Reck-Weltmeister Eberhard Gienger wird 70

Er hat über Jahrzehnte den Turnsport geprägt und über Jahrzehnte Sportpolitik mitgestaltet: Eberhard Gienger wird am heutigen Mittwoch (21.7.) 70 Jahre alt.

Eberhard Gienger 2020 im Plenum bei der Haushaltsdebatte zur 180. Sitzung des Deutschen Bundestages; Foto: picture-alliance
Eberhard Gienger 2020 im Plenum bei der Haushaltsdebatte zur 180. Sitzung des Deutschen Bundestages; Foto: picture-alliance

Mit dem nach ihm benannten „Gienger-Salto“ feierte er seine größten sportlichen Erfolge als Weltmeister am Reck im Jahre 1974 und mit dem Gewinn der Bronze-Medaille bei den Olympischen Spielen 1976 in Montreal. Eberhard Gienger ist seit 2002 Mitglied des Bundestages, verzichtet aber auf eine weitere Kandidatur im Herbst dieses Jahres. Als Vizepräsident für Leistungssport gehörte Gienger von 2006 bis 2010 dem Gründungspräsidium des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) an. Eberhard Gienger wurde in Künzelsau im Hohenlohekreis in Baden-Württemberg geboren. Der TSV Künzelsau 1846 ist sein Heimatverein. Nach dem Abitur 1970 in Frankfurt absolvierte Gienger von 1971 bis 1975 ein Studium mit dem Abschluss als Diplom-Sportlehrer an der Universität Mainz und studierte danach die Fächer Englisch und Russisch. Beruflich zog es Gienger in die Sportbranche, mit der Eberhard Gienger Pro-Motion GmbH machte er sich 1990 selbstständig.

In den 1970er Jahren turnte Eberhard Gienger in der Weltspitze: Zu Olympia-Bronze und dem WM-Titel gesellten sich u.a. am Reck drei Titel als Europameister, ebenso drei Titel als WeltcupSieger, drei WM-Vize-Titel (darunter einer am Seitpferd), zweimal EM-Silber und zweimal EMBronze im Mehrkampf, am Barren und am Seitpferd. Eberhard Gienger wurde insgesamt 36-mal Deutscher Meister bei den Titelkämpfen des Deutschen Turner-Bundes (DTB), wo er nach seiner Karriere auch als Vize-Präsident für Olympischen Spitzensport im Präsidium mitwirkte.

Bei dem nach ihm benannten „Gienger-Salto“ handelt es sich um ein spektakuläres Flugelement am Reck, bei dem sich ein Turner während des Vorschwungs vom Reck löst und einen Salto rückwärts mit einer halben Längsachsendrehung turnt, so dass er dann wieder zum Reck blickt und die Reckstange fassen kann. Im Frauenturnen wird der Gienger-Salto am Stufenbarren geturnt.

Zweimal (1974 und 1978) war Eberhard Gienger Sportler des Jahres in der Bundesrepublik Deutschland. Der Allgemeine Deutsche Hochschulsportverband hatte Gienger bereits 1973 in die „Hall of History“ aufgenommen; seit 2007 gehört er auch der International Gymnastics Hall of Fame in Oklahoma City an. In die Hall of Fame des deutschen Sports wurde Gienger 2016 aufgenommen. Für seine Leistungen und Verdienste im Sport wurde er darüber hinaus auch mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande und mit dem Silbernen Lorbeerblatt ausgezeichnet. In seiner Heimatstadt Künzelsau ist die 1977 eröffnete Dreifelder-Sporthalle nach ihm benannt. 

Erst lange nach seinem Karriereende machten zwei „bemerkenswerte“ Nachrichten die Runde: 1975 hatte Eberhard Gienger während der Europameisterschaften in Bern dem DDR-Meisterturner Wolfgang Thüne (geb. 1949) im Auto versteckt zur Flucht verholfen. Gienger bekannte sich auch, in den 1970er Jahren aufgrund einer schweren Verletzung mit Operation auf Verordnung durch den Freiburger Sportmediziner Prof. Dr. Armin Klümper (1935-2019) ein anaboles Steroid (unwissentlich) zu sich genommen zu haben.

Seine politische Karriere begann Gienger 2001 mit dem Eintritt in die CDU, wo er seitdem zum Vorstand im Kreisverband Ludwigsburg gehört. Ein Jahr später betrat er die Bundestagsbühne in Berlin als direkt gewählter Abgeordneter des Wahlkreises Neckar-Zaber. Seine Expertise auf dem Gebiet des Sports bringt Gienger sowohl als Mitglied des Sportausschusses als auch seit 2013 als sportpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Faktion in den Bundestag ein, wo er von 2013 bis 2017 auch Vorsitzender der Arbeitsgruppe Sport und Ehrenamt war.

Eberhard Gienger, der auch bekennender Fan des VfB Stuttgart ist, engagiert sich u.a. als Vorsitzender der Sportgemeinschaft Deutscher Bundestag e.V., als Vorsitzender des „Freundeskreis Turnen“ in der Stiftung des Schwäbischen Turnerbundes e.V. in Stuttgart. Gleichfalls ist er Mitglied des Kuratoriums der Stiftung der Deutschen Fußball Liga (DFL) und des Kuratoriums Deutsche Kinderturnstiftung des DTB. Außerdem ist er Mitglied des Kuratoriums der Stiftung Deutsche Sporthilfe. Von 1986 bis zur „Fusion“ mit dem DOSB im Jahre 2006 war Gienger persönliches Mitglied im Nationalen Olympischen Komitee für Deutschland (NOK). Und was macht Eberhard Gienger nun mit 70 Jahren? Abwarten: Jetzt gelten ihm erstmal alle Glückwünsche zum 70. Geburtstag!

(Autor: Prof. Dr. Detlef Kuhlmann)


  • Eberhard Gienger 2020 im Plenum bei der Haushaltsdebatte zur 180. Sitzung des Deutschen Bundestages; Foto: picture-alliance
    Eberhard Gienger 2020 im Plenum bei der Haushaltsdebatte zur 180. Sitzung des Deutschen Bundestages; Foto: picture-alliance