Krankenkassen würden gerne in Präventionsmaßnahmen investieren

 

Bei der Anhörung des Sportausschusses im Deutschen Bundestag zum Präventionssport unterstrichen alle eingeladenen Experten aus dem Gesundheitswesen und den Sportwissenschaften

den Sinn eines Präventions-Gesetzes mit einem eigenen Kapitel für den Sport. Allerdings sehen vor allem die Krankenkassen als Kostenträger in der Prävention eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung, die nicht allein von ihnen zu schultern sei. „Prävention ist nicht nur eine gesundheitspolitische, sondern eine ressortübergreifende Aufgabe“, betonte Dr. Gudrun Eberle von der AOK – der Gesundheitskasse. Alle gesellschaftliche Bereiche müssten eingebunden werden, um die Rahmenbedingungen für gesundheitsorientiertes Verhalten zu verbessern.

Der Sportausschuss wollte sich auf Grund der gerade laufenden Debatte zur Reform des Gesundheitswesens über die Möglichkeiten und den Nutzen informieren, die ein gesundheitsorientierter Sport kurz- und langfristig auch für Kosteneinsparungen bietet. Die beiden Regierungsparteien SPD und Bündnis 90/Die Grünen sowie die FDP haben bereits entsprechende Anträge im Parlament eingebracht, um den Gesundheits- und Rehabilitationssport zu stärken und in den anstehenden Gesetzesentwürfen verankern zu können.

Die Sportwissenschaftler und Mediziner unterstrichen nochmals die Erkenntnisse, dass es um die Gesundheit und die Fitness vor allem von Kindern und Jugendlichen, aber auch von älteren Menschen nicht zum Besten bestellt ist. „Seit 1975 gibt es bei Kindern einen Rückgang von 10 bis 20 Prozent in allen Leistungsparametern“, sagte Prof. Wolfgang Schlicht von der Universität Stuttgart. Die Zahl der Kinder, die sich nur noch schlecht bewegen könnten, wachse ständig an, meinte Dr. Helge Uwe Hebestreit von der Universitäts-Kinderklinik Würzburg. „Wenn nichts passiert, werden die Folgekosten extrem ansteigen“, ergänzte Hebestreit: „Es liegt viel im Argen.“

Das derzeitige Angebot an Präventionssport reicht aus der Sicht des Frankfurter Sportmediziners Prof. Winfried Banzer, der als Gesundheitsbeauftragter des Deutschen Sportbundes nach Berlin gekommen war, nicht aus, um die bedrohliche Situation für die Gesundheit der Deutschen beseitigen zu können. „Prävention greift nur dann, wenn sie flächendeckend betrieben wird“, sagte Banzer. In den letzten fünf Jahren habe der Deutsche Sportbund mit seinem Präventionsangebot, dem Qualitätssiegel „SPORT PRO GESUNDHEIT“, das in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Turner-Bund und der Bundesärztekammer entwickelt wurde, rund 500.000 Menschen erreicht. Das Kostenvolumen für das bestehende Angebot umfasse 8,5 Millionen Euro. Dieses Qualitätssiegel könnte in weiteren fünf Jahren durch die notwendigen Kursangebote auf ein Angebot für fünf Millionen Menschen ausgedehnt werden.

Bei der Anhörung zeigte sich in den Reihen der Politik Unverständnis, dass bisher nicht mehr Geld für den Präventionssport ausgegeben wird. Angesicht der riesigen Ausgaben von 120 Milliarden Euro im Gesundheitswesen sind die Kosten für Prävention aus der Sicht des Sportausschuss-Vorsitzenden Peter Rauen (CDU) doch relativ geringfügig.

Die Krankenkassen schöpfen den Betrag von 2,56 Euro, der ihnen seit der letzten Gesundheitsreform 1999 pro Mitglied eingeräumt wird, nicht einmal völlig aus. „Wir geben nur ein Prozent der Beiträge für Prävention aus“, meinte AOK-Sprecherin Eberle. „Wir würden gerne mehr ausgeben. Aber wir haben das Problem, dass wir nicht wissen, woher wir das Geld nehmen sollen. Wir können jede Mark nur einmal ausgeben.“ Für die Zukunft haben die Krankenkassen signalisiert, dass sie sich ein Bonus-Modell bei den Beiträgen vorstellen, wenn die Mitglieder ein gesundheitsorientiertes Verhalten dokumentieren können. Der Vorstandsvorsitzende der Barmer Ersatzkasse, Dr. Eckart Fiedler, nannte als Beispiel das Trai-ning und die Prüfung für das Deutsche Sportabzeichen, das von der Barmer ganz stark un-terstützt wird und mit Nachlässen im Beitrag honoriert werden könnte. Seine Kasse könnte eine solche Änderung sofort realisieren, allerdings fehle die satzungsrechtliche Genehmigung.

Alle Fachleute sind sich einig, dass es im Bewusstsein der Menschen eine Veränderung geben muss, damit sie die Notwendigkeit der Umstellung im Ernährungs- und Bewegungsverhalten akzeptieren. Dieses Umdenken kann aus der Sicht von Dr. Elisabeth Pott, Direktorin der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, nur mit einer großen Aufklärungskampagne erreicht werden. Als Beispiel nannte Pott die Anti-AIDS-Kampagne. „Wir brauchen ja nicht hier und da ein paar gute Beispiele, sondern müssen ein gesellschaftlich positives Bild für den Sport schaffen“, sagte Pott.