Menschenrechte im Sport – ein wenig beachtetes Thema

Das dsj academy camp der Deutschen Sportjugend befasst sich bei den Olympischen Jugendspielen in Buenos Aires u.a. mit dem Thema Menschenrechte.

Sylvia Schenk diskutiert mit Teilnehmenden des dsj academy camps über das Thema Menschenrechte. Foto: Jan Weckelmann
Sylvia Schenk diskutiert mit Teilnehmenden des dsj academy camps über das Thema Menschenrechte. Foto: Jan Weckelmann

Seit letzter Woche ist das dsj academy camp zu Gast in Buenos Aires. Die 25 mitgereisten jungen Engagierten konnten sich schon ein Bild von den Olympischen Jugendspielen machen, als sie am ersten Wettkampftag im Youth Olympic Park die Wettkämpfe im Fechten und Turnen verfolgten. Unter anderem der deutsche Turner Daniel Schwed, 16, aus Berlin freute sich, dass ihn bei seinem Qualifikationswettkampf das dsj academy camp lautstark anfeuerte.

Doch die friedliche und fröhliche Stimmung, die man an vielen Stellen in der argentinischen Hauptstadt spürt, ist ein starker Kontrast zur traurigen Geschichte des Landes: In den 1970er und 1980er Jahren herrschten hier mehrere Militärdiktaturen, in denen Menschenrechte kaum beachtet wurden. So wurden Andersdenkende verfolgt, entführt und vor allem „verschwinden“ gelassen. Über 10.000, vor allem junge politisch engagierte Bürger wurden damals entführt und getötet oder ihr Verbleib ist bis heute ungeklärt. Die Mitglieder einer Gruppe, die sich während dieser schwierigen Zeit in einer gewissen Weise gegen die Verbrechen der Regierung gestellt hat, waren jedoch im Vergleich recht alt: Gemeint sind die „madres de la Plaza del Mayo“, zu denen das dsj academy camp durch seine Unterbringung eine besondere Beziehung hat. Diese Bewegung am Anfang nur einiger, mit der Zeit aber immer mehr Mütter der sogenannten „desaparecidos“ (Verschwundene) hatte den dringenden Wunsch, den Verbleib ihrer verschwundenen Kinder zu erfahren und zeigten dies regelmäßig durch friedliche Demonstrationen auf dem zentralen Plaza del Mayo in der Innenstadt von Buenos Aires. Zur Vorbereitung ihrer Aktivitäten trafen sich die „madres“ damals heimlich in der jetzigen Unterbringung des dsj academy camps, der Casa Nazareth im Südwesten der Stadt als Teil des Gemeindezentrums Santa Cruz.

Schwere Jalousien, ein dicker Zaun sowie ein von außen nicht einsehbarer Innenhof zeigen, dass dieser Ort bis heute als ein diskreter Zufluchtsort für Verfolgte oder Angehörige dieser genutzt wird. Des Weiteren setzt sich das Gemeindezentrum für die nicht immer vollständig beachteten Rechte der indigenen Bevölkerung in Argentinien ein. Besonders interessant war die an manchen Stellen sehr emotionale Führung am Samstag durch das gesamte Areal des Gemeindezentrums mit der Leiterin Estíbaliz Madrazo, die den Teilnehmenden des academy camps die Hintergründe und Geschehnisse näher brachte. Als grüne Oase stellt die Casa für das dsj academy camp einen Rückzugsort dar, an dem man die Hektik der Großstadt gänzlich vergessen und sich wohlfühlen kann.

Am Montag hatte das dsj academy camp zudem die Menschenrechtsexpertin Sylvia Schenk, Leiterin der Arbeitsgruppe Sport bei Transparency International, zu Gast. In einer Diskussionsrunde mit den Teilnehmenden des academy camps berichtete sie, dass es auch heutzutage weltweit noch immer wieder zu Verletzungen der 1948 durch die UN festgesetzten Menschenrechte kommt. Seien es die Zerstörung von Favelas in Rio vor den Olympischen Spielen zum Bau von Sportanalagen oder die jahrelange Ausbeutung und Nichtbezahlung von Migrantenarbeiter auf den Stadionbaustellen in Qatar. Jedoch können zum Beispiel die Vergabe von Großveranstaltungen wie Olympische Spiele oder Fußballweltmeisterschaften in Länder mit Problemen solcher Art, eine Entwicklungshilfe zur Etablierung von demokratischen Strukturen wie Mitbestimmung durch Arbeiter und Bevölkerung sowie freie Meinungsäußerung ermöglichen. Zwar ist die Demokratisierung und Ausräumung von Menschenrechtsverletzungen keine kurzfristige Angelegenheit, sondern benötigt viel Zeit, Geld, Aufwand und den Willen der Beteiligten. Deutliche Verbesserungen konnten Menschenrechtsorganisationen wie Transparency International aber beispielsweise in Qatar erreichen: Hier werden Arbeiter nun kontinuierlich bezahlt, es haben sich Gewerkschaften und Betriebsräte gebildet und auch die Arbeitsbedingungen wurden deutlich verbessert.

Mit den neu erstellen Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte der UN werden zudem die Hürden für die Verletzung von Menschenrechten deutlich hochgesetzt. Dass die kommenden Ausrichter der Olympischen Spiele (ab 2024 Paris) diese Leitprinzipien verpflichtend umsetzen müssen, ist in jedem Fall eine gute Initiative des Internationalen Olympischen Komitees (IOC).

(Quelle: dsj, von Alexander Wawra und Paula Held)


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