NADA schnürt Änderungspaket für die Reform des Welt-Antidoping-Codes

Die Nationale Antidoping-Agentur (NADA) hat gemeinsam mit dem Bundesinnenministerium und dem DOSB Vorschläge und Änderungswünsche für die Reform des Welt-Antidoping-Codes (WADC) und der Ausführungsvorschriften eingebracht.

Wie die Stiftung in Bonn mitteilt, wäre es wichtig, dass die in Montreal ansässige Welt-Antidoping-Agentur (WADA) als zentrale, weltweit tätige Institution stärker als bisher Empfehlungen für die Einführung von Blutprofilen, Sportlerpässen und ähnlichem gibt. Die NADA könnte sich vorstellen, dass als Konsequenz internationale Meisterschaften vorübergehend nicht an Länder vergeben werden, die derartige Empfehlungen nicht beachten, heißt es in einer Presseinformation.

 

Klare Regelungen erwartet die NADA darüber, wie sich vorläufige Suspendierungen bei positiven A-Proben auswirken, um eine Ungleichbehandlung von Athleten verschiedener Nationen zu vermeiden und die sanktionierenden Organisationen vor möglichen Schadenersatzansprüchen zu bewahren. Allerdings sollten Einzelfallbehandlungen „in diesem sensiblen Bereich“ zugelassen werden. Weiter heißt es: Dem Athleten sollte vor Ausspruch einer vorläufigen Suspendierung zwingend die Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt werden. Der WADC beinhalte überdies keine Regelung vor der Rückkehr in den aktiven Sport; im Gegensatz dazu sehe der NADA-Code eine Meldung neun Monate vor Rückkehr vor. Zudem sollte auch eine Mindestzahl an Kontrollen vorgeschrieben werden, denen sich ein Athlet vor seiner Rückkehr in den aktiven Sport unterziehen muss. Und der Athlet sollte auch nachträglich noch sanktioniert werden können, wenn Dopingverstöße, die er während seiner aktiven Laufbahn begangen hat, im nachhinein aufgedeckt werden.

 

Weiterer Neuregelungsbedarf: Der WADC unterscheidet bisher nicht zwischen Erwachsenen und Heranwachsenden/Jugendlichen. Nach NADA-Ansicht wäre es wichtig, dass – ähnlich wie im Strafrecht – für die junge Generation ein geringerer Strafrahmen möglich sein könnte – „abhängig von Alter, Einsichtsfähigkeit, Zurechnungsfähigkeit und Abhängigkeit von Trainer, Betreuern und Eltern“. Die NADA setzt sich weiter dafür ein, eindeutige Verfahren für die Erteilung der medizinischen Ausnahmegenehmigungen („Therapeutic Use Exemptions“/TUE) zu entwickeln und empfiehlt eine TUE-Zertifizierung. Vor allem aber sollten die Ausnahmegenehmigungen gegenseitig anerkannt oder zwingend Informationen ausgetauscht werden.

 

Die NADA schreibt: „Es ist der berechtigte Wunsch der deutschen Sportler, dass der Antidoping-Kampf weltweit vereinheitlicht wird, um gleiche Chancen für alle zu schaffen. Unter anderem aus diesem Grund steht derzeit die Revision des WADC und der „International Standards for Testing“ (IST) an; beides soll im November verabschiedet werden. Der überarbeitete WADC soll vor allem eine Harmonisierung der Antidoping-Regeln und eine Konkretisierung der Dopingkontrollabläufe schaffen. Die IST gelten künftig verbindlich für alle Nationalen Antidoping-Organisationen, während der WADC Raum lässt und Raum lassen muss für die unterschiedlichen Anforderungen der unterschiedlichen Systeme.“

 

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DOSB PRESSE HINTERGRUND UND DOKUMENTATION VI Nr. 36/04.09.2007

 

„Zum Beispiel ermittelt und sanktioniert die gut ausgestattete französische Agentur in allen Dopingfällen, während in Deutschland sowohl Ermittlungs- wie auch Sanktionshoheit derzeit bei den Verbänden liegen. Andere Agenturen machen Trainings- und Wettkampfkontrollen, während die NADA die Trainingskontrollen organisiert, aber die Wettkampfkontrollen in den Händen der Veranstalter und/oder der Verbände liegen. Auch die NADA hat den Stiftungsauftrag, auch die Wettkampfkontrollen zu organisieren, das ist aber bei der derzeitigen Ausstattung noch nicht umsetzbar.“

 

Die NADA begrüßt in ihrer Erklärung ausdrücklich, dass „die bisher unzureichenden Regelungen im WADC und in den IST“ wegen der Meldepflichten nunmehr klarer und schärfer gefasst werden sollen. „Der NADA-Code sanktioniert diese Verstöße härter als WADC/IST“, heißt es von der Stiftung. Künftig solle nach dem globalen Regelwerk die Mindeststrafe bei Meldepflichtverstößen von bisher drei Monaten auf ein Jahr erhöht werden – „allerdings gilt nach wie vor erst der dritte Verstoß innerhalb von 18 Monaten als sanktionspflichtiger Erstverstoß“, schreibt die NADA. Im Gegensatz dazu: „Der NADA-Code sieht hingegen bereits jetzt eine öffentliche Verwarnung beim ersten Verstoß, drei Monate Sperre beim zweiten und ein Jahr Sperre beim dritten Verstoß innerhalb von 18 Monaten vor. Die härtere Sanktionierung durch den NADA-Code hat ihren Grund darin, dass die Effektivität des Trainingskontrollsystems in Deutschland mit einer sehr großen Anzahl von Athleten nicht gefährdet werden soll. Die Erstsanktion durch eine öffentliche Verwarnung soll den Athleten vor der Begehung weiterer Meldepflichtverstöße abschrecken, ihn aber im internationalen Vergleich nicht unverhältnismäßig benachteiligen.“

 

In den neuen Durchführungsbestimmungen des IST soll auch vorgesehen werden, dass Athleten des „Registered Testing Pools“ grundsätzlich sechzig Minuten pro Tag für Dopingkontrollen verfügbar sein müssen. Zeit und Ort soll der Sportler vierteljährlich im voraus angeben. Wird er während der von ihm angegebenen Stunde am angegebenen Ort von den Kontrolleuren nicht angetroffen, soll zukünftig ein Meldepflichtverstoß angenommen werden. Die NADA-Stellungnahme hierzu: „Diese Regelung erleichtert zwar die Justitiabilität eines Verstoßes; doch effektiv sind Dopingkontrollen nur dann, wenn der Athlet unangekündigt kontrolliert werden kann. Zwar sehen die IST vor, dass der Athlet auch in den restlichen 23 Stunden kontrolliert werden kann, aber er wird nicht sanktioniert, wenn er nicht angetroffen wird, und kann sich also ungestraft allen Kontrollversuchen außerhalb der angegebenen Stunde entziehen. Aus deutscher Sicht ist die derzeitige Abmeldepflicht bei einer Abwesenheit von mehr als 24 Stunden vom gewöhnlichen Aufenthaltsort diesem Verfahren vorzuziehen. Denn die NADA sorgt sich, dass sonst die Effektivität von Dopingkontrollen zurückgeschraubt wird.“

 

Es sollte also gewährleistet sein, dass der Athlet nicht nur zur verabredeten Zeit von einer Stunde für unangemeldete Kontrollen zur Verfügung steht. Die Ein-Stunden-Regelung könnte „ausschließlich der Abschreckung und nicht der Aufdeckung“ dienen. Fraglich sei somit, „ob diese Abschreckungsfunktion die hohe Anforderung an einen Athleten rechtfertigt. Schließlich muss er den 60-Minuten-Zeitraum und -Ort vierteljährlich im voraus für jeden Tag abgeben.“