Das Programm „Integration durch Sport“ feiert Geburtstag. Das ist ein guter Grund für ein ausgesucht schönes Geschenk. Was würde also zu einem solchen Fest passen? Vielleicht etwas, das den Erfolg dieses vom Bund geförderten Programms, das einst unter dem Titel „Sport für alle – Sport mit Aussiedlern“ begann, besonders gut illustriert und auf Anschaulichste zeigt, was angebliche Gegensätze zusammenführen kann. Kein Problem – das haben wir.
Sozusagen pünktlich zum Jubiläum hat es sich im westfälischen Sönnern begeben, dass ein 33 Jahre alter Kaufmann und Familienvater mit türkischen Wurzeln, aufgewachsen in der Gegend und angesehenes Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr und auch des örtlichen Schützenvereins, den Vogel abschoss. Sönnern freut sich sehr über den neuen Schützenkönig.
Könnte es, auch weit über Westfalen hinaus, ein schöneres Beispiel geben, dass gemeinsames Erleben im Sport und im Verein dazu beitragen kann, unsere bunte Gesellschaft zusammenwachsen zu lassen? Eigentlich nicht. So kommentieren es auch Medien, die landauf, landab die schöne Geschichte aufgreifen. Denn eigentlich, so schreibt es beispielsweise „Spiegel online“, eigentlich ist Mithat Gedik aus Sönnern „ein Schützenkönig aus dem Bilderbuch“.
Eigentlich. Aber nun ist es auch so, dass dieser Schützenkönig kein Christ ist, sondern muslimischen Glaubens. Und schon hakt es im Verständnis füreinander. Denn das widerspricht Regeln, die sich die traditionsreichen Schützen im guten Glauben und schon vor Jahrzehnten gegeben haben.
Wir wollen an dieser Stelle nicht weiter in die Feinheiten dieser heftig entfachten Diskussion einsteigen, die sich aus einem kleinen Ortsteil der Stadt Werl im Kreis Soest verbreitet hat. Und doch zeigt das Beispiel grundsätzlich, was auch nach 25 Jahren „Integration durch Sport“ immer noch gilt. Bei aller positiven Bilanz, die wir in der sportbezogenen Integrationsarbeit in den Sportvereinen und Sportorganisationen ziehen dürfen: Integration ist ein gesamtgesellschaftlicher Prozess, und Sport wirkt nicht automatisch integrativ.
Es ist zwar richtig: Gerade der organisierte Sport mit seinen weitreichenden individuellen Chancen und sozialen Möglichkeiten kann viel bewirken für die Integration von Menschen mit Migrationshintergrund und der einheimischen Bevölkerung. Aber es ist ein Prozess, der auch im und durch den Sport aktiv gestaltet und immer wieder hinterfragt werden muss.
Und sei es, dass wir an einer Stelle, an der es plötzlich hakt, fragen: Wer steht eigentlich im Mittelpunkt – der Mensch oder eine geschriebene Regel?
In jeder Ausgabe der DOSB-Presse, die wöchentlich erscheint, gibt es einen Kommentar zu aktuellen Themen des Sports, den wir hier als DOSB-Blog veröffentlichen. Diese mit Namen gezeichneten Beiträge geben nicht unbedingt die offizielle DOSB-Meinung wieder.