LSB-Seminar Knappes Gut Sportstätten

Modern soll sie sein, gut erreichbar und für alle zugänglich – und darüber hinaus natürlich noch kostengünstig: die ideale Sportstätte.

Beim Bau der Sportstätten muss auf gesellschaftlichen Wandel und neue Sporttrends Rücksicht genommen werden, aber ebenso auf knappe Kassen in den Städten und Gemeinden. Foto:picture-alliance
Beim Bau der Sportstätten muss auf gesellschaftlichen Wandel und neue Sporttrends Rücksicht genommen werden, aber ebenso auf knappe Kassen in den Städten und Gemeinden. Foto:picture-alliance

Nur: Gibt es die überhaupt? Und wie muss sie aussehen? Mit diesen und vielen weiteren Fragen rund um das Thema Sportentwick-lungsplanung hat sich das Seminar „Knappes Gut Sportstätten“ befasst, das der Landessportbund (LSB) Rheinland-Pfalz in Kooperation mit dem Städtetag, dem Gemeinde- und Städtebund, dem Landkreistag von Rheinland-Pfalz sowie der Technischen Universität in Kaiserslautern ausgerichtet hat.

In der Sportentwicklungsplanung sei es wie in vielen anderen Bereichen, sagte Prof. Eike Emrich. „Wir reden zwar über Bewegung, bleiben aber alle stehen“, sagte der Vorsitzende des LSB-Kuratoriums Sportwissenschaft, das zusammen mit der Abteilung Sportentwicklung das Seminar organisierte. Emrich, zugleich Lehrstuhlinhaber für Sportökonomie und -soziologie an der Universität des Saarlandes, fügte hinzu: „Es ist sogar ein Wettbewerb entstanden, wer am schnellsten stehen bleibt.“

Soll heißen: Es wird viel geredet, aber noch zu wenig bewegt. Beim Bau der Sportstätten müsse auf den gesellschaftlichen Wandel und neue Sporttrends Rücksicht genommen werden, aber ebenso auf knappe Kassen in den Städten und Gemeinden. Wie kann da eine adäquate Sportversorgung für die Bürgerinnen und Bürger gewährleistet werden?

Prof. Lutz Thieme, Dekan im Fachbereich Betriebs- und Sozialwirtschaft der Fachhochschule Koblenz, stellte einige Modelle vor. So könnten Sportvereine bei der Belegung von Sporthallen und -plätzen selbst über Zeitpunkt und Umfang ihrer Trainingszeiten bestimmen. Die Politik setzt hierfür den Rahmen und stellt klare Regeln auf. Ein unabhängiger Richter sortiert dann nacheinander die jeweils untauglichsten Belegungsvorschläge der Vereine aus, bis der effizienteste übrig bleibt.

Denkbar sei auch, so Thieme, dass die Vereine ihre nicht benötigten Trainingszeiten zurückgeben und an den Meistbietenden versteigern. „All das ist im Sport aber noch nicht erprobt“, schränkte Thieme ein. Doch gerade in punkto Sportstättennutzung sei es höchste Zeit zum Handeln. „Im Moment ist es doch oft so, dass der, der am lautesten schreit, die meisten Hallenzeiten bekommt.“

Viele Vereine forderten zudem mehr Zeiten, als sie tatsächlich benötigten. Dies bestätigte Werner Pitsch vom Sportwissenschaftlichen Institut der Universität des Saarlandes. Laut einer Untersuchung liegt die tatsächliche Nutzung von Sportstätten weit unter dem angemeldeten Bedarf.Um solch eine Diskrepanz zu verhindern und um Sportstätten möglichst effizient zu nutzen, hat die Stadt Koblenz zwischen 2006 und 2008 eine Bestands- und Bedarfsermittlung durchgeführt. Rund 100.000 Euro kostete diese Maßnahme, die Rüdiger Sonntag, der Leiter des Sport- und Bäderamtes der Stadt Koblenz, vorstellte.

Er und seine Mitarbeiter verschickten unter anderem Fragebögen an 140 Koblenzer Sportvereine und an die Bevölkerung, zahlreiche Experten-Workshops werteten die Antworten aus. Um auf die festgestellten Mängel, seien es zu wenig Angebote im Gesundheitssport oder sanierungsbedürftige Sporthallen, reagieren zu können, fehle jedoch stets das Geld, führte Sonntag aus. „Die Planungen werden leider immer wieder durch leere Kassen beeinträchtigt.“

Eine ähnliche Studie hat Prof. Gerhard Steinebach in Angriff genommen. Der Inhaber des Lehrstuhls für Stadtplanung an der TU Kaiserslautern untersucht mit dem Forschungsprojekt „Gesunde Kommune – Sport und Bewegung als Faktor der Stadt- und Raumentwicklung“ die Sportversorgung in sechs ausgewählten Modellkommunen. Hier sollen die Leistungen des Sports für die Gesundheit, für Soziales (z.B. Integration), Ökonomie und Ökologie untersucht werden. Erste Ergebnisse will Steinebach im Frühjahr nächsten Jahres veröffentlichen. Doch schon jetzt befürchtet er, dass es insbesondere kleine Gemeinden in Zukunft schwer haben werden, eine adäquate Sportversorgung aufrecht zu erhalten.

Als Hauptgründe führte Steinebach die Überalterung der Gesellschaft und die zunehmende Abwanderung in die Städte an. Seine Prognose: „Es wird nicht jede Gemeinde in der Form überleben, in der sie heute existiert.“

(Autor: Jochen Dick)


  • Beim Bau der Sportstätten muss auf gesellschaftlichen Wandel und neue Sporttrends Rücksicht genommen werden, aber ebenso auf knappe Kassen in den Städten und Gemeinden. Foto:picture-alliance
    Beim Bau der Sportstätten muss auf gesellschaftlichen Wandel und neue Sporttrends Rücksicht genommen werden, aber ebenso auf knappe Kassen in den Städten und Gemeinden. Foto:picture-alliance