Leipziger Volkszeitung: Was wird aus der Leipziger Bewerber-GmbH?

Ressortleiter Winfried Wächter fragt nach der Zukunft der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

Ressortleiter Winfried Wächter fragt nach der Zukunft der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

In ihrer Analyse-Serie zum Scheitern der Leipziger Olympiabewerbung widmet sich die Leipziger Volkszeitung heute (02.06.) den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Bewerbungskomitee Leipzig 2012 GmbH. Wir geben den Artikel von Ressortleiter Winfried Wächter nachstehend im Wortlaut wieder:

 

 

"Am Merkwürdigsten, findet Steffi Würzig, ist die plötzlich Ruhe. Ständig klingelte das Telefon, trafen E-Mails ein, waren alle möglichen Dinge am besten sofort und gleichzeitig zu erledigen. Am 18. Mai war damit Schluss, nahezu auf einen Schlag. Das IOC hatte Leipzigs Olympia-Bewerbung für nicht gut genug bewertet und nicht zur Wahl im Juli 2005 zugelassen. Steffi Würzig, als Projektmanagerin Kommunikation erste Ansprechpartnerin für Journalisten, und ihre Kollegen aus der "Leipzig 2012 GmbH" müssen das Projekt beenden.

 

 

Das Lob für gute Arbeit von allen Seiten hilft nichts: Die GmbH wird abgewickelt. Nach dem Aus von Lausanne wird im Laufe der nächsten Wochen das Licht in der 23. Etage des City-Hochhauses am Augustusplatz ausgeschaltet. Die 23 Mitarbeiter halten bereits Ausschau nach neuen Jobs. Vier von ihnen haben es einfacher, da sie von Sponsoren abgestellt wurden und zum Teil bereits in ihr früheres Unternehmen zurückgekehrt sind.

 

 

Geschäftsführer Peter Zühlsdorff verspricht Hilfe für die anderen und für die "tolle Mannschaft". Er sei dabei, "etwas für die Mitarbeiter zu tun". In den nächsten Tagen könnte er dazu Konkreteres sagen. Möglicherweise auch dazu, ob sich für die GmbH in anderer Form eine Aufgabe ergibt. Gespräche mit der Stadt und der Wirtschaft laufen. Dass es darum geht, das Wissen der GmbHzur Vermarktung künftiger Projekte zu nutzen, liegt auf der Hand. Aber nicht nur für Leipzig, sondern für die gesamten neuen Bundesländer, so der Chef. Leipzigs Fußball voran zu bringen, könnte in Betracht gezogen werden. In diesen Wochen haben sich Mike de Vries, ebenfalls Geschäftsführer der Bewerbungs-GmbH, und FC-Sachsen-Präsident Christian Rocca schon mal zu einem Treffen verabredet ...

 

 

"Hier liegen Schätze, und keiner zeigt sie so richtig", hat Zühlsdorff während seiner halbjährigen Zeit in Leipzig erkannt. Viele der überaus vorzeigbaren Dinge, zum Beispiel das Bachfest, müssten besser vermarktet, besser verkauft werden. Der Manager glaubt, dass Gründe für diese Zurückhaltung und Unterschätzung in der DDR-Vergangenheit liegen. "Der Sozialismus hat Vermarktung auch nicht gelehrt. Zu seiner Zeit musste sich kaum jemand für etwas anbieten, da wurde er meistens ausgesucht." Mit (DDR-)Geld sei auch nicht so viel zu machen gewesen, mit Beziehungen um so mehr. "Wer das beste Beziehungs-Netzwerk hatte, der war versorgt."

 

 

Der 61-Jährige lobt seine jungen GmbH-Kollegen (Durchschnittsalter etwa 30 Jahre). Ihre Kraft, ihr Wissen könnte und sollte zum Nutzen der Region eingesetzt werden. Zunächst aber wird bilanziert, protokolliert und dokumentiert. Offene Fragen sollen nicht übrig bleiben. Bis auf die natürlich, warum die Leipziger Bewerbung an der ersten IOC-Hürde scheiterte. Keiner aus der GmbH kann sich das richtig erklären. Zühlsdorff hatte wie die meisten GmbH-Mitglieder geweint, als die Nachricht aus Lausanne eintraf. Nach der Riesen-Enttäuschung empfindet er Genugtuung, dass nach der Niederlage in Deutschland bis auf wenige Ausnahmen kein Häme einsetzte.

 

 

Nun kann er sich wieder seinen Mandaten in Aufsichtsräten und seinen Firmen widmen. Und angenehme Erinnerungen mitnehmen. "Ich bin reicher geworden", sagt er und betont: "Das ist keine Floskel." Im finanziellen Sinne kann es auch nicht gemeint sein. Sein Gehalt betrug einen ganzen Euro."

 

 

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