Bei der ersten Lesung über den von der Bundesregierung vorgelegten Nationalen Integrationsplan sagte der Parlamentarier aus Berlin-Spandau im Deutschen Bundestag weiter: „Integration gelingt - jeden Tag, überall im Land. Besonders erkennbar ist das im Sport.“ Deshalb sei dem Sport im Nationalen Integrationsplan zu Recht ein eigenes Kapitel gewidmet worden. „Doch seine Integrationskraft entwickelt sich nicht quasi automatisch. Wir erleben - zum Glück sehr selten -, dass es bei Sportereignissen zu Gewalt und zu rassistischen Vorfällen kommt. Dem treten wir mit dem organisierten Sport gemeinsam entgegen.“
Dabei gelte es bei allen Anstrengungen, „kulturelle und soziale Barrieren“ aufzuknacken. „Muslimische Mädchen etwa würden gerne häufiger Sport treiben“, sagte das Mitglied des Bundestags-Sportausschusses. „Es gibt Eltern, nicht nur ausländischer Herkunft, die sich den Sport der Kinder nicht so recht leisten können. Diese Probleme müssen wir angehen. Es muss möglich sein, dass alle Bürger Sportangebote wahrnehmen können. Wir müssen niedrigschwellige Angebote machen, die Sportvereine sensibilisieren und Migranten in die Organisation von Sport einbeziehen. Wir brauchen Teilhabe durch Sport, und deswegen müssen wir Teilhabe im Sport organisieren.“
Der SPD-Abgeordnete akzentuierte, es dürfe „nie vergessen“ werden, „dass der Sport vor allem von den vielen Ehrenamtlichen gestaltet wird. Deren Engagement ist von unschätzbarem Wert.“ Allerdings seien dem Ehrenamt „gewisse Grenzen“ gesetzt: „Wir müssen die Leute auch vor einer Überbeanspruchung schützen. Manchmal kommt ein Jugendtrainer bei bestimmten Problemen oder Konflikten nicht mehr weiter. Da ist Hilfe von außen nötig. Deshalb ist eine bessere Verzahnung von Sportförderung und anderen Programmen, etwa zur sozialen Stadtentwicklung, sinnvoll.“ Schulz stellte als Erfolgsprojekt den deutsch-türkischen Treff im Kreuzberger Wasserturm heraus: „Über den Sport kommen dort die Mitarbeiter mit den Jugendlichen in Kontakt. Sie helfen für die Schule, betreiben Sprachförderung, bieten Berufsorientierung an und haben einfach einmal ein offenes Ohr für Probleme.“ Sport biete allerdings auch Wertevermittlung, sagte der Abgeordnete: „Sport fördert die geistige Leistungskraft. Das sollte übrigens auch manchem von uns hier im Saal zu denken geben.“ Der Landessportbund Berlin betreibe Kindertagesstätten, in denen es zu einer Verbindung von Bewegung und Spracherwerb komme. „Da sind weiterer Ausbau und Unterstützung nötig“, betonte Swen Schulz und forderte eine Ausweitung des Sportunterrichts: „Schüler, die mehr Sportunterricht haben, werden in anderen Fächern besser.“ Die tägliche Sportstunde wäre ein starker Beitrag zur Integrationsförderung.
Zuvor hatte Dr. Maria Böhmer, Staatsministerin im Bundeskanzleramt, betont, dass in Deutschland mehr als 15 Millionen Menschen aus Zuwandererfamilien lebten - „ein Fünftel der Bevölkerung“. Die CDU-Politikerin: „Die Integrationsprobleme haben in den vergangenen Jahren zugenommen. Es gibt Menschen aus Zuwandererfamilien, die nicht genügend deutsch sprechen. Sie schneiden in Bildung und Ausbildung schwächer ab. Sie sind häufiger arbeitslos. Darunter sind viele - viel zu viele - junge Menschen. Wir können es uns nicht leisten, dass es in unserer Gesellschaft eine verlorene Generation gibt.“ Hartmut Koschyk (CDU/CSU) unterstrich, Integrationsprojekte böten
„ein weites Feld für bürgerschaftliches Engagement“: „Gerade mit dem Sport verbinden sich große Chancen für mehr Integration der Menschen in Deutschland. Das gilt für den Spitzensport; das gilt aber auch für den Breitensport. Wir freuen uns, wenn Gerald Asamoah und David Odonkor erfolgreich in unserer Nationalmannschaft stürmen, aber ich sage auch sehr bewusst: Kein Platz in einer deutschen Auswahlmannschaft sollte für einen Nationalspieler sein, der nicht spielen will, wenn ein Spiel in Israel ansteht. Das nicht hinzunehmen, ist auch ein Beitrag zur Integration in Deutschland.“
Der Nationale Integrationsplan stellt heraus, die Entwicklung von zielgruppengerechten Angeboten spiele vor allem bei jungen Frauen und Mädchen mit Migrationshintergrund eine sehr wichtige Rolle. Erfahrungsgemäß seien sie „meist nur über eine persönliche Ansprache erreichbar und nehmen Angebote oftmals nur dann wahr, wenn die Familie in ihrer Gesamtheit angesprochen wird.“ Überhaupt biete eine enge Zusammenarbeit mit Migrantenvereinen, etwa Kulturklubs und religiöse Vereine, Möglichkeiten, Migranten beiderlei Geschlechts zu erreichen, „um das Bewußtstein für die Bedeutung des Sports zu erhöhen“. Insgesamt müssten öffentliche Hand und Sport ihre Integrationsarbeit mit „einer durchdachten und breit angelegten Öffentlichkeitsarbeit begleiten“.
Angekündigt wird, das Thema „Integration in und durch den Sport“ als Forschungsschwerpunkt beim Bundesinstitut für Sportwissenschaft zu verankern. Beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge soll eine Informationsplattform geschaffen werden, um sportliche Integrationsprojekte aufzulisten. Die Kampagne „Forum Integration. Wir machen mit“ wird in Kooperation mit dem Sport Plakataktionen starten. Daneben soll das Programm „Integration durch Sport“ einem Prozess der Qualitätssicherung unterzogen werden: Mit den Landessportbünden sollen Zielvereinbarungen abgeschlossen werden, der DOSB solle sich verpflichten „nach einer Erprobungsphase die bundesweite Umsetzung in 2008 sicherzustellen“. Weiter heißt es: „Um das hohe sozial-integrative Potenzial des Sports stärker zu nutzen, will sich der DOSB dafür einsetzen, dass die Zusammenarbeit zwischen den Programmen ‚Soziale Stadt’ und ‚Integration durch Sport’ verbessert wird. Ziel ist es, wohnortnahe Sport- und Bewegungsangebote vor allem in sozial benachteiligten Stadtteilen zu fördern und zu etablieren.“ Der DOSB werde eine Kooperationsplattform aufbauen und den Austausch zwischen den beiden Programmen intensivieren.