Prof. Digel: "Der Trainerberuf braucht hierzulande mehr Anerkennung"

Prof. Helmut Digel (Tübingen) als Verfasser der internationalen Vergleichsstudie analysiert in einem Interview mit der DSB-Presse nochmals die Situation der Trainer in Deutschland etwas genauer. Gleichzeitig wünscht er sich neue Formen der Anerkennung für die Trainerinnen und Trainer und ein gerechtes finanzielles Belohnungssystem.

Prof. Digel von der Universität Tübingen
Prof. Digel von der Universität Tübingen

   Sie haben die Lage für die deutschen Trainerinnen und Trainer im internationalen Vergleich als nicht sonderlich rosig beschrieben. Woher kommt das?

 

Digel: Wer die berufliche Situation der Trainer in Deutschland etwas genauer beobachtet, wer vor allem die Nöte der Trainer ernst nimmt, der kann zu keiner positiveren Bewertung gelangen. Das Berufsbild Trainer ist in Deutschland in vieler Hinsicht unklar, mit Ausnahme der Fußballbundesligatrainer, sind die Trainer die in den olympischen Sportarten arbeiten, gesellschaftlich eher nachgeordnet positioniert. Ihre finanzielle Honorierung ist größtenteils unzureichend und von einer sozialen Absicherung kann gewiss nicht die Rede sein.

 

   Fehlt den Trainern die gesellschaftliche Unterstützung?

 

Digel: Ja, im Vergleich zu den Vereinigten Staaten und zu Australien ist der Trainerberuf bei uns weit weniger anerkannt und erhält auch weniger gesellschaftliche Unterstützung. In China und in Russland ist der Trainerberuf ein akademischer Beruf, bei uns ist dies noch nicht einmal in den Anfängen zu erkennen.

 

   Wie stark ist denn überhaupt der Einfluss der Trainer auf die Entwicklung des Spitzensports in Deutschland?

 

Digel: Der Einfluss der Trainer auf die Entwicklung des Spitzensports ist grundlegend und in seiner Reichweite nicht zu unterschätzen. In fast allen olympischen Sportarten sind die Athletinnen und Athleten auf die qualifizierte Betreuung von Trainern angewiesen. Ihre fachliche Kompetenz, ihre pädagogisch-psychologische Betreuungsleistung und ihre Persönlichkeit ermöglicht die Konkurrenzfähigkeit des deutschen Spitzensports.

 

   Können Sie denn in Deutschland Ansätze erkennen, wo besser mit der Situation umgegangen wird?

 

Digel: Es gibt glücklicherweise immer häufiger gute und interessante Ansätze. So haben sich die Trainer im deutschen Tischtennisverband auf vorbildliche Weise selbst organisiert. Die gewählten Sprecher der Trainer der Spitzenverbände setzen sich vermehrt für die Belange ihrer Berufsgruppe ein und auch im Bereich Leistungssport hat man die notwendigen Initiativen vorbereitet um dem Problem entschieden zu begegnen. Es kommt nun darauf an, dass aus Absichten Realitäten werden. Neue Studiengänge zu Gunsten des Trainerberufs an Universitäten können dabei auch eine wichtige Hilfe sein.

 

   Im Vergleich zu den anderen untersuchten Ländern: Wo sehen Sie denn den dringlichsten Handlungsbedarf für Politik, Wirtschaft und Sportverbände, die Situation der Trainer zu verbessern?

 

Digel: Zunächst muss man es nicht als Störung empfinden, wenn Trainer ihre Interessen vertreten. Eine starke Interessensvertretung ist im Interesse einer gemeinsamen Sache zwingend erwünscht. Zum zweiten sollten neue öffentliche Formen der Anerkennung gesucht werden, um herausragende Trainer in ihrer Vorbildfunktion zur Darstellung zu bringen. Wichtig wird auch ein gerechtes finanzielles Belohnungssystem sein, zu dem Politik, Wirtschaft und Sport gemeinsam neue Finanzmittel bereitzustellen haben. Der Trainerberuf bedarf aber auch einer besonderen Promotion und einer PR-Initiative. Nur auf diese Weise kann er für die nachrückenden Generationen wieder attraktiver werden.


  • Prof. Digel von der Universität Tübingen
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