Offensive für die Elite: Interview von IOC-Mitglied Dr. Thomas Bach in Bilanz-Broschüre der Sparkassen-Finanzgruppe

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„Wir sollten für Olympia 2008 unbedingt anstreben, erfolgreichste Nation Europas zu sein“. Diese Einschätzung hat IOC-Mitglied Dr. Thomas Bach in einer aktuellen Broschüre zum gesellschaftlichen Engagement der Sparkassen-Finanzgruppe vertreten. Dr. Bach ist Schirmherr der Sportförderaktvitäten der Sparkassen-Finanzgruppe.

 

Die Sparkassen, ihre Verbundunternehmen und deren Stiftungen leisten einen Beitrag zum gesellschaftlichen und wirtschaftliche Leben vor Ort. Gesellschaftliches Engagement ist ein grundlegendes Merkmal ihrer Identität und Teil ihres Selbstverständnisses. Im vergangenen Jahr haben die Institute der Sparkassen-Finanzgruppe dafür über 350 Millionen Euro Aufgewandt. 60,6 Millionen Euro flossen in den Sport.

 

In der aktuellen Broschüre mit dem Titel „Gut. Das Gesellschaftliche Engagement der Sparkassen-Finanzgruppe“ erfolgt auf über 30 Seiten eine ausführliche Berichterstattung über die Initiativen des Unternehmens im Bereich des Sports. Schirmherr der Sportförderaktivitäten der Sparkassen Finanzgruppe ist IOC-Mitglied Dr. Thomas Bach. Unter dem Titel Offensive für die Elite bringt die Broschüre ein Interview mit dem Fecht-Olympiasieger von 1976, das wir im folgenden wiedergeben:

 

→Herr Dr. Bach, junge europäische Volkswirtschaften laufen Deutschland in ihren Leistungen immer mehr den Rang ab. Im Sport kann man ähnliche Beobachtungen anstellen. Hier sind die j ungend Sportlerlinnen und Sportler noch „hungriger“ und deshalb leichter zu motivieren. Müssen wir uns damit abfiden, oder gibt es im Sport neue Tendenzen für eine wieder steigende Leistungsbereitschaft.

←In der Tat lässt sich eine steigende Leistungsbereitschaft unter jungen Menschen auch in Deutschland erkennen. Dies trifft aber auf alle Bereiche zu, nicht nur auf den Sport. Nur muss man es etwas releitiveren, weil die Dichte im Leistungsbereich abgenommen hat. Für noch bessere Ergebnisse fehlt es uns ein wenig an den durch Generationen zu entwickelnden Wurzeln. Dies ist eine folge der Verachtung von Leistung und Leistungseliten über viele Jahre in allen gesellschaftlichen Bereichen.

 

→Überall wird eine stärkere Nachwuchsförderung gefordert. Es gibt auch bereits eine Fülle einzelner Maßnahmen. Noch hat man aber nicht den Eindruck, dass dies mit einer nachvollziehbaren Systematik und mit einer wünschenswerten Konzentration auf eindeutige Ziele Geschicht. Kann die Wirtschaft hierauf fruchtbaren Einfluss nehmen?

← So hilfreich auch die Wirtschaft ist, dies muss der Sport selbst regeln. Im Übrigen sind mir auch aus der Wirtschaft keine beispielhaften Lösungen bekannt. Der Sport wird nicht daran vorbeikommen, seine Mittel noch gezielter einzusetzen. Das heißt, absolute Spitzenförderung bereits im Nachwuchsbereich und noch größere Konzentration auf Sportarten mit Medaillenhoffnungen.

 

→Sie sind nicht nur als Schirmherr der Sportförderaktivitäten der Sparkassen-Finanzgruppe ein besonderer Fürsprecher der Jugend, Ihnen liegt auch der interdisziplinäre Austausch von Ideen und Zielen junger Menschen am Herzen. Wie können Sie sich derartige Begegnungen zwischen jungen Sportlern mit gleichaltrigen kunstbegabten Menschen vorstellen?

← Bei ihrer Lebens- und Karriereplanung haben die jungen Menschen mit ihren großen, aber verschiedenartigen Talenten viele vergleichbare Probleme zu lösen. Alleinde dabei kann der gegenseitige Austausch von viel bringen. Aber noch einmal: Am meisten helfen wir ihnen, wenn wir den notwendigen Mut zur Konzentration auf die absolute Elite auf Seiten der Politik, aber auch auf Seiten der Gesellschaft insgesamt, aufbringen. Die Gießkanne gehört ausschließlich in den Garten.

 

→ Nun zu einem sehr aktuellen Thema aus der deutschen Sportpolitik: Über die Erfolge der deutschen Athleten in Athen ist nicht nur in der Öffentlichkeit kritisch diskutiert worden. Auch die Sportorganisationen selbst haben nach Veränderungen in der Sportförderung, aber auch in der Effizienz der Verbände, also nach neuen Strukturen im Sport, gerufen. Wie sollten diese Veränderungen ihrer Meinung nach aussehen?

← Die Zuständigkeiten für die Spitzensportförderung und die Nominierung wie auch Betreuung der deutschen Teilnehmer der Olympiamannschaft müssen endlich in eine Hand gelegt werden. Dieses Thema ist wieder evident geworden, weil nicht alle deutschen Sportler in Athen zu überzeugen wussten. Nun denkt man über die Schaffung einer neuen einheitlichen deutschen Sportorganisation nach, welche die Aufgaben von Deutschem Sportbund und Nationalem Olympischen Komitee zusammenführt. Beide Organisationen arbeiten jetzt in einer gemeinsamen Strukturkommission an einer effektiven Lösung, die nach den Olympischen Winterspielen 2006 umgesetzt werden soll.

 

→ Das ist die eine Seite der Medaille, nämlich die Sportpolitik. Wie aber können wir erreichen, dass nur die aussichtsreichsten Sportler für Olympische Spiele nominiert werden? Und wie können wir solche viel versprechenden Talente gezielter auf internationale Wettbewerbe vorbereiten?

← Zunächst will ich doch feststellen, dass ein sechster Platz im weltweiten Vergleich bei aller Einschränkung zu den in Athen gezeigten Leistungen so schlecht nun auch wieder nicht ist. Schließlich haben sich viele Nationen beeindruckend weiterentwickelt. Sprich: Die Konkurrenz ist spürbar größer geworden. Momentan sind die USA, China und Australien deutlich stärker als wir. Und 2008 in Peking wird es noch schwerer. Aber wir sollten für 2008 unbedingt anstreben, erfolgreichste Nation Europas zu sein. Dazu muss der deutsche Sport noch konsequenter sein. Zum einen die Besten je Sportart in Ausbildung und Training zu konzentrieren und zum anderen wirklich nur jenen eine Reise nach Olympia zu ermöglichen, die begründete Chancen für Endkampfteilnahmen besitzen.

 

Zur Broschürenbestellung "Gut. Das Gesellschaftliche Engagement der Sparkassen-Finanzgruppe".


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