Neugier auf die sozialen Netzwerke im Internet

Der Freiburger Kreis nimmt bei seinem Frühjahresseminar die neuen Möglichkeiten der Kommunikation im internet unter die Lupe.

Fans halten durch Facebook Kontakt zu ihrem Verein. Foto: picture-alliance
Fans halten durch Facebook Kontakt zu ihrem Verein. Foto: picture-alliance

Soziale Netzwerke bergen ein Riesenpotential, zugleich jedoch reichlich Risiken. In diesem Spagat bewegte sich das Frühjahresseminar des Freiburger Kreises (FK), der Arbeitsgemeinschaft größerer deutscher Sportvereine, am 5. Mai bei der SG Kaarst. Es herrschte einerseits große Neugier, was die weltweiten Kommunikationsplattformen zu leisten im Stande sind. Aber auch Bedenken und Befürchtungen wurden offenbar, die das Leitmotiv des FK-Talk auf den Punkt brachte: "Mein Verein bei Facebook - Anfang vom Ende der persönlichen Vereinsgemeinschaft?"

"Die Individualgesellschaft im Internet kennt eigentlich keine Grenzen mehr", bilanzierte Florian Frank, Mitglied der Geschäftsleitung der New Media GmbH des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) in Frankfurt. Sein informativer Streifzug durch die Welt der Blogs, Twitter (Mikro-Blog, begrenzt auf 140 Zeichen), Facebook oder You-Tube (Video-Plattform) und andere "Familien" im Netz, die kostenlos sind und sich durch Werbung finanzieren, gipfelte in dem Satz: "Alles was sich nicht verbietet, ist erlaubt."

Dabei reagiert die Netzwerker-Gesellschaft rasant schnell, aktuell, trendy sowie höchst emotional und mobilisiert die Massen rund um den Globus und die Uhr: Allein Facebook bilanziert 650 Millionen User (Nutzer). Frank nannte weitere Zahlen: 14 Prozent der Nutzer ab 14 Jahren surfen täglich im Netz. In der Altersgruppe 14 bis 40 Jahre kontaktieren 96 Prozent mindestens ein soziales Netzwerk. 2,8 Millionen Twitter (Zwitscherer) in Deutschland bewegen sich im Monat bis zu acht Stunden in der virtuellen Welt. Soziale Netzwerke sind die Domäne der Jugend und der Männer. "Bei den Frauen wächst die Gruppe ab 66 Jahre am stärksten." Facebook lebt von der schnellen Kommunikation. Die Homepage im Internet betont Information.

"Früher lief der Mensch zu Information, heute läuft die Information zum Menschen." Für Ralf Kamp (Jahn Rheine), Moderator des Abend, ist das elektronische Gezwitscher den Versuch wert. "Der Verein lebt von Mund-zu-Mund-Propaganda. Wir leben ja davon, dass über uns geredet wird. Es geht um Emotionen, wir stehen im Verein für Emotionen." Nun also im Netz.

Vereine als größte soziale Netzwerke

Florian Frank erlebt täglich: "Die Plattformen entwickeln eine Art Selbstregulierung ohne feste Regeln, Kommentare und Gefühlsoffenbarungen in den skurrilsten Formen überwiegen Fragen, Kritik oder unflätige Beschimpfungen. Dennoch bergen Datenschutz, Haftung, rechtliche Verantwortung und Urheberrecht (bei Bildern und Filmen), Quellen und Quellenangaben Risiken, die Vereine und Vorstände nur schwer überschauen. Die Kehrseite der Offenherzigkeit. Nirgends gibt es eine größerer Grauzone als im Internet."

Der DOSB arbeitet daran, Werkzeuge zu entwickeln, die praktische und juristische Orientierung bieten sollen. Florian Frank: "Sport - dafür gibt es keine sozialen Netzwerke in Deutschland." Eigentlich sind die Vereine das größte soziale Netzwerk, das der Sport kennt - nicht virtuell oder anonym sondern live. Frank: "Wir wollen den Sport auch in der digitalen Welt stärken." Und er nannte den Namen, unter dem das künftig geschehen soll: Splink.

Facebook als Vereinsmarketing

Im FK-Talk traten Praktiker auf wie Jörn Lucas, Geschäftsführer des MTV Lüneburg, und Geschäftsführer Jürgen Joost von Sport-ID, der Internet-Lösungen für Sportvereine anbietet. Lucas beginnt den Arbeitstag mit dem Studium der Plattformen VZ-Familie und Facebook. Kommentare, Stellungnahmen, Informationen oder die Verknüpfung von Nachrichten in den Medien gehören zu seinem Geschäft. Joost: "Die Mitglieder sind dort, ob es uns passt oder nicht. Wenn sie sowieso da sind, wie hole ich sie da ab. Die Inaktiven kriegt man auf diesem Wege nicht. Warum dieses Feld ignorieren, man muss ja Facebook nicht gut finden."

Florian Frank betonte: "Das Geheimnis von Social Media ist in der Tat, dass Inhalte geteilt werden." Kleine Häppchen, Bilder, Filmsequenzen. Das beschert Präsenz, Aufmerksamkeit, größere Akttraktivität und schnelle Kommunikation. Joost begreift Facebook auch als Vereinsmarketing im Wettbewerb mit der Konkurrenz und kommerziellen Anbietern und Freizeit-Offerten. Junge Leute können als Projekthelfer für Vorstandsarbeit begeistert werden. Der Schneeballeffekt lässt sich messen. Wer nicht drin ist in der "Familie", fühlt sich schnell ausgeschlossen.

Einstieg und Umsetzung, da wussten die Experten keine Rezepte. Frank riet: "Erst mal zuhören und reinhören." Dennoch braucht es eine Strategie, vielleicht ein Projektteam oder Fachpersonal. Auf jeden Fall einen Plan, Regeln und Grenzen. Kommunikation ist Chefsache im Verein, wegen der Haftung und des Datenschutzes. Die Konzentration auf eine Plattform (Facebook) schafft Orientierung. Dass Vereinsmitglieder und Facebook-Nutzer auf pfiffige Informationen, geschickte Darstellung und kluge Ideen fliegen, davon wussten die Talk-Experten zu berichten. Aber es gibt weiterhin Skeptiker. Siegmar Thieme, Schatzmeister der SG Kaarst, gewann beim ersten Einblick in Facebook die Erkenntnis: "Das ist 'ne Community von Schwachsinnigen."

(Autor: Hans-Peter Seubert)

Wolfgang Heuckmann ist neuer Vorsitzender des Freiburger Kreises

 

Wolfgang Heuckmann (Paderborn) heißt der neue Vorsitzende des Freiburger Kreises (FK). Beim Frühjahrsseminar übernahm der 62 Jahre alte Studiendirektor an einem Gymnasium die Regie von Silvia Glander (66/TV Ratingen), die nach 14 Jahren Vorstandsarbeit, acht davon an der Spitze, nicht mehr kandidierte. Heuckmanns Amt als zweiter Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft, die 162 Vereine und 750.000 Mitgliedschaften vertritt und 2014 vierzig Jahre alt wird, übernahm Jörg Bergner (44), Geschäftsführer des TV Erlangen.

"Ich glaube, dass der Vereinssport in den nächsten Jahren einen schwierigen Weg gehen wird", sagte Heuckmann in seiner Antrittsrede. Bevölkerungsrückgang, Migration und Integration, die flächendeckende Ganztagsschule, Sportstätten-Misere (42 Milliarden Euro Sanierungsstau) und Förderung des Ehrenamts nannte er dringliche Baustellen. Gleiches gelte für die Verknüpfung von Schul- und Vereinssport. Heuckmann sieht die Großvereine auch beim Sportanlagen-Management in der ersten Reihe: "Wir können es in vielen Fällen besser, als die Kommunen. Wir sind auch bereit, aber die Rahmenbedingungen müssen stimmen." Kommunen leisten mit jährlich drei Milliarden Euro 80 Prozent der Sportförderung."


  • Fans halten durch Facebook Kontakt zu ihrem Verein. Foto: picture-alliance
    Fans halten durch Facebook Kontakt zu ihrem Verein. Foto: picture-alliance