Und jetzt kommen die Kickboxer dazu: nahezu Alle haben wiederum ihre Wurzeln in asiatischen Kampfkünsten, sie kombinieren die bekannten Fußtechniken mit den Fausttechniken des englischen Boxens und schaffen ein wettkampforientiertes Sportsystem, indem besagte Bewegungsabläufe und Techniken englisch bezeichnet sind.
„Begegnung“ mit und das „Bewegen“ in fremden Sprachen, unterschiedlichen Kulturen, Hintergründen und Zielen diverser Kampfsportarten: beste Voraussetzungen für interkulturelle Sensibilität.
Vielfalt ist Normalität
Dass Kampfsport im Allgemeinen und Kickboxen im Besonderen auch Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund durch attraktive Angebote und unkonventionelle Ansprachen anzieht, ist längst Alltag. Das bestätigten die Lehrwarte des Hessischen Kickboxverbands, Jimmy Iwinski und Oliver Hahl, im Verlauf des fünften Ausbildungswochenendes der Trainer-C-Ausbildung Anfang September in Darmstadt. Sie hatten Peter Schreiber, Regionalkoordinator des Programms „Integration durch Sport“ erneut eingeladen, der zum Thema „Interkulturelle Kompetenz in Sport und Alltag“ eine anregende Diskussion leitete. Nach dem schweißtreibenden Trainer-Training am Vormittag kreisten die Redebeiträge der Sportlerinnen und Sportler nachmittags um Ehrenamt, Nachwuchs und Migranten (w./m.) im Sport.
Sport und Politik
Die angehenden Trainerinnen und Trainer berichteten überwiegend positiv von Kindern und Jugendlichen unterschiedlicher Kulturen, die problemlos in die Gemeinschaft des Sportvereins aufgenommen wurden und die „Hürde“ Beitritt zum Sportverein genommen haben. Gleichwohl sei kritisch anzumerken, dass viele Migranten doch recht große Sprachschwierigkeiten mitbringen und noch immer ghettoähnlich wohnen, was Zugang und Kontaktaufnahme problematisch gestaltet. Hier wäre die Politik gefordert (gewesen), schon vor 15 - 20 Jahren Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen sowie sprachliche und soziokulturelle Rahmenbedingungen vorzugeben, um den Menschen ausländischer Herkunft und der Aufnahmegesellschaft ein gelingendes Miteinander von Beginn an zu ermöglichen. Stattdessen sei wieder einmal der Sport gefragt, der allerdings keine Reparaturwerkstatt für politische Fehlentwicklungen sein kann.
In der Runde war man sich einig, dass der Hessische Kickboxverband die Relevanz von Interkulturalität im Sport und der Notwendigkeit interkultureller Kompetenzen in der Trainerausbildung für den Sport mit heterogenen Gruppen als unabdingbar betrachtet.
Sport und soziale Aspekte in der Trainerausbildung
Respekt vor Anderen und sich selbst, Akzeptanz und Toleranz, Hinwirken auf ein gewaltfreies Miteinander und Sport in den Facetten Freizeit-, Breiten und Leistungssport sind herausragende Merkmale im interkulturellen Kontext. Aus der Trainerausbildung des HKBV sind diese inklusive der wichtigsten interkulturellen Kompetenzen nicht mehr wegzudenken.
Kulturelle Vielfalt als Chance und ihr Wert als Ressource für Trainer und Sportverein wurden in der Runde ebenfalls genannt. Insbesondere zum Problemfeld Kontakt zu den Eltern mit Migrationshintergrund äußerten die Teilnehmer unterschiedliche Ideen wie z.B. das Gespräch nach Trainingsende suchen oder mit einer „Brücken-Person“ eines bestimmten Kulturkreises ein Elterntreffen organisieren.
Interkulturelle Kommunikation als Kernkompetenz
Abschließend thematisiert: der Stellenwert des Sports in anderen Kulturen und die oft nicht vorhandene Vorbildfunktion der Eltern, was sinnvolle, bewegungsorientierte Freizeitaktivitäten angeht. Hierbei ist vor allem die kommunikative Kompetenz des Trainers/des Vorstands ein wichtiger Bestandteil ehrenamtlicher Tätigkeit. „Mit Eltern reden ist wie verkaufen“, entwich es einem Aktiven. „Als Vereinsvertreter musst du den Leuten immer wieder klarmachen, welchen Gegenwert zum Vereinsbeitrag sie bzw. die Kinder vom Verein erwarten können.“ Aber auch darüber zu informieren, wie sich die Kinder entwickeln und mit welcher Motivation und Freude sie am Sport im Verein teilnehmen, sollte im spontanen Gespräch nicht vergessen werden.
Kultursensibel ohne Gesichtsverlust
Reden und Handeln – miteinander, nicht übereinander, Einfühlungsvermögen in die Lebenswelt der „Neuen“, das freundliche, aber bestimmte Insistieren auf Trainingsgrundsätze (nicht nur) der Kampfsportart Kickboxen auch gegen Widerstände (z.B. Mädchen trainieren mit Jungs) waren die wesentlichen Aussagen, die der Diskussionsleiter abschließend zusammenfasste.
Und das Eingeständnis, dass die Fallstricke bei interkulturellen Kontakten so zahlreich sind, dass auch der geschulte Trainer nicht alle als solche erkennt und immer situationsgerecht reagieren kann. Kleiner Tipp: aus einer standfesten, sicheren Deckung heraus offensiv und überlegt agieren – wie im Wettkampf!
Weitere Informationen zur Fortbildung „Sport interkulturell“, die an diesem Tag auszugsweise vorgestellt wurde, sind erhältlich bei:
Sportjugend Hessen, „IdS“-Regionalbüro Nord- und Osthessen;
T.: 05635 – 992615; mail: PSchreiber(at)sportjugend-hessen.de