Kein Tor, aber viel Engagement

Klaus Feldmann auf Handballexpedition in Papua-Neuguinea

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In Deutschland findet gerade die Weltmeisterschaft der Frauen statt. Das globale Gipfeltreffen ist auch immer ein Schaufenster für die Nationen abseits der europäischen oder asiatischen Hochburgen – so treten Nationen wie Kamerun oder Paraguay an, meist unterlegen gegenüber den Schwergewichten, aber gleichwohl mit interessanten Leistungen. Der Handball entwickelt sich, auch und gerade abseits der bekannten Märkte. Damit das so ist, benötigen die Handball-Entwicklungsländer Hilfe. In einer solchen Mission ist aktuell Klaus Feldmann, Trainer-Ausbilder, Lektor und Initiator der handball-akademie.de, in Papua-Neuguinea unterwegs gewesen.

Finanziert vom Auswärtigen Amt soll das Projekt vor allem der Förderung des Ansehens der Bundesrepublik und der internationalen Sportbeziehungen des DOSB zum Nationalen Olympischen Komitee Papua-Neuguineas dienen. Für den im südhessischen Griesheim beheimateten Feldmann keine unbekannte Arbeit, der erfahrene Lektor hatte schon derartige Projekte in Mazedonien (2008), Südafrika (2014) und Jordanien (2015) umgesetzt.

 „Es geht vor allem darum, Handball als neue Sportart in Schulen vorzustellen, die Arbeit mit dem Nationalteam sowie die Schulung von Trainern und Schiedsrichtern“, berichtet Feldmann. Ins völlig Unbekannte stieß Feldmann dabei nicht vor, bereits 2015 war das Projekt „Handball@School“ vom Weltverband IHF mit Helmut Martin als Lektor im Land aktiv. Auch die Kommunikation funktionierte, berichtet Feldmann: „Das ging einfach und schnell, via Skype oder eMail, zudem konnten wir uns persönlich bei der IHF-Trophy auf den Cook Islands im August absprechen.“

In der Hauptstadt Port Moresby ging es dann vier Wochen in Schulen um die Vermittlung des Handballspiels, danach ging es weiter in zwei Provinzen des großen Inselreiches im Pazifik: Je eine Woche in Bougainville und Madang folgten.

„Es gab überraschend gute Rahmenbedingungen in Port Moresby“, berichtet Feldmann, der bereits rund 50 Nationen rund um den Globus als Ausbilder bereist hat. Zwei große Hallen, in denen allerdings Linien erst aufgeklebt werden mussten und in denen zwei selbstgemachte Tore hin und her gefahren wurden. Das in Ländern, in denen Handball, und insgesamt Hallensport, wenig bekannt ist, die Trainingsbedingungen oft nach Improvisation rufen, liegt auf der Hand – und macht einen Teil des Reizes aus.

„Manchmal steht nur ein Hallendrittel zur Verfügung“, sagt Feldmann, „und das manchmal nur in der Größe eines Basketball-Feldes. In den Provinzen wurde entweder in Schul-Hallen, auf zementierten Basketball-Feldern oder auf Gras, meistens Rugby-Feldern gespielt.“

Linien wurden mit Hütchen markiert. „Die Torraumlinie reicht vollkommen, alle anderen Linien werden überbewertet“, berichtet der Coach und fügt an: „Wenn es eine Kreisform ist, dann ist das nett, aber eine gerade Wurf-Linie tut es auch.“ Aufblasbare Tore hat Feldmann aus einer Materialspende des DOSB mitgebracht. „Wenn die nicht zur Verfügung standen, wurden auch schon mal Stühle (Bild) oder einfach Holzstäbe als Tore eingesetzt.“ Die organisatorischen Schwierigkeiten beiseite, das Interesse war enorm: „Viele Schulen kamen mit mehr als 40 Kindern, die beschäftigt werden wollten“, erinnert sich Feldmann.

„Immer wieder faszinierend war es, zu sehen, wie Kinder, die bis dahin noch nie etwas von Handball gesehen und gehört hatten, in sehr kurzer Zeit ein Spiel in Gang setzen können“, sagt Feldmann: „Ob die Kinder dabei passende Schuhe oder Kleidung dabei hatten, ob es Tore, passenden Boden oder richtige  Markierungen gab, spielte dabei überhaupt keine Rolle.“ Vielfach konnte nur auf ein Tor, ähnlich wie beim Streetball auf einen Korb, gespielt werden.

Eine besondere Situation war die Arbeit auf Buka, der Hauptinsel der autonomen Region Bougainville: „Eine Schule am Ende der Insel war nur über die 'Ring-Road', zu erreichen, nach 40 Minuten Anfahrt endete die asphaltierte Straße und wir mussten weitere 60 Minuten auf einer Piste durch den Kokospalmen-Wald fahren“, berichtet der Handball-Forschungsreisende, „zwei Stunden vorher hatte es einen satten Regenguss gegeben, so dass der Weg aufgeweicht war und viele tiefe Wasserlöcher durchfahren werden mussten (Bild). „Nach dem Besuch der Schule ging es auf dem gleichen Weg zurück, wo uns der zweite Regenguss an diesem Tag voll erwischte“, schmunzelt Feldmann.

Handball ist auf Papua-Neuguinea bislang unbekannt, die anderen klassischen Sportarten auf der Insel schlugen allerdings auch beim Handball-Experiment durch. So gab es manchmal einen negativen Transfer: Beispielsweise trauten sich die Kinder mit Rugby-Erfahrung nicht, nach vorne zu laufen, im Rugby sind Pässe nach vorne verboten.

„Unter Experten könnte man jetzt diskutieren, ob diese Kinder schon 'Handball' gespielt haben oder nur mit Hand und Ball gespielt haben, trotz der Vielzahl an technischen Fehlern und Regeln, die in der Kürze der Zeit nicht erklärt werden konnten, stand das Spielerlebnis absolut im Vordergrund“, meint Feldmann und sieht darin auch den Erfolg der Maßnahme.

Letzten Endes sei dies einer der spannendsten Aspekte der Arbeit unter erschwerten Bedingungen – man sieht, was alles machbar ist, wenn man nicht immer nach Perfektion strebt, sagt Feldmann. Eine Anreise über Stock und Stein und von einem Schlammloch in das nächste geht eben auch, wie auch Handball ohne Tore eben auch geht – und das mit viel Freude.

Matthias Kornes - ballgewinn.de

 


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