Frauen haben einen enormen Anteil an der positiven Sportentwicklung. DOSB-Vizepräsidentin Ilse Ridder-Melchers betont: „Zehn Millionen Mädchen und Frauen sind unter dem Dach des DOSB im Sport organisiert und zeigen, dass der Sport überzeugende Angebote entwickelt hat. Die Sportbeteiligung der Frauen hat im Zuge der Gesundheits- und Fitnessorientierung in den vergangenen Jahren noch zugenommen. Die Frauen im Sport bilden damit bundesweit die größte Mädchen- und Frauenvereinigung.“
Der Gesamt-Bevölkerungsrückgang wird aber die Sportverbände und ihre Vereine in Zukunft vor neue Herausforderungen stellen. Die demographische Entwicklung zeigt darüber hinaus, dass unsere Bevölkerung in den kommenden Jahren nicht nur älter, sondern auch weiblicher wird. Frauenspezifische Angebote und der Blick auf die nachhaltige Gewinnung von Mädchen und Frauen mit Zuwanderungsgeschichte werden hierbei einen großen Anteil der Sportverbands- und Sportvereinsentwicklung bestimmen.
Der DOSB hat in diesem „Jahr der Frauen im Sport“ diesen wichtigen Ansatz auch mit seinem Netzwerkprojekt „Bewegung und Gesundheit – mehr Migrantinnen in den Sport“ aufgegriffen und setzt hier wichtige Akzente.
Sportangebote
Von Juni 2009, als die ersten Sportkurse angeboten wurden, bis heute, starteten in insgesamt 17 Vereinen mehr als 30 Kurse, die gezielt Mädchen und Frauen mit Zuwanderungsgeschichte ansprechen und sich an ihren Bedürfnissen orientieren. Jeder der am Projekt beteiligten Verbände hat sich verpflichtet, mit jeweils drei Vereinen und je drei Kursangeboten das Projekt umzusetzen.
Der Landessportverband Baden-Württemberg geht über diese Verpflichtung hinaus, indem er mit fünf Vereinen das Projekt in Stuttgart umsetzt. Zwei Vereine (TB Untertürkheim und TB Cann-stadt) bieten zudem nicht nur drei, sondern vier oder fünf Kurse an, der TB Cannstadt gar mit der Option eines sechsten Kurses. Hier spiegelt sich die große Nachfrage zu Schwimm- und Gymnastikkursen wider. Mittlerweile gibt es Wartelisten mit mehr als 70 Frauen mit Migrations-hintergrund.
Die Deutsche Lebensrettungs-Gesellschaft (DLRG) ist in allen Ortsgruppen (Waldshut-Tiengen, Grömitz, Wolfsburg) mit Schwimmangeboten erfolgreich. Allein einen Sport zu betreiben oder zu erlernen, der Leben rettet, macht die teilnehmenden Migrantinnen stolz. Schwimmausbilderin-nen, die zum Teil selbst eine Zuwanderungsgeschichte haben, sind dabei hervorragende Vorbilder.
Der Deutsche Turner-Bund (DTB) kann in all seinen Vereinen von vollen Gymnastik-Kursen berichten. In jedem seiner Turnvereine hat der DTB zudem eine zentrale Ansprechpartnerin für Migrantinnen eingesetzt. Damit wird nicht nur Migrantinnen geholfen, sondern auch innerhalb des Vereins ein Zeichen gesetzt und das Verständnis füreinander auf beiden Seiten gefördert.
Die Sportjugend Berlin setzt auch auf die Kooperation von Schule und Sportverein. Judo als Sportangebot für Mädchen der dritten Klasse stößt auf große Begeisterung bei den Teilnehmerinnen. Im Anschluss daran erarbeiten die Mädchen unter Anleitung ein Theaterstück zum Thema ‚Gesundheitsverhalten‛ insbesondere während der Weihnachtszeit.
Der Deutsche Ju-Jutsu-Verband stellt sich in Berlin den Herausforderungen mit Mädchen und Frauen aus sozial schwierigen Milieus. Der Verband erkennt, dass die Kursinhalte (die zunächst mit Theorie beginnen) möglicherweise neu ausgerichtet werden müssen, um das Interesse der Frauen aufrechtzuerhalten. Der Todtglüsinger Ju-Jutsu-Sportverein (Todtglüsingen ist eine 3.200- Einwohner-Gemeinde in Niedersachsen) bindet hingegen die Frauen eng an den Verein. Die Frauen nehmen hier die Kurse gern an.
Lokale und kommunale Vernetzungsstrukturen
Wir finden in den Vereinen und Kursangeboten eine breite Vielfalt in der Zusammenarbeit mit sportfernen Partnerinnen und Partnern. Es erweist sich im Projekt als durchaus hilfreich nicht nur einenKooperationspartner pro Kursangebot zu haben. Der Aufbau einer festen und verlässlichen Zusammenarbeit mit mehreren Partnern führt einerseits zu einem anspruchsvollen und vielfältigen Kursangebot für die Teilnehmerinnen, andererseits gelingt hier das Zusammenspiel mehrerer Akteure, die bislang jeder für sich für und mit Migrantinnen gearbeitet haben. Die oft als problembehaftet empfundene Integrationsarbeit kann somit ressourcenschonend und wirkungsvoll gewährleistet und eine engere Verzahnung zwischen kommunalen Stellen, sozialen und kulturellen Diensten, Bildungsträgern oder Wohlfahrtsverbänden aufgebaut werden.
Der DTB beispielsweise rückt in Hanau mit seinen drei Vereinen eng zusammen. Sportvereine setzen sich oft Konkurrenzsituationen aus, nicht zuletzt aufgrund der Notwendigkeit, Mitglieder verstärkt zu gewinnen. In Hanau aber zeigen die drei Turnvereine, wie im Miteinander bestmögliche Rahmenbedingungen für die Kursangebote geschaffen werden können. Gemeinsam wollen sie ein Integrationskonzept entwickeln, bei dem die Fachbereiche Sport, Umwelt und Integration der Stadt Hanau, Stadtteilläden, Kindertagesstätten, Mädchencafés und andere Partner aktiv eingebunden werden sollen. Sport, Beratung und verschiedenste Hilfeleistungen sollen enger miteinander verknüpft werden, um Integrationsarbeit effektiver zu gestalten. Dabei gehen die Kooperationspartnerinnen und -partner dorthin, wo das Sportangebot stattfindet, während auch die Sportvereine die bestehenden lebensweltlichen Räume der Migrantinnen besuchen und auch Sporteinheiten vor Ort anbieten.