Nachruf auf Holger Obermann

Der verstorbene Sportjournalist Holger Obermann war auch ein überaus geschätzter und engagierter Entwicklungsexperte, erinnert sich Johannes Curtius vom DOSB.

Holger Obermann verstarb am 30. Oktober 2021 im Alter von 85 Jahren. Foto: picture-alliance
Holger Obermann verstarb am 30. Oktober 2021 im Alter von 85 Jahren. Foto: picture-alliance

„In meiner Erinnerung an Holger Obermann steht an erster Stelle die große Menschlichkeit von Holger Obermann, die er in seinem Auftreten, aber insbesondere durch sein Handeln zeigte. Absolut integer, an der Sache interessiert, begeisterungsfähig und selbst andere begeisternd widmete er sich seinen Projekten. Dabei war er trotz seines hohen Ansehens und der beachtlichen Vita immer dezent und höchst bescheiden und stellte sich selbst nicht in den Vordergrund. Er war stets auf Ausgleich bedacht und hatte das Verbindende im Sinn. Die Menschen, mit denen und für die er arbeitete und für die er sich engagierte, waren ihm das Wichtigste.

Seine über 30 Projekte für den DOSB bzw. seine Vorgängerorganisation auf fünf Kontinenten haben Tausenden - insbesondere Mädchen und Jungen in den ärmsten Regionen der Welt - den Fußball näher gebracht und ihnen viel Freude und Hoffnung geschenkt.

Die Tätigkeit in Afghanistan ab 2003 sticht besonders hervor. Ein Projekt unter großer persönlicher Bedrohung und vielen Entbehrungen. Gemeinsam mit Ali Askar Lali, der Anfang der 1980er Jahre aus Afghanistan nach Deutschland geflüchtet war und sich als ehemaliger Nationalspieler und dann Trainer erfolgreich in Deutschland eine Existenz aufgebaut hat, wirkte Obermann beim Aufbau des Fußballs in Afghanistan nach Zurückdrängung der Taliban mit. Zunächst wurde in Kabul eine Liga aus Straßenfußballmannschaften gegründet, dann wurde der Schulfußball und in der Folge die Herren- und sogar eine Frauenfußball-Nationalmannschaft aufgebaut, mit besonderer Unterstützung mutiger Lehrerinnen und Schülerinnen, die zu den ersten Trainings kamen. Sogar einen einwöchigen Besuch der Weltfußballerin Birgit Prinz in Afghanistan konnte Obermann begleiten. Auch eine Premier League wurde in den Folgejahren etabliert. 2013 war der Erfolg dieser Aufbaumaßnahmen im sensationellen Gewinn der Südasienmeisterschaft durch die afghanische Herren-Nationalmannschaft sichtbar, die große

Euphorie im Land auslöste. Gemeinsam mit Ali Askar Lali und Klaus Stärk hatte Obermann einen großen Anteil an diesen Entwicklungen in dem fortgesetzt von Kriegen und Terror erschütterten Land. Bei dem Raketenbeschuss eines Hotels in Kabul, in dem Obermann und Lali gerade zur Vorbereitung eines Länderspiels bei einer Sitzung waren, sind sie nur knapp mit dem Leben davongekommen.

In seinem schönen Buch „Mein Fußball hatte Flügel“ widmet Obermann den Einsätzen in folgenden Ländern eigene Kapitel: Gambia, Sri Lanka, Nepal, Taiwan, Afghanistan, Malaysia, Pakistan, Osttimor und Kamerun.

Nach dem Ende seiner beruflichen Tätigkeit als Fußball-Auslandsexperte hat er sich noch vielfach privat engagiert. Beispielhaft war hier das Engagement in Nepal. Nachdem er dort bereits in einem Fußball-Langzeitprojekt von 1991-1995 gewirkt hatte, unterstütze er das Land stark in den letzten Jahren seit den verheerenden Erdbeben im April und Mai 2015. Holger Obermann hat seit 2015 unermüdlich Spenden gesammelt, ist selbst mehrfach nach Nepal gereist, hat dort ein Jugend-Fußballzentrum im Erdbebengebiet aufgebaut und diverse Vereine, Verbände, Stiftungen und private Unterstützer gewonnen. Auch unser Ressort hat diese Einsätze mehrfach im Rahmen der Möglichkeiten unterstützt. Sein unermüdlicher Einsatz in zahlreichen Ländern der Welt und seine große Gabe, den Fußball den Menschen zu schenken, wird unvergessen bleiben. Wir vom Ressort Internationales verneigen uns und werden ihm ein ehrendes Andenken bewahren.“

(Autor: Johannes Curtius, DOSB Ressort Internationales)


  • Holger Obermann verstarb am 30. Oktober 2021 im Alter von 85 Jahren. Foto: picture-alliance
    Holger Obermann verstarb am 30. Oktober 2021 im Alter von 85 Jahren. Foto: picture-alliance