Ids: Vor ziemlich genau 15 Jahren ist das Projekt „Integration durch Sport“ entstanden, das nun im Sommer Jubiläum hat. Sie waren als Geschäftsführer Breitensport des Deutschen Sportbundes 1989 mitverantwortlich dabei. Wie ist die Idee damals entstanden?
Prof. Dr.Jürgen Palm: „Es kamen zwei Voraussetzungen zusammen. Es gab ein entsprechendes politisches Konzept der damaligen Bundesregierung, mit dem der Staatssekretär aus dem Bundesinnenministerium, Horst Waffenschmidt, auf den Deutschen Sportbund zugekommen ist. Es hat dem Präsidium den Anlass und die Zielstellung der Bundesregierung bei der Eingliederung von deutsch stämmigen Zuwanderern dargelegt. Der DSB war deshalb aufgeschlossen und zum Engagement vorbereitet, weil er durch den Zweiten Weg und die Trimmaktion die Einstellung und die Erfahrung gewonnen hatte , den Sport für Menschen, die nicht alleine zu ihm finden, die Türe zu öffnen. , beispielsweise bei Älteren, Aussiedlern, Sportmuffeln, oder für Übergewichtige, gesundheitlich Betroffene,. Inzwischen hatte der DSB außerdem das Knowhow für die Praxis z.B. durch Veranstaltungen wie Kurse, Lauftreffs, Spielfeste.
Ids: Stießen Sie denn mit dem neuen Projekt auf Widerstände oder auf offene Ohren?
Palm: „Die Anfrage der Bundesregierung fand uns sozusagen innerlich vorbereitet, deshalb gab es keinen Widerstand. Zudem kannten wir in den Sportverbänden, vor allem in den Landessportbünden schon Menschen, die Erfahrungen auf diesem Gebiet hatten. Die Arbeit mit deutsch stämmigen Aussiedlern war ihnen nicht völlig fremd. Die Akzeptanz war außerdem deshalb kein Problem, weil die finanziellen Mittel zur Verfügung gestellt wurden waren vorhanden. Allerdings musste ich damals um den Arbeitsplatz der damaligen Projektleiterin mehrmals kämpfen.
Ids: Wo wurde denn die Integrations-Arbeit als erstes umgesetzt?
Palm: „Die ersten Pioniere fanden sich an vielen Stellen Deutschlands, Es gab eben Vorreiter, die für das Thema besonders aufgeschlossen waren. Von ihnen wurden dann zunächst die sachlichen Voraussetzungen wie Materialkauf gelöst, als nächstes musste dann über das Klopfen an die Türen der Übergangs-Wohnheime der Kontakt zu den Zuwanderern gesucht werden. Es war ein experimentierfreudige Zeit.
Ids: Wie sah es denn nach der Wende auf dem Gebiet der ehemaligen DDR aus? Wurde die Idee dort ebenfalls aufgegriffen?
Palm: „In der Übertragung auf die neuen Bundesländer gab es nach 1990 für uns wiederum eine positive Überraschung. Das Thema wurde sehr schnell und gut aufgegriffen und entsprechend zügig umgesetzt. Auch in dieser Zeit waren wir definitiv praxisnah und experimentierfreudig. Die Mitarbeiter hatten den entsprechenden „spirit“. Es war ihnen klar, dass sie an einer sozial eminent wichtigen Aufgabe beteiligt waren, die nicht bürokratisch gelöst werden konnte. Dann wäre das Projekt gescheitert. Dieses gilt für heute immer noch.“
Ids: Im Rückblick aus dem Abstand von vielen Jahren: Für wie wichtig erachten Sie das Projekt aus heutiger Sicht?
Palm: „Ich halte es für das bisher größte Projekt zur Öffnung des Sports. Im Rahmen der Gesellschaftskampagne des Deutschen Sportbundes „Sport tut Deutschland gut“ ist es als Modell gesellschaftlichen Engagements über Training und Wettkampf hinaus von immenser Bedeutung.