Nachwuchsleistungssport im Brennpunkt der aktuellen Leistungssport-Ausgabe

Die aktuelle Ausgabe der vom Deutschen Sportbund herausgegebenen Fachzeitschrift Leistungssport befasst sich schwerpunktmäßig mit dem Nachwuchs-leistungssport. In zahlreichen Beiträgen aus den Perspektiven der Sportwissenschaft wie auch der Leistungssportpraxis werden Antworten auf folgende Fragestellungen gegeben:

 

 

  • Wie finden wir reale sportliche Talente?
  • Wie entwickeln wir sportliche Talente?
  • Wie gelingt es uns, Erfolge im Nachwuchsbereich kontinuierlich in den Erwachsenen-bereich zu übertragen?

Grundsätzlich zeigen sich heute besorgniserregende gesell-schaftliche Trends, die von den Akteuren im Leistungssportsystem relativ unbeeinflussbar sind. Dass die demografische Entwicklung durch die Trainerinnen und Trainer nur bedingt forciert werden kann, indem sie sich aktiv in die „Brutherstellung und -pflege“ einbringen, leuchtet ein. Ebenso ist das permanente Anwachsen allgemeiner Bewegungsdefizite von Kindern und Jugendlichen aus dem Sportsystem heraus nur schwer zu stoppen.

 

<typolist>

Verändertes Freizeitverhalten mit Computer und Fernsehen statt Bewegung und Spiel,

die Misere des Schulsports, wie von der aktuellen SPRINT-Studie verdeutlicht,

konkurrierende Freizeitangebote, die im Vormarsch sog. Fun-Sportarten gip-feln,

die verminderte gesellschaftliche Akzeptanz für Eliten jeglicher Couleur,

die Ablehnung der Sporteliten aufgrund selbst verschuldeter Auswüchse (Stichwort Doping),

der grundsätzliche Widerstand des dem Leistungssport zugrunde liegenden Konkurrenzmodells –

</typolist>

dies sind nur einige äußere Faktoren, die das Reservoir potenziell sportbegeisterter Kindern, für die eine Betätigung mit leistungssportlicher Ausrichtung infrage käme, spürbar ausdünnen.

 

Um so wichtiger ist es, sich den inneren Faktoren, die im Einflussbereich des Sports liegen, zuzuwenden und diese zu optimieren. Die gebetsmühlenartig formulierte Forde-rung nach einer systematischen Talentsichtung und –auswahl muss endlich umgesetzt werden. Dies ist dringender denn je zuvor, denn die Zeiten, in denen wir vom Prinzip Zufall profitieren konnten, sind in den meisten Sportarten vorüber. Nur wirkliche Talente, denen die Begabung für den Leistungssport in die Wiege gelegt worden ist, werden den Weg an die internationale Spitze schaffen. Schweiß kann Talent nicht ersetzen, aber ohne ausreichende Trainingszeiten und ein entsprechendes Betreuungsumfeld wird auch das größte Talent sein anlagebedingtes „Saatgut“ nur ungenügend entwickeln und nicht zur vollen Reife bringen (siehe hierzu die Beiträge von Hagedorn, Schmidt, auszugsweise auch Pfaff/Altenburg in dieser Ausgabe).

 

Den ausgewählten Talenten – die sich in der Regel aus unseren Sportvereinen rekru-tieren - sind wir schließlich verpflichtet, angemessene Rahmenbedingungen für die Ausübung ihrer Sportart zur Verfügung zu stellen (siehe hierzu den Beitrag von Güllich et al.). Hierzu zählt in erster Linie die planmäßige Durchführung und Steuerung des Trainings mittels qualifizierter Trainerinnen und Trainer nach dem neusten wissenschaftlich fundierten Kenntnisstand. Die „Produktion“ sportlicher Spitzenleistungen nach einer einfältigen „Immer früher, immer mehr“-Strategie scheint zum Scheitern verurteilt. Die Realität ist weitaus komplexer und erfordert die Berücksichtigung eines ganzen Bündels von Erfolgs-/Misserfolgsfaktoren (siehe hierzu die Beiträge von Sandig et al., Weber, Tilp et al.). Eine ganzheitliche Vorbereitung erfordert ab einem bestimmten Level neben dem Training eine qualifizierte Betreuung auf sportmedizinischem, sportphysiotherapeutischem, trainingswissenschaftlichen und sportpsychologischen Sektor. An den Olympiastützpunkten wird dieser Service für die Bundeskader bereitgestellt. Die Fürsorge für unsere Talente darf sich aber nicht ausschließlich auf die sportliche Entwicklung der Athletinnen und Athleten konzentrieren. Die schulische und berufliche Laufbahn ist gleichermaßen bedeutsam. In der Absicherung der dualen Karriere besteht im Vergleich zu anderen Sportnationen nach wie vor großer Nachholbedarf, der gedeckt werden muss (siehe hierzu die Beiträge von Willrett et al. und Tabor/Schütte).

 

Die Redaktion und das Redaktionskollegium möchten mit der Herausgabe dieses Schwerpunkthefts über den Nachwuchsleistungssport dazu beitragen, die Diskussion zur ganzheitlichen Leistungsentwicklung von Kindern und Jugendlichen weiter zu for-cieren. Sie hoffen, mit den ausgewählten Beiträgen dieser Ausgaben, die sowohl aus dem Bereich der Wissenschaft wie auch dem der Praxis stammen, auf Ihr geschätztes Interesse zu stoßen. Sie wünschen viele Anregungen bei der Lektüre und sehen dem Dialog mit Ihnen wohlwollend entgegen. Ihre Meinungsäußerungen zu all den behan-delten Themen sind nicht nur gestattet, sondern erwünscht.

 

Weitere Informationen zu dieser Zeitschrift unter www.leistungssport.net.