Manfred von Richthofen: „Deutsche Mannschaft ist hervorragend“

Der Präsident des Deutschen Sportbundes, Manfred von Richthofen, bewertet im Interview das Abschneiden der deutschen Mannschaft bei den Olympischen Winterspielen von Turin bei Halbzeit als hervorragend. Gleichzeitig weist er aber auch einige Schwächen hin und beurteilt den Verkehr in Turin mit vielen Staus und Behinderungen als nicht olympia-würdig.

Die Biathleten - hier Olympiasiegerin Kati Wilhelm - sind bei Olympia besonders erfolgreich (Foto: picture-alliance)
Die Biathleten - hier Olympiasiegerin Kati Wilhelm - sind bei Olympia besonders erfolgreich (Foto: picture-alliance)

   Bei den Olympischen Spielen von Turin ist bei etwas mehr als der Hälfte der Wettbewerbe die Entscheidung gefallen. Wie fällt Ihre Halbzeitbilanz aus?

 

   Manfred von Richthofen: „Insgesamt ist das Abschneiden der deutschen Mannschaft wirklich hervorragend. Die Experten haben die richtigen Tipps abgegeben, was in der Vergangenheit nicht immer der Fall war. Zudem haben häufig nicht die Favoriten die Medaillen gewonnen, sondern die Sportler und Sportlerinnen aus der zweiten Reihe, aus dem Nachwuchs, was für die Zukunft besondern erfreulich ist.“

 

   Und der Blick auf die einzelnen Sportarten?

 

   Richthofen: „Das deutsche Team hat deutlich gemacht, dass es im Biathlon eine Spitzenposition in der Weltklasse einnimmt. Im Volkssport Skilanglauf hat es nach anfänglichen Schwierigkeiten wieder Zeichen gesetzt, noch deutlicher in der nordischen Kombination. Bei den in der Welt nicht so verbreiteten Konkurrenzen wie Bob und Rodeln haben wir unsere Position unterstrichen, speziell bei den Rodel-Frauen. Vom Eisschnelllauf sind in der zweiten Hälfte von Olympia noch weitere gute Ergebnisse zu erwarten.

 

Man muss aber auch erkennen, dass in der Mannschaft Schwächen bestehen, insbesondere befinden wir uns in einer Nachwuchskrise im alpinen Bereich. Es sind keine Top-Leute im Alter von 18, 19 oder 20 Jahren zu finden. Probleme haben wir auch im Eishockey, das in keiner Weise mit den Sommermannschafts-Disziplinen wie Hockey, Fußball-Frauen oder Volleyball zu vergleichen ist. Überraschungen im Curling kommen auch nicht jeden Tag vor. Im Skispringen sind nach dem Tief der letzten Zeit wieder gute Ansätze zu erkennen. Das Eiskunstlaufen bleibt von Problemen behaftet, sowohl im sportlichen Sektor wie auch im speziellen im Trainer-Lager.“

 

   Wie wird die deutsche Mannschaft in der Politik gewürdigt?

 

   Richthofen: „Es hat mich sehr gefreut, dass der deutsche Verteidigungsminister seine zahlreichen Sportsoldaten in Turin aufgesucht hat. Es ist ein deutliches Signal. Darüber hinaus halte ich es für dringend notwendig, dass sich Vertreter des Sportausschusses des Bundestages ein Bild von der deutschen Mannschaft machen, wie es ja geplant ist. Und aller Voraussicht wird Innenminister Wolfgang Schäuble noch in den letzten Olympia-Tagen nach Turin reisen.“

 

   Welchen Eindruck hat Turin selber bis jetzt bei Ihnen hinterlassen?

 

   Richthofen: „In der Ferne kommt an, dass sich die Begeisterung der Italiener in Grenzen hält. Jubeln tun die anderen, die Olympia-Touristen, die Norweger, die Österreicher, die Deutschen. Mein Eindruck ist einfach, dass der Verkehr nicht olympia-würdig ist, die Wege sind einfach zu lang, die Straßen zu häufig verstopft. Es sind Spiele der langen Wege. Bei den kommenden Vergaben von Spielen sollten die Interessen der Aktiven wieder mehr im Vordergrund stehen. Auch bei den Preisen muss man sich Gedanken machen, denn die Touristen schauen schon stärker auf ihr Budget. Das gilt sowohl für die Übernachtungskosten als auch die Eintrittskarten."

 

   Turin werden die letzten Spiele sein, bei denen in der deutschen Mannschaft Mitarbeiter von zwei Dachorganisationen zusammen arbeiten. Hat das Zusammenspiel funktioniert?

 

   Richthofen: „Das Zusammenspiel hat sich durch den Beschluss der Fusion von DSB und NOK nicht verändert, es funktioniert reibungslos. Die Vertreter aus dem Bereich Leistungssport des Deutschen Sportbundes haben ja auch bei den bisherigen Spielen in der Crew des NOK mit gearbeitet, das war schon immer so.“

 

   Die deutsche Mannschaft war in Turin von einer 5-tägigen Schutzsperre betroffen. Wie bewerten Sie diese Auseinandersetzung?

 

   Richthofen: „Das ist eine Diskussion und ein Streit unter Fachleuten, der auch nach den Olympischen Spielen noch weitergehen wird. Es wäre jetzt einmal interessant zu wissen, was die Meinung unserer nationalen Agentur, der NADA, zu diesem Thema ist. Dann möchte ich auch wissen, was aus der Welt-Agentur WADA zu dem Thema zu vernehmen ist. Die genaue Klärung des Sachverhaltes und der Konsequenz für den Sport im Allgemeinen kann erst später erfolgen.“

 


  • Die Biathleten - hier Olympiasiegerin Kati Wilhelm - sind bei Olympia besonders erfolgreich (Foto: picture-alliance)
    Die Biathleten - hier Olympiasiegerin Kati Wilhelm - sind bei Olympia besonders erfolgreich (Foto: picture-alliance)