"Politiker müssen endlich konsequent handeln“

Anne Kraeft von der Bürgerbewegung Fridays for Future fordert im folgenden Interview, "dass die Politiker*innen unsere Forderungen ernst nehmen und endlich konsequent handeln“.

Politiker*innen sollen die Jugend ernst nehmen und endlich handeln, fordert die Bewegung "Fridays for Future". Foto: picture-alliance
Politiker*innen sollen die Jugend ernst nehmen und endlich handeln, fordert die Bewegung "Fridays for Future". Foto: picture-alliance

DOSB: Seit Wochen geht Ihr auf die Straße und fordert von der Bundesregierung, das Pariser Klimaschutzabkommen umzusetzen und die Empfehlungen der Wissenschaft ernst zu nehmen. Es haben sich Wissenschaftler, Eltern und Künstler der Bewegung angeschlossen. Und es sieht so aus, als ob noch mehr gesellschaftliche Gruppen bei der Bewegung mitmachen möchten. Wie soll es also weitergehen? Habt Ihr Pläne, die über die Freitagsdemonstrationen hinausgehen? Habt Ihr Pläne mit anderen zu kooperieren, wie beispielsweise Sportlerinnen und Sportlern in Sportvereinen?

ANNA KRAEFT: Die Anzahl und das Spektrum der Initiativen, die sich uns angeschlossen haben, zeigt, dass Umweltschutz alle betrifft und, dass die Politik an dieser Stelle in den letzten Jahrzehnten versagt hat. Dabei freuen wir uns immer über neue Unterstützung und sind offen für neue Ideen! Abhängig von den einzelnen regionalen Gruppen unserer Bewegung gibt es unterschiedliche Aktions- und Veranstaltungsformate zusätzlich zu den Freitagsdemonstrationen. In Hannover sind wir zum Beispiel dabei Workshops zu organisieren.

Jede Bewegung braucht ein Gesicht. International ist dies Greta. Gibt es bei Euch Überlegungen für – sagen wir mal – Klimabotschafterinnen und Klimabotschafter, die Eure Forderungen in der Öffentlichkeit vertreten?

Ein Gesicht kann am Anfang hilfreich sein, aber die Diversität hinter einer Bewegung darf nicht vergessen werden. Deshalb unterstützen wir den Personenkult um einzelne Gesichter nicht und versuchen, unsere Forderungen durch ein möglichst pluralistisches Bild nach außen zu vertreten. Allerdings bewundere ich Greta für ihren langen Atem und ihr Durchsetzungsvermögen. Zu Beginn streikte sie mehrere Wochen ganz allein und mittlerweile haben sich ihr Tausende junger Menschen weltweit angeschlossen.

Um den Klimawandel abzumildern, geht es nicht ohne persönlichen Verzicht. Es kann – wie von Euch häufig argumentiert – nicht heißen Natur oder Wirtschaft. Welche Rolle spielt bei Eurem Protest die Aufforderung zum Konsumverzicht?

Jede Einzelne kann durch bewussten Konsum einen Teil zum Umweltschutz beitragen. Dabei ist jedoch wichtig zu beachten, dass die Politik nicht den einzelnen Verbraucher*innen die Schuld für das Versagen im Punkt Klimaschutz zuschieben darf. Die Politiker*innen sind diejenigen, die die Leitplanken setzen müssen. Darüber hinaus stehen hinter der Klimakrise Probleme, die die einzelne Konsumentin nicht ohne Weiteres lösen kann. Die Wirtschaft, aber auch die Herangehensweise, wie mit der Klimakrise im politischen Diskurs umgegangen wird, müssen sich ändern. Wir haben seit Jahrzehnten Klimakonferenzen, als politisches Instrument, um progressive Lösungen dem Klimawandel entgegenzustellen. In der Realität werden globale Machtverhältnisse jedoch über die konsequente Umsetzung gestellt. Das sind grundlegende Punkte, die sich ändern müssen, um das Klima angemessen zu schützen. Auf diese Punkte hat die Konsumentin im Gegensatz zur Politik keinen bedeutenden Einfluss.

Es besteht ja die paradoxe Situation, dass Viele in der Politik euren Protest unterstützen. Bundeskanzlerin Merkel betonte ja beispielsweise sehr schnell, dass die Kritik an den Freitagsdemonstrationen fehl am Platz sei und befürwortete Euren Protest. Gleichzeitig reiht sich Deutschland auf EU-Ebene in die Riege der Klimasünder ein und tritt als Blockade-Nation auf. Auch der schwedische Ministerpräsident Stefan Löfven sagt, der Einsatz von Greta sei beeindruckend. Wie geht ihr mit dieser Argumentation um? Habt Ihr nicht Sorge, dass Euch die Politik sozusagen totlobt?

Grundsätzlich ist es wichtig, dass die Politik das Engagement unserer Generation anerkennt. Jedoch ist es viel wichtiger, dass die Politiker*innen unsere Forderungen ernst nehmen und endlich konsequent handeln. Solange das nicht passiert, hat die Politik nicht verstanden, worum es uns wirklich geht. Unsere Proteste sind kein Entertainment! 

(Die Fragen stellte Gabriele Hermani, Berlin, im DOSB-Informationsdient Sport schützt Umwelt)


  • Politiker*innen sollen die Jugend ernst nehmen und endlich handeln, fordert die Bewegung "Fridays for Future". Foto: picture-alliance
    Politiker*innen sollen die Jugend ernst nehmen und endlich handeln, fordert die Bewegung "Fridays for Future". Foto: picture-alliance