Fast die Hälfte aller Teilnehmenden an den Olympischen Spielen in Tokio waren Frauen. Was sich wie eine Selbstverständlichkeit anhören müsste, auch oder gerade in der Welt des Sports, die ja großen Wert auf die Teilhabe aller legt, hat einen langen Weg hinter sich, gepflastert von viel Engagement und vielen Kämpfen. Dass er noch nicht zu Ende ist, wurde bei der Frauen-Vollversammlung (FVV) des DOSB am Wochenende erneut deutlich. Das Fazit: Es wurde viel erreicht, aber es gibt auch noch viel zu tun.
Nachholbedarf gibt es in einigen Bereichen, genannt seien an dieser Stelle vor allem die Themen Frauen in Führungspositionen, Trainerinnen und die geschlechtergerechte Darstellung in den Medien.
In den Führungspositionen des Sports wird die Strategie festgelegt, also welcher Weg eingeschlagen wird, und natürlich ist es wichtig, dass dort die Sicht aller Geschlechter in die Diskussionen einfließt. Trainerinnen gibt es definitiv noch viel zu wenige – denken wir nur an das Team Deutschland in Tokio, in dem gerade mal acht Prozent Trainerinnen standen. Wie wichtig wäre es, wenn auch im Trainer*innenbereich die verschiedenen Perspektiven ihren Platz fänden. Über die Darstellung von Sportlerinnen in den Medien wurde vor zwei Jahren beim DOSB-Kongress „Augenhöhe oder Brustumfang? Geschlechtergerechte Darstellung in den (Sport)-Medien“, eine ernüchternde Studie vorgestellt, die eine sonnenklare Überlegenheit des Männersports in der Berichterstattung feststellte. Und wenn man weiß, dass die öffentliche Darstellung auch viel mit dem Stellenwert einer Sportart zu tun hat, kann man sich die Auswirkungen denken: Sie fangen bei der Wahrnehmung an und hören nicht bei der Bezahlung auf.
Dies sind natürlich Themen, die sich der DOSB und seine Mitgliedsorganisationen schon seit einiger Zeit auf die Fahnen geschrieben haben, nennen wir hier nur die DOSB-Initiative #ShowUsEqual, die in Sachen Berichterstattung viel Aufmerksamkeit gebracht hat. Aber auch hier gilt: Es gibt noch viel zu tun. Weil es einer großen Beharrlichkeit bedarf, Erfolge in der Geschlechtergerechtigkeit zu erreichen, hat die FVV den strategischen Handlungsfeldern Gleichstellung in Führungspositionen, Frauen im Leistungssport, Schutz vor Gewalt, geschlechtergerechte Darstellung in den (Sport)Medien und geschlechtliche/ sexuelle Diversität und Sexismus einstimmig zugestimmt. Gemeinsam mit den DOSB-Mitgliedsorganisationen sollen genau diese Inhalte in den kommenden vier Jahren als Schwerpunkte des Engagements für Geschlechtergerechtigkeit im organisierten Sport umgesetzt werden.
Denn es sind ja nicht nur Rechte, die eingefordert werden. Für den Sport stecken auch große Potenziale in der Geschlechtergerechtigkeit – denken wir nur an den Trainer*innen-Beruf, der weitere Kräfte dringend benötigt. Frauen haben in der Vergangenheit so viel angestoßen und bereits so viel mitgewirkt, sie werden das zweifellos auch künftig tun, um die Zukunft mitzugestalten.
Alle wissen, dass es nie ein einfacher Weg war und auch nie einer werden wird, sondern dass es immer einen gewissen Kampfgeist und einen langen Atem braucht, das haben ja auch die letzten 100 Jahre in der olympischen Geschichte gezeigt. Sie haben aber auch gezeigt, dass der Weg ein lohnenswerter ist und zwar für alle!
(Autorin: Ulrike Spitz, Leiterin Medien- und Öffentlichkeitsarbeit)
In jeder Ausgabe der DOSB-Presse, die wöchentlich erscheint, gibt es einen Kommentar zu aktuellen Themen des Sports, den wir hier veröffentlichen. Diese mit Namen gezeichneten Beiträge geben nicht unbedingt die offizielle DOSB-Meinung wieder.