Lothar Kannenberg: Mit Sport gegen Gewalt und Drogen

Gewalt, Alkohol, Gefängnisstrafen, Drogen – mit diesen Problemen hat Lothar Kannenberg Zeit seines ganzen Lebens fast täglich zu tun. Früher kannte der 47jährige sie aus eigenem Erleben nur allzu gut.

Lothar Kannenberg bei einer Präsentation zwischen dem Polizeipräsidenten von Nordhessen, Wilfried Henning, und Martin Gille vom Magistrat der Stadt Kassel und Geschäftsführer Präventionsrat der Stadt Kassel (Foto: Durchboxen e.V.)
Lothar Kannenberg bei einer Präsentation zwischen dem Polizeipräsidenten von Nordhessen, Wilfried Henning, und Martin Gille vom Magistrat der Stadt Kassel und Geschäftsführer Präventionsrat der Stadt Kassel (Foto: Durchboxen e.V.)

Jetzt gibt er seine Erfahrungen an Jugendliche weiter und versucht, ihnen zu helfen, sie von der schiefen Bahn abzuhalten, wie es so schön heißt. Vielleicht ist Kannenberg gerade deshalb so glaubwürdig und erfolgreich als Streetworker, Boxtrainer, Leiter des Trainingscamps Gut Kragenhof und Ansprechpartner für „Sorgenkinder“ , mit denen sonst eigentlich niemand mehr etwas zu tun haben möchte, weil sie schon vielfach auffällig geworden sind.

 

„Mir wird der Zugang erleichtert, weil ich vieles schon selbst erlebt habe“, sieht Kannenberg in den intensiven Gewalterfahrungen in der eigenen Kindheit einen Schlüssel zum Zugang zu seinen jetzigen Schützlinge. Statt Liebe und Anerkennung bekam Kannenberg von seinem alkoholabhängigen Vater vor allem Schläge. Es dauerte nicht lange und Kannenberg griff selbst zum Alkohol, später auch zu härteren Drogen und kompensierte sein mangelndes Selbstwertgefühl mit körperlicher Gewalt.

 

Lebensweg selbst stark geprägt

 

Der Lebensweg von Lothar Kannenberg ist aber auch immer wieder durch das Zusammentreffen mit Personen geprägt, die ihn unterstützen und zu denen er Vertrauen aufbaute, Therapeuten, die ihm neuen Mut gaben und die Kraft, sein Leben zu ändern. Aufgefangen wurde er vor allem Sport. Mit 26 Jahren fing er bei den Offenbacher Kickers mit dem Boxen an und nahm an nationalen und internationalen Wettkämpfen teil. „Meine Erfolge als Sportler haben mir viel Selbstwertgefühl gegeben, das ich zuvor nicht hatte“, verdeutlichte Kannenberg.

 

Um Selbstvertrauen und Gewaltprävention durch Sport geht es auch bei den unzähligen Projekten, die Lothar Kannenberg leitete. Zunächst fing er an, mit auffälligen, gewaltbereiten Schülern morgens vor dem Unterricht ein Lauftraining zu absolvieren. „Nach dem Laufen ging im Unterricht alles besser, die Schüler konnten sich besser konzentrieren und waren weniger aggressiv“, erklärt Kannenberg. Vor fünf Jahren baute er dann das Boxcamp Philippinenhof in der Kassler Nordstadt für schwererziehbare Jugendliche auf, das zu einem Vorzeigeprojekt im Bereich der Prävention geworden ist. Die Jugendlichen werden meist vom Gericht in das Camp geschickt und verbringen dort ihre Zeit anstelle eines Arbeitsdienstes. Inzwischen ist die Kriminalität in der Kassler Nordstadt um 30 Prozent zurückgegangen, nicht zuletzt dank Kannenberg.

 

Er hat ein weiteres Boxcamp in Bayreuth eröffnet, und auch in Melsungen wird im Januar 2005 eines hinzukommen. Seit Ende Februar 2004 kümmert sich Lothar Kannenberg fast rund um die Uhr um sein neuestes Projekt, dem Verein „Durchboxen im Leben e. V.“ mit dem stationären Trainingscamp auf Gut Kragenhof. „Hier kann ich Jugendarbeit ganz so durchführen, wie ich sie verstehe, ohne dass mir jemand hereinredet“, erklärt Kannenberg begeistert. Ein wichtiger Aspekt: Alle Betreuer haben eine anerkannte Ausbildung als sogenannter Respekttrainer absolviert, wo besonders der Umgang miteinander geschult wird.

 

„Unsere Betreuer kennen das Leben von beiden Seiten und können den Jugendlichen glaubwürdig vermitteln, dass es auch anders geht“,  erklärt Kannenberg. Auf dem Gut werden 14 bis 20-Jährigen Jungs bis zu drei Monate betreut. Neben dem Sport gehören Gruppensitzungen und Einzelgespräche zum festen Tagesprogramm , um einen Blick auf das eigene Verhalten zu lernen. Alles soll den Einstieg ins „normale“ Leben erleichtern.


  • Lothar Kannenberg bei einer Präsentation zwischen dem Polizeipräsidenten von Nordhessen, Wilfried Henning, und Martin Gille vom Magistrat der Stadt Kassel und Geschäftsführer Präventionsrat der Stadt Kassel (Foto: Durchboxen e.V.)
    Lothar Kannenberg bei einer Präsentation zwischen dem Polizeipräsidenten von Nordhessen, Wilfried Henning, und Martin Gille vom Magistrat der Stadt Kassel und Geschäftsführer Präventionsrat der Stadt Kassel (Foto: Durchboxen e.V.)