Ju-Jutsuka erkämpfen Gold, Silber und zweimal Bronze

Wohl dem Sportverband, der eine solche Breite aufweist. Und der sich darauf verlassen kann, dass die nachrückenden Talente schon dann in die Bresche springen können, wenn die eigentlichen Favoriten schwächeln.

Theresa Attenberger hatte im Finale ihre Gegnerin fest im Griff. Foto: IWGA
Theresa Attenberger hatte im Finale ihre Gegnerin fest im Griff. Foto: IWGA

Am Ende eines langen ersten Wettkampftages in Breslau verzeichneten die deutschen Ju-Jutsuka genau jene beträchtliche Medaillensammlung, mit der man insgeheim gerechnet hatte. Dass also einmal Gold, einmal Silber und zweimal Bronze gezählt wurde, war nicht die Überraschung, sondern wer die Medaillen gewann.

Carina Neupert, die 31 Jahre alte Athletin aus Franken, hatte sich für den letzten Wettkampf ihrer Kariere nichts Geringeres als Gold vorgenommen. So hatte es die mehrmalige Weltmeisterin verkündet, auch wenn sie wusste, dass im Finale wohl die Französin Séverine Nébié wartete, die zuletzt zweimal den Welttitel gewann. Das wäre ein schöner Abschluss geworden für die beiden beherrschenden Athletinnen der Klasse bis 62 Kilo, denn auch die Französin, mittlerweile eine gute Freundin, wollte nach Breslau die Karriere beenden. Auf den Rängen hielten Fans das Plakat „Carina – go for gold!“ hoch. Doch dann verlor die Deutsche im Halbfinale zum eigenen Unverständnis 8:9 gegen die Italienerin Cavaretta, was zur Folge hatte, dass sowohl das Finale als auch der Kampf um Rang drei recht einseitige Partien wurden. Carina Neupert gewann mit einem 20:4 über die Polin Watusek Bronze, und die Französin sicherte sich ihr Gold gegen die Italienerin vorzeitig mit Ippon.

Welt- und Europameister Roman Apolonov galt sogar als Favorit. Doch der 24 Jahre alte Sportpolizist aus Wiesbaden kam offensichtlich mit dem besonderen Druck dieses Multisportereignisses World Games nicht zurecht, das für die Ju-Jutsuka der Höhepunkt ihrer Wettkämpfe ist. Er unterlag im Halbfinale dem späteren Sieger Mochulskij aus der Ukrainie, den er sonst sicher beherrscht. Bronze gegen den Belgier Cloots war allerdings ein wohltuender Trost.

Das Duo Julia Paszkiewicz und Johannes Tourbeslis dagegen feierte schon das Erreichen des Finales als bestmöglichen Erfolg. Denn diesen Wettkampf, bei dem die Paare gemeinsam einstudierte Selbstverteidigungskombinationen als Illusion eines echten Kampfes präsentieren, beherrschen seit Jahren die Gegner um Gold, die Italiener Paganini/Vallieri, denen gerade diese Medaille noch zum vollkommenen Athletenglück fehlte. Auch sie traten nach diesem Kampf zurück.

So kam aus deutscher Sicht das Beste – und zugleich Überraschendste – zum Schluss. Im vorigen Jahre war Theresa Attenberger Juniorenweltmeister geworden. Doch solche Wettkämpfe und die Turniere der Senioren seien zwei Paar Schuhe, sagte Verbandspräsident Roland Köhler. In Breslau habe er die 21-Jährige in den Tagen für dem Turnier sehr beruhigen müssen und deshalb nicht allzu hohe Erwartungen in die talentierte Kämpferin gesetzt. Auch Theresa Attenberger hatte ihre Ziele für die World Games eher vage formuliert: „Tolle Kämpfe abliefern. Das Turnier genießen und Spaß haben. Zeigen was ich kann.“ Der erste Kampf ging noch verloren. Doch dann zeigte sie ihr Können auf eine Art, der die nächsten drei Gegnerinnen nichts entgegenzusetzen hatten. Auch die erfahrene Französin Lalande musste sich der Wucht der jungen Deutschen beugen. Erst Roland Köhler hielt ihr stand, als ihm Theresa Attenberger nach dem Sieg kurzerhand vom Podium um den Hals sprang und gemeinsam mit ihm jubelte. Die Ju-Jutsuka sind rechtzeitig zum wichtigsten Turnier in Hochform. 


  • Theresa Attenberger hatte im Finale ihre Gegnerin fest im Griff. Foto: IWGA
    Theresa Attenberger hatte im Finale ihre Gegnerin fest im Griff. Foto: IWGA