Interview mit Thomas Röwekamp, Innen- und Sportsenator für Bremen und Vorsitzender der Sportministerkonferenz

Thomas Röwekamp äußert sich im Interview mit der DSB-website zu den Herausforderungen, die sich ihm als Vorsitzender der Sportministerkonferenz stellen. In erster Linie ist die Fußball-WM 2006 zu nennen, aber auch eine bessere Vorbereitung auf die Olympischen Spiele 2008 in Peking.

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Ein weiteres Interview mit Thomas Röwekamp ist als aktueller Medien-Download ab sofort kostenlos verfügbar.

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Als begeisterter Sportler und Bremer Senator für Inneres wirbt er auch für seinen Stadtstaat, denn Bremen ist mehr als nur Werder.

 

   Sehr geehrter Herr Röwekamp, Sie haben am 01. Januar 2005 den Vorsitz in der Sportministerkonferenz der Bundesländer, kurz SMK, übernommen. Welche Bedeutung hat diese Position für Sie?

 

Thomas Röwekamp: Ich freue mich sehr, gerade jetzt den Vorsitz der Sportministerkonferenz für die nächsten beiden Jahre übernommen zu haben. Für mich ist das nicht einfach eine turnusmäßige Funktion, zumal ich auch privat gerne Sport treibe. Gerade in diesen beiden Jahren wird sich im Bereich des Sports viel bewegen. Die Fußball-WM in Deutschland und die Olympischen Winterspiele in Turin sind nur zwei der Ereignisse, die auch die SMK thematisch berühren.

 

Neben diesen beiden Ereignissen, die in den Medien weltweit ein großes Interesse hervorrufen werden, möchte ich vor allem aber auch die gesellschaftliche Bedeutung des Sports und seine Zukunftsperspektiven in den Vordergrund rücken.

 

Sport in Bremen ist mehr als Werder Bremen

 

   Bremen ist das kleinste Bundesland in Deutschland und dazu ein Stadtstaat. Liegt nicht gerade in diesem Amt auch eine besondere Chance, für das eigene Bundesland zu werben?

 

Thomas Röwekamp: Selbstverständlich werden wir diese Chance auch nutzen. Sport und Bremen ist viel mehr als WERDER BREMEN, und diesen Aspekt werden wir auch in der Sportministerkonferenz deutlich machen.

 

Gerade in einem Bundesland, das aufgrund seiner strukturellen Besonderheiten derzeit sehr viele wirtschaftliche Schwierigkeiten hat, kommt dem Sport eine besondere, integrierende Rolle zu. Aber ich möchte das Land Bremen der Öffentlichkeit auch als ein Land präsentieren, wo etwas passiert und den Blick auch auf nicht „nur" rein sportliche Dinge lenken. So wird z.B. die Sportministerkonferenz im August dieses Jahres im Rahmen der SAIL 2005 in meiner Heimatstadt Bremerhaven stattfinden. Ich hoffe, dass gerade das besondere Flair dieser weltweit einmaligen maritimen Veranstaltung die Kollegen aus den Ländern auch dazu bringen kann, manche Dinge einmal aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten.

 

 

   Wo werden Sie in den kommenden beiden Jahren die Schwerpunkte in Ihrer Arbeit setzen?

 

Thomas Röwekamp: Vor dem Hintergrund des nicht sonderlich überragenden Abschneidens der deutschen Sportler und Sportlerinnen bei den olympischen Spielen in Athen, erscheint es mir als eine zentrale Aufgabe der nächsten Monate, den Bereich des Leistungssports näher zu beleuchten.

 

Wir müssen erreichen, dass der Übergang unserer Nachwuchs-Leistungssportler in den sog. Seniorenbereich reibungsloser klappt. Gerade im Nachwuchsbereich braucht Deutschland sich hinter anderen Nationen nicht zu verstecken! Wenn es allerdings darum geht, diese Sportler und Sportlerinnen zu den Welt- und Europameisterschaften zu bringen, so ist zum einen ein deutlicher Leistungseinbruch zu verzeichnen, aber auch ein – meiner Ansicht nach viel zu großer – sog. „drop-out-Effekt" vorhanden; dahingehend, dass diese unter Umständen recht erfolgreichen Nachwuchssportler ihre leistungssportliche Karriere beenden.

 

"Der Sport bietet Menschen unterschiedlicher Herkunft eine große Chance zur Integration. Diese Chance können und dürfen wir nicht verschenken."

 

Hier gibt es mehrere Stellschrauben im System, bei der auch die Politik – selbstverständlich in enger Zusammenarbeit mit dem DSB und dem NOK – gefordert ist, mitzuwirken. Ich denke da vor allem an eine bessere Verzahnung der Bundesländer untereinander, so dass eine länderübergreifende Förderung einen besseren „Output" hervorbringt. Zu diesem Zweck werde ich mich unter anderem auch mit der Kultusministerkonferenz in Verbindung setzen.

 

Ein weiteres Thema, das mir sehr am Herzen liegt, sind die Zukunftsperspektiven und die gesellschaftliche Bedeutung des Sports. Wenn man sich vor Augen hält, welch großer Wirtschaftsfaktor der Sportsektor in Deutschland ist, und welch wichtige Arbeit er für das Gemeinwohl erbringt, so muss man diesem Bereich ein besonderes Augenmerk schenken. Ich unterstütze daher ausdrücklich die beiden DSB-Kampagnen „Sport tut Deutschland gut" und „Sterne des Sports", da auf diese Weise das gesellschaftliche Engagement der Sportvereine auf ein besondere Weise gewürdigt wird.

 

Es ist meiner Ansicht nach daher für die Politik wichtig, in diesem Bereich sowohl auf nationaler als auch auf kommunaler Ebene für verlässliche Rahmenbedingungen zu sorgen. Diese beiden Schwerpunkte meiner Arbeit bedeuten allerdings nicht, dass andere Themen eine untergeordnete Rolle spielen werden. Wie Sie wissen, sind in der Sportministerkonferenz alle 16 Bundesländer vertreten, und um die große Fülle der Themen entsprechend zu bearbeiten, leisten die anderen Länder hier auch einen wichtigen Beitrag.

 

Kurze Kommunikationswege sind ein Vorteil

 

   Wie kann ein kleines Bundesland wie Bremen den „Großen" denn neue Ideen vermitteln, wie vielleicht in Richtung „Leistungssport"?

 

Thomas Röwekamp: Bremen wird mit Sicherheit nicht das Rad neu erfinden, sondern wir werden sehr eng mit den seit langem erfolgreich arbeitenden Gremien, wie dem Bundesvorstand Leistungssport des DSB, zusammenarbeiten. Allerdings haben wir in einem Stadtstaat wie Bremen den Vorteil, dass bestimmte Entscheidungswege zwischen der Basis, also den Aktiven und den Vereinen, dem LSB und der Politik kürzer und die Kontakte enger sind als in einem Flächenstaat. Dieses ermöglicht Ressort- und institutionsübergreifende Kooperationsformen, wie z.B. das Trainer-/Lehrermodell, das in Bremen mit großem Erfolg für den gesamten Sport praktiziert wird.

 

   Die Gesundheit rückt angesichts immer mehr Übergewicht der Bevölkerung und zunehmender Zivilisationskrankheiten immer mehr in den Vordergrund. Was kann die Sportministerkonferenz hier tun?

 

Thomas Röwekamp: Prävention und Gesundheitsförderung sind in Deutschland seit vielen Jahren zentrale Anliegen der Sportpolitik. Die Sportministerkonferenz sieht in Sport und Bewegung einen unverzichtbareren Bestandteil der Gesundheitsförderung. Insofern begrüße ich es außerordentlich, dass aktuell in dem Gesetzesentwurf zur Stärkung der gesundheitlichen Prävention in § 17 (2) auch der Sport seine Berücksichtigung gefunden hat. Dieses ist letztendlich auch der beharrlichen Intervention der Sportministerkonferenz und auch dem Engagement des DSB zu verdanken.

 

 

   Die Integration von ausländischen Mitmenschen ist eine enorme Aufgabe in unserer Gesellschaft, wie sich gerade in der jüngsten Vergangenheit nochmals deutlich gezeigt hat. Hierfür kann der Sport, angeführt durch das Programm „Integration durch Sport", eine Menge leisten. Auf welche Art und Weise wollen Sie den Sport bei dieser Aufgabe unterstützen?

 

Thomas Röwekamp: Der Sport bietet Menschen unterschiedlicher Herkunft eine große Chance zur Integration. Diese Chance können und dürfen wir nicht verschenken, auch wenn wir uns der damit verbundenen Probleme bewusst sein müssen. Ich will als Vorsitzender der Sportministerkonferenz den Integrationsgedanken in den Vereinen weiter stärken, und sehe es als eine Chance an, gerade auch in sozialen Brennpunkten tätig zu werden. Wir müssen meiner Ansicht nach aber auch darauf achten, dass wir mit bestimmten Integrationsmaßnahmen manche Beteiligte nicht auch noch weiter in ein soziales Abseits stellen. Dieses sei aber nur am Rande erwähnt.

 

   Könnten Sie hier ein Beispiel nennen?

 

Thomas Röwekamp: Damit meine ich, dass gewisse gut gemeinte Maßnahmen, wenn z.B. Schwimmbäder zu bestimmten Zeiten nur Schwimmen für muslimische Frauen anbieten, kritisch gesehen werden müssen, da so nicht unbedingt ein Beitrag zur Integration in unsere Gesellschaft geleistet wird, sondern eher diese Frauen (in der Regel mit der Billigung ihrer Ehemänner und Väter) weiter ausgegrenzt werden. Fast täglich lesen und hören wir Warnungen vor sog. "Parallelgesellschaften". Hier müssen wir ansetzen und auch fragen, was der Sport tun kann.

 

Mit großer Freude habe ich zur Kenntnis genommen, dass der DSB, ausgerechnet in Bremen, im Rahmen seiner DSB-Bundestagssitzung im vergangenen Dezember, eine Grundsatzerklärung "Sport und Zuwanderung" verabschiedet hat, in der Vereine zum Aufbau offener interkultureller und partnerschaftlicher Strukturen ermuntert werden.

 

Auch das kürzlich begonnene UNO-Jahr des Sports 2005 stellt den völkerverbindenden Aspekt deutlich in den Vordergrund und in diesem Bereich ist neben dem Sport auch die Politik gefragt, diese Konzepte mit Leben zu füllen. Hierfür will ich mich während meiner zweijährigen Vorsitzzeit entsprechend einsetzen.

 

   Die Sportministerkonferenz hat bei ihrer letzten Tagung in Halle eigens in einem Beschluss nochmals die Wichtigkeit der Gesellschaftskampagne des Deutschen Sportbundes „Sport tut Deutschland gut" unterstrichen und auch die Bedeutung der neuen Auszeichnung für Sportvereine „Sterne des Sports" betont. Wird diese Aktion jetzt in den Bundesländern noch mehr Unterstützung finden?

 

Thomas Röwekamp: Wie ich bereits vorhin erwähnte, sehe ich es als einen Schwerpunkt meiner Arbeit an, die gesellschaftliche Bedeutung des Sports in den Vordergrund zu stellen. Die beiden gesellschaftspolitischen Kampagnen des DSB sehe ich als einen wichtigen Beitrag des Sports an, die unverzichtbare Arbeit der vielen in Deutschland tätigen Ehrenamtlichen entsprechend zu würdigen. Ich bin daher gerne bereit, mich auf diesem Gebiet dafür einzusetzen, dass die Aktionen und Veranstaltungen dieser Projekte auch in den Bundesländer eine noch größere Verbreitung und Bekanntheit erfahren, als ohnehin schon. Nicht zu Unrecht haben Sie ja bemerkt, dass wir, die Sportminister der Länder, auf unserer letzten Sitzung vor wenigen Wochen diese Aktionen des DSB entsprechend gewürdigt haben.