbar zu werden.
Was nehmen Teilnehmer:innen an Volunteer-Programmen für persönliche Fähigkeiten und Eigenschaften mit?
Man nimmt vor allem soziale Kompetenzen mit. Ich glaube, 99 Prozent aller Volunteers sind Menschen, die gerne in einem Team zusammenarbeiten, Dinge gemeinsam gestalten, entwickeln und zum Erfolg führen. Darüber hinaus gibt es auch noch den beruflichen bzw. fachlichen Aspekt: Die Kontakte, die Erlebnisse und die Erfahrungen, die man bei den Volunteer-Einsätzen sammelt, haben oft auch einen Mehrwert im Arbeitsalltag. In meiner Freiwilligen-Tätigkeit im Sport war ich viel mit den Themen Kommunikation, Marketing und Pressearbeit beschäftigt. Auf die Kontakte zu Journalist:innen, Agenturen und anderen Dienstleistern, die ich dabei knüpfen konnte, greife ich teilweise noch heute zurück. Inklusive Volunteerprogramme, wie bei den Special Olympics oder jetzt auch beim DFB-Pokalfinale, tragen darüber hinaus dazu bei, dass Berührungspunkte zwischen Menschen mit und ohne Behinderung geschaffen und Barrieren abgebaut werden.
Du hast bereits mehrfach als Volunteer-Leiter agiert. Wie stellt sich das für dich dar, eine Gruppe von Leuten zu führen, die man zum Teil erst vor Ort kennenlernt?
Es ist ein Stückweit herausfordernder als die Führung eines eingespielten Teams im beruflichen Alltag – aber gerade deshalb auch sehr spannend. Ich persönlich setze mich sehr viel mit meinen Mitarbeitenden bzw. Teammitgliedern auseinander. Ich mache am Anfang immer eine kurze Kennlernrunde, damit ich selbst und auch die Volunteers untereinander wissen, welchen Hintergrund jede:r Einzelne hat. Das kann, selbst wenn es nur ein Tageseinsatz ist, hilfreich sein, wenn zum Beispiel eine spezifische Frage aufkommt und man weiß, dass es in der Gruppe jemanden mit besonderer Expertise gibt. Generell sollte beim Volunteering aus meiner Sicht das Miteinander und das Team im Mittelpunkt stehen.
Beim Volunteer-Programm zum DFB-Pokal-Finale 2022 werden erstmals auch Stellen an Menschen mit Schwerbehinderung vergeben. Bei den Special Olympics ist genau das euer Grundgedanke, den Inklusionsgedanken zu fördern und Menschen mit und ohne Behinderung zusammenzubringen. Wie geht man das am besten an?
Es ist fantastisch, dass das inklusive Volunteer-Programm zum DFB-Pokal-Finale zustande gekommen ist. Alle Beteiligten können davon ausgehen, dass das sehr erfolgreich wird und auch nachhaltig bleibt, weil die Begegnung für beide Seiten enorm wertvoll sein wird. Der erste wichtige Schritt ist, dass man offen aufeinander zugeht. Vor Ort wird man feststellen, dass die Begegnung völlig unkompliziert ist. Gerade bei geistigen Behinderungen gibt es viele Ausprägungen. Oft ist das Distanzverhalten auch nicht so groß. Menschen mit geistiger Behinderung sind ziemlich offen und gehen im wahrsten Sinne des Wortes mit offenen Armen auf ihre Mitmenschen zu. Sie freuen sich teils wochenlang auf den Einsatz und haben überhaupt keine Berührungsangst. Menschen ohne geistige Beeinträchtigung sind oft etwas abwartender und distanzierter. Aus unserer Erfahrung bei Special Olympics ist das Eis für gewöhnlich aber schon nach fünf Minuten gebrochen. Man muss sich wirklich nur auf Augenhöhe begegnen. Genau das ist es auch, was Inklusion ausmacht. Für mögliche Einsatzgebiete gilt: Menschen mit geistiger Behinderung engagieren sich häufig mit einer Euphorie, die der ganzen Veranstaltung guttut. Natürlich gibt es bei einer geistigen Einschränkung auch Grenzen, beispielsweise, wenn jemand nicht richtig lesen oder schreiben kann und in manchen Bereichen somit nicht eingesetzt werden kann. Bis auf solche Ausnahmen können Volunteers mit Behinderung aber genauso variabel eingesetzt werden wie Freiwillige ohne Beeinträchtigung.
Die Bewerbungsphase für das Volunteer-Programm zum DFB-Pokalfinale 2022 läuft noch bis zum 20. März. Hier geht es zur Anmeldung:
Bewerbungsformular Volunteer-Programm
Bewerbungsformular in Einfacher Sprache
Weitere Informationen: Volunteer-Programm zum DFB-Pokalfinale 2022
(Quelle: Berliner Fußball-Verband e.V.)