NOK-Bilanz-Pressekonferenz mit Dr. Klaus Steinbach und DSB/BL-Chef Ulrich Feldhoff

Foto: Dr. Klaus Steinbach. Copyright dpa/picture-alliance
Foto: Dr. Klaus Steinbach. Copyright dpa/picture-alliance

Dank an die Mannschaft und alle Partner

Bei der offiziellen NOK-Abschluss-Pressekonferenz zu den Olympischen Spielen in Athen sprach NOK-Präsident Dr. Klaus Steinbach von hervorragenden Spielen und dankte Griechenland als gutem Gastgeber. Darüber hinaus verlieh er seiner Freude über das Auftreten der deutschen Olympiamannschaft Ausdruck, die das Land würdig vertreten haben.

 

Ulrich Feldhoff, Vizepräsident Leistungssport des DSB, bedauerte, dass die deutsche Olympiamannschaft gesteckte Ziele nicht erreicht habe. In sportlicher Hinsicht seien die Aktiven Asiens, insbesondere Chinas und Japans, Gewinner der Spiele, während die Sportlerinnen und Sportler Europas, neben Deutschland auch Großbritanniens, Frankreichs, Italiens und Spaniens, an Boden verloren hätten.

 

Die deutsche Olympiamannschaft habe ein starkes und über weite Teile überzeugendes Ergebnis abgeliefert, bilanzierte der Chef de Mission der deutschen Olympiamannschaft, Dr. Klaus Steinbach. "Ebenso müssen wir aber auch festhalten, dass es Mannschaftsteile gab, die die Erwartungen nicht erfüllten konnten", sagte Steinbach. Die Endkampfteilnahme, Kriterium zur Nominierung für die Olympiamannschaft, sei im Durchschnitt nur von 55% der Aktiven, in der Leichtathletik gar nur von 20% der Sportlerinnen und Sportler erreicht worden.

 

Dennoch sei die Zielsetzung zu den TOP 5 der erfolgreichsten Sportnationen zu zählen, nach der Anzahl der Medaillen erreicht worden. Positiv bilanzierte Steinbach das Abschneiden der Spielsportarten sowie der Zweikampfsportarten Judo, Boxen und Fechten (Mannschaft). Im Bereich Wassersport habe die Teilmannschaft Kanu das erfolgreichste Teilergebnis überhaupt beigesteuert, während die Ruderer den eigenen Erwartungen entsprochen und die Schwimmer zum Teil hinter diesen zurückgeblieben seien. Ansprechend Leistungen habe es darüber hinaus beim Schießen, Radsport (insbesondere Bahn) und Reiten gegeben. Im Bereich Turnen seien insbesondere die Medaillen im Trampolinspringen zu erwähnen. Unter den Schwächen subsumierte Steinbach die Ergebnisse der Teilmannschaften Segeln, Ringen, Gewichtheben, Straßenradsport und Leichtathletik. Auffallend sei auch die Tatsache, dass die Top-Athleten und Top-Favoriten der Mannschaft den in sie gesetzten Erwartungen nicht immer hätten entsprechen können.

 

"Mit dem Beginn der nächsten Olympiade am kommenden Montag wird das NOK sich aktiv in die Diskussion um die notwendigen Veränderungen im Spitzensport einbringen", so NOK-Präsident Steinbach. "Wir wollen, dass dabei zuerst über Ziele und Inhalte, dann über Strukturen und ganz zum Schluss über Personen gesprochen wird", so der ärztliche Direktor der Hochwaldkliniken in Weiskirchen im Saarland. Zur Beteiligung aufgefordert seien alle im Spitzensport Verantwortung tragenden Einrichtungen. Das NOK für Deutschland wolle künftig stärker an der Spitzensportsteuerung beteiligt werden und nach Athen zügig in die Diskussion mit dem DSB eintreten.

 

Wenige Stunden vor Beendigung der Spiele galt der Dank des deutschen Chef de Mission allen Aktiven, ihren Trainern und Betreuern, den Verantwortlichen von DSB, Stiftung Deutscher Sporthilfe, ATHOC, IOC, Bundesministerien, Wirtschaftspartnern, Medien und vor allem den zahlreichen Volunteers (Freiwilligen), die die Spiele mit ihrem Engagement zu einem einmaligen Ereignis gemacht haben.

 

"Unser ursprüngliches Ziel, den dritten Platz in der Anzahl der Medaillen zu erreichen, musste bereits bei Halbzeit dieser Spiele korrigiert werden", sagte Ulrich Feldhoff, Vizepräsident Leistungssport des DSB und bilanzierte: "Wir sind mit einem blauen Auge davon gekommen". Feldhoff bemängelte insbesondere das Abschneiden von Leichtathleten und Ringern und forderte in diesen Sportarten dringend Veränderungen. "Wenn es uns nicht gelingt, uns in diesen medaillenträchtigen Sportarten zu verbessern, haben wir keine reelle Chance, 2008 unter den ersten fünf zu sein", sagte Feldhoff und verwies auf eine Plazierungsbilanz von 155 Rängen zwischen 1 und 10 sowie 199 Plazierungen zwischen 11 und Ausscheiden. Die Realisierung der Endkampfteilnahme bei nur 55% der Aktiven sei gegenüber 70% in Sydney gravierend zurückgegangen, erkannte Feldhoff.

 

Auffallend sei gewesen, dass es einigen Aktiven, den Beobachtungen und Äußerungen zufolge, am unbedingten Willen zum Sieg und zum bestmöglichen persönlichen Ergebnis hätten fehlen lassen. "Zufriedenheit auf niedrigem Niveau, das kann nicht die Einstellung sein, die für die kommenden Spiele in Peking weiterführt", so Feldhoff, der ergänzte: "Wer mit der Qualifikation für die Olympischen Spiele seine persönlichen Ziele schon erreicht hat, dem fehlt beim Olympischen Ereignis die richtige Einstellung, um sich in der Weltspitze zu etablieren". Auch den Gesundheitsnachweis bei vor den Spielen angeschlagenen Aktiven will Feldhoff künftig durch einen Leistungsnachweis ersetzt sehen. Das Ergebnis von Teilmannschaften wie Judo hingegen mache hingegen Mut, dass Sportler mit dem Mut zur Konzentration und überzeugenden Konzepten innerhalb von nur einer Olympiade wieder an die Weltspitze herangeführt werden könnten. "Ich bin mir nicht sicher, ob in allen Verbänden die Trainings- und Belastungssteuerung unmittelbar vor den Olympischen Spielen optimal funktioniert hat", sagte Feldhoff und sah sich in dieser Hinsicht insbesondere von den Planungen in dem von ihm geführten Kanu-Verband bestätigt. Als strukturellen Mangel im deutschen Spitzensportsystem führte Feldhoff die für viele Sportlerbiographien kennzeichnende "Parallelität von beruflicher und sportlicher Karriere" an, deren Probleme von anderen Ländern besser gelöst worden seien. Dramatische Karriereeinbrüche führten hingegen in Deutschland dazu, dass die seit sieben Jahren führende Position in der Addition der Ergebnisse aller Junioren-Weltmeisterschaften in den olympischen Sportarten nicht in den Aktivenbereich überführt werden könnte.


  • Foto: Dr. Klaus Steinbach. Copyright dpa/picture-alliance
    Foto: Dr. Klaus Steinbach. Copyright dpa/picture-alliance