Nicht nur der Sport hat Probleme mit G 8 und Ganztagsschulen

Probleme mit der derzeitigen Schulpolitik gibt es nicht nur bei den Sportvereinen, hat DOSB-Autor Friedrich Mevert festgestellt.

Vielen Schülern bleibt neben der Schule kaum noch Zeit für andere Aktivitäten. Foto: LSB NRW
Vielen Schülern bleibt neben der Schule kaum noch Zeit für andere Aktivitäten. Foto: LSB NRW

Im letzten bundesweiten Opens internal link in current windowSportentwicklungsbericht 2011/12 beklagen bis zu 40 Prozent der Klubs, dass für sie die Ganztagsschule und das G 8 „eher eine Gefahr als eine Chance für die Entwicklung“ bedeuten. Der Präsident des Fußballverbandes Rheinland, Walter Desch, drückte sich bei einer Tagung des Landessportbundes Rheinland-Pfalz über die ansteigende Problematik in seinem Land sehr deutlich aus: „Wir gehen kaputt und mit uns viele kleine Vereine!“ Doch es geht über den Sport hinaus.

Im hannoverschen Stadtteil Wettbergen beklagten kürzlich zwei Pastoren der evangelischen Kirchengemeinde, dass im Rahmen ihres Jugendprogramms zwei Mädchengruppen wegen der schulischen Belastungen aufgelöst werden mussten. Der Landesmusikrat Niedersachsen veranstaltete Anfang November einen Kongress mit dem fordernden Thema „Mehr Zeit für Musik!“ Der Generalsekretär sagte in einem Interview: „Wer heute erst um 16.00 Uhr aus der Schule kommt und dann noch Vokabeln lernen muss, der hat erst um 17.30 Uhr Zeit für Musik.” So sei die Teilnehmerzahl am Wettbewerb „Jugend musiziert” um 20 Prozent zurückgegangen.

Aber auch von unerwarteter Seite wird Alarm geschlagen: von den Arbeitgeberverbänden. Hauptgeschäftsführer Volker Schmidt von Niedersachsen Metall, dem größten Arbeitgeberverband im Norden, betonte: „Personalleiter unserer Unternehmen beklagen reihenweise, dass in Folge der verkürzten Schulzeit Allgemeinbildung, Persönlichkeitsentwicklung und Kreativität auf der Strecke bleiben und für viele Bewerber die Anforderungen des Berufslebens offenbar zu früh kommen. Man wisse auch, wie hoch die Unternehmen die in Vereinen und Jugendorganisationen erworbenen Fähigkeiten schätzten. Deswegen, so Schmidt weiter, „kann es uns als Arbeitgeberverbänden nicht gleichgültig sein, wenn die Jugendarbeit verkümmert. Denn unsere Gesellschaft ist auf Gemeinschaft und auf ehrenamtliches Engagement angelegt!”

Schulamtsdirektor Paul Rupp aus Mainz sagte bei der LSB-Tagung in Rheinland-Pfalz, an der auch Vertreter der Kirchen, des Landesmusikrates und Elternbeiräte teilnahmen: „Der Schüler ist heute 40 Stunden in der Schule gebunden. Die Schule wird für ihn faktisch zum Lebensraum!”

Nachdem sich Ende September die Sportministerkonferenz der Länder (SMK) und Ende Oktober die Konferenz der Landessportbünde mit „Sport und Ganztag” befassten und „erhebliche Veränderungen bei der zeitlichen Beanspruchung von Kindern und Jugendlichen” (SMK-Vorsitzender Boris Rhein) konstatierten, wäre es dringend geboten, dass beide Konferenzen dieses Problem gemeinsam mit den Schulpolitikern der Kultusministerkonferenz beraten, welche Lösungen es gibt, damit die bisher von der Politik so hoch geschätzte Jugendarbeit im Sportverein nicht in den kommenden Jahren wirklich zu einem Auslaufmodell wird.


  • Vielen Schülern bleibt neben der Schule kaum noch Zeit für andere Aktivitäten. Foto: LSB NRW
    Vielen Schülern bleibt neben der Schule kaum noch Zeit für andere Aktivitäten. Foto: LSB NRW