Pressemitteilung zum 3. Gesundheits- und Präventionspolitischen Abend in Berlin

3. Gesundheits- und Präventionspolitischer Abend in Berlin

Bewegungsmangel reduzieren?! Als potenzielles Gesundheitsziel stand dieses dringende Thema auf der Agenda des 3. Gesundheits- und Präventionspolitischen Abends gestern in Berlin.

 

400 Kilometer im Auto, vier Fahrstühle und zwei Rolltreppen – mit diesem mageren Bewegungspensum reiste DOSB-Präsident Alfons Hörmann zum 3. Gesundheits- und Präventionspolitischen Abend in Berlin an. Und bezeichnete sich in seiner Begrüßungsrede vor zahlreichen Gästen aus Politik, Gesundheitswesen, Sport und Wissenschaft erst einmal als Fehlbesetzung in Person – schließlich ging es um ein zentrales Thema für die künftige Gesundheitspolitik. Auf der Agenda des Diskussionsforums, das der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) gemeinsam mit der Sportministerkonferenz unter saarländischem Vorsitz veranstaltete, stand die Frage und gleichzeitige Forderung nach einem neuen nationalen Gesundheitsziel: Bewegungsmangel reduzieren?!

 

Bewegungsmangel verursacht hohe Krankheitskosten

 

„Nur mit allen Akteuren, die hier und heute versammelt sind können wir im kritischen und konstruktiven Dialog die Dinge so weiterentwickeln wie es gesundheitspolitische und präventive Aufgaben erfordern“, machte sich Hörmann in seiner Begrüßungsrede für das neue Gesundheitsziel stark. Auch Walter Schneeloch, DOSB-Vizepräsident für die Themen Breitensport und Sportentwicklung, plädierte in seinem Statement für ein Gesundheitsziel, das die Bevölkerung in Bewegung bringt: „20 bis 25 Prozent der Krankheitskosten sind auf Bewegungsmangel zurückzuführen, folglich ist die Förderung von körperlicher Aktivität die beste Investition einer klugen öffentlichen Gesundheitsvorsorge.“

 

Sechs der neun nationalen Gesundheitsziele haben mit Sport und Bewegung zu tun

 

Aktuell gibt es neun nationale Gesundheitsziele, zu denen sich alle 140 beteiligten Akteure des Gesundheitswesens verpflichtet haben. Sechs dieser Ziele haben – so brachte es Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe in seiner Begrüßungsrede auf den Punkt – mit Sport und Bewegung zu tun. „Als wir das Präventionsgesetz erarbeitet haben, haben uns viele Menschen Fragen gestellt, die im Kern auf ein Krankheitsbild zielten“, berichtete er weiter. „Und wenn man sich all diese Erkrankungen ansah, dann kam man auf die Idee: Es hat eigentlich immer mit ausreichender Bewegung und ausgewogener Ernährung zu tun.“

 

Ein Grund, warum Dr. Rainer Hess, Vorsitzender des Ausschusses gesundheitsziele.de, gegen ein alleiniges Bewegungsziel argumentierte: „Dass Bewegung etwas sehr Wertvolles, Sinnvolles und unter bestimmten Bedingungen Evidenzbasiertes ist – und dann auch zu bezahlen ist – da sind wir uns völlig einig. Nur sehe ich immer noch die anderen Komponenten wie Lebenskompetenz oder Ernährung und ich meine, dass muss gebündelt bleiben.“

 

Bewegungsförderungs-Diaspora Deutschland?

 

Irritiert äußerte sich Prof. Dr. Klaus Pfeifer, Sportwissenschaftler der Universität Erlangen-Nürnberg: “Wenn ´Bewegungsmangel reduzieren` ein Gesundheitsziel wird, dann resultieren daraus tatsächlich auch strukturelle Veränderungen. Was das angeht sind wir, wenn man in die internationale Landschaft guckt, in Deutschland ein bisschen Bewegungsförderungs-Diaspora. Wir haben in der politischen Struktur keine Gremien, in denen Bewegung wirklich verankert ist. Da fehlt uns was.“

 

Ähnlicher Meinung war auch Prof. Dr. med. Klaus-Michael Braumann, Sportmediziner der Universität Hamburg und Präsident des Deutschen Sportärztebundes, der sich aus dem Publikum zu Wort meldete: „Die Diskussion kommt immer wieder zu einem Punkt, an dem wir uns schon seit vielen Jahren die Haare raufen, weil ein semantischer Eiertanz gemacht wird zwischen Prävention und Therapie. Es muss doch mal verstanden werden, dass bei bestimmten Krankheitsbildern Bewegung genauso ein Therapiekonzept ist wie ein Medikament.“ Viel Applaus bekam er für seinen Vorschlag, Erkrankte mittels gesetzlicher Rahmenbedingungen langsam an Bewegung heranzuführen um sie dann an die Sportvereine ‚auszuwildern’.

 

Mehr Geld für den Breitensport gefordert

 

Die Situation ebendieser Vereine gab Klaus Bouillon, Minister für Inneres und Sport des Saarlandes und Vorsitzender der Sportministerkonferenz, zu bedenken: „Bei all den Problemen und Veränderungen, sollten wir nicht aus den Augen verlieren, dass wir die Verbände und Vereine brauchen. Und wir brauchen aus meiner Sicht auch mehr Geld, um den Breitensport zu unterstützen.“ Ein Investment, dass sich aber auszahlen könnte: Laut Gernot Kiefer, Vorstand des GKV-Spitzenverbandes, verursacht Bewegungsmangel in Deutschland Kosten in einem sehr deutlichen Milliardenbereich, die durch Bewegung vermeidbar wären. Seine pragmatische Überlegung: „Wenn ich nachvollziehen kann, dass ein isoliertes Gesundheitsziel ‚Bewegungsmangel reduzieren’ eine hohe Wahrscheinlichkeit hat, einen zusätzlichen Nutzen zu stiften, dann muss man darüber konstruktiv nachdenken.“

 

Nicht lange nachdenken musste DOSB-Präsident Hörmann bei seinem Schlusswort: „Aus der gesamten Diskussion ist wunderbar erkennbar, dass in der Zielstellung Einigkeit besteht. Wir sind bereit – die Vereine und unsere Organisationen sind willens, einen Beitrag zu leisten.“

 

Mehr Informationen finden Sie unter www.gesundheitsziele.de.