Schily: "Wir gehören zu den führenden Sportnationen der Welt"

Bundesinnenminister Otto Schily gibt sich hinsichtlich des Abschneidens der deutschen Teilnnehmer in Athen optimistisch: Er rechnet mit einem dritten Platz in der Gesamtwertung. 

 

Bundesinnen­mi­nis­ter Otto Schily und DSB-Prä­sident Man­fred von Richt­hofen (Foto: Bongarts)
Bundesinnen­mi­nis­ter Otto Schily und DSB-Prä­sident Man­fred von Richt­hofen (Foto: Bongarts)

Aber manchmal hilft einerm nur das Glück zu einer Medaille und ein vierter oder fünfter Platz bleibt für ihn sportlich eine herausragende Leistung. Er stellt klar: die Sportler sind nicht "zum Erfolg verdammt", aber "zur optimalen Vorbereitung verpflichtet".
 
Deutschland hat bei den Olympischen Spielen von Sydney nur den fünften Rang in der Nationenwertung belegt, nach Rang drei in Atlanta vor acht Jahren. Beim Deutschen Sportbund spricht man vom ehrgeizigen Platz drei als erstrebenswerte Zielvorgabe. Wie sehen Sie persönlich das Leistungsniveau der deutschen Mannschaft?

Schily: Auch ich bin optimistisch, dass uns das gelingen kann. Wir gehören nach wie vor zu einer der führenden Sportnationen der Welt. Das vorolympische Jahr 2003 war für den deutschen Spitzensport ein gutes Jahr. Nach Sydney 2000 lässt sich eine positive Tendenz erkennen. Das liegt sicherlich auch daran, dass es den Olympiastützpunkten - unter anderem in Kooperation mit dem Institut für Angewandte Trainingswissenschaften (IAT) in Leipzig und dem Institut für Forschung und Entwicklung von Sportgeräten(FES) in Berlin - noch besser gelungen ist, sich auf die Olympiakader zu konzentrieren. Konkrete Medaillenprognosen werde ich jedoch nicht abgeben. Denn eins kommt meines Erachtens immer etwas zu kurz: auch ein vierter oder fünfter Platz ist eine großartige Leistung. Oft fehlen für den Sprung aufs Treppchen ja nur wenige Millimeter, Millisekunden oder einfach nur das notwendige Quäntchen Glück. Die Sportlerinnen und Sportler verdienen auch als Vierte oder Fünfte höchste Anerkennung. Eine klare Erwartung habe ich allerdings an alle Athletinnen und Athleten, die in Athen starten: dass sie als faire und sympathische Sportler gute Botschafter unseres Landes sind.

"Das vorolympische Jahr 2003 war für den deutschen Spitzensport ein gutes Jahr."

 

Sollte ein Leistungsvergleich auf dem Zählen der Medaillen basieren oder nicht doch besser auf einem Vergleich der Platzierungen bis Rang acht, wie sie der DSB favorisiert? Diese Wertung ergibt doch einen besseren Aufschluss über das Leistungsvermögen und ist weniger von Glück abhängig.

Schily: Sicher erlaubt ein auf möglichst viele Parameter gestützter Vergleich eine differenziertere Analyse über die Leistungsfähigkeit einer gesamten Mannschaft. Die Aussagefähigkeit über die Leistungsfähigkeit einer Mannschaft in der absoluten Spitze wird dadurch aber eher verringert.

Selbst bei einer Ablehnung des Medaillenspiegels: Ist die deutsche Mannschaft durch den starken öffentlichen Druck mit Blick auf die finanziellen Ressourcen nicht zum Erfolg verdammt?

Schily: Selbstverständlich hat der Bund als Hauptsponsor des deutschen Spitzensports ein großes Interesse daran, dass die deutsche Mannschaft gut abschneidet. Von einem "Verdammt sein zum Erfolg" würde ich als sportbegeisterter Minister jedoch nie sprechen. So ist es nun mal im sportlichen Wettbewerb: der Bessere gewinnt. Es gehört auch zu einem guten Spitzensportler, dass er die bessere Leistung des Anderen fair akzeptiert. Gelten lassen würde ich aber, von einer "Verpflichtung zur optimalen Vorbereitung" zu sprechen. Ich gehe davon aus, dass der deutsche Sport mit der Unterstützung des Bundes alles getan hat, mit einer optimalen Vorbereitung ein sehr gutes Ergebnis in Athen zu erzielen. 
 
"Eine klare Erwartung habe ich allerdings an alle Athletinnen und Athleten, die in Athen starten: dass sie als faire und sympathische Sportler gute Botschafter unseres Landes sind."

Der deutsche Sport hat im internationalen Leistungsvergleich und in der weltweiten Präsenz auch künftig ehrgeizige Pläne. Wie sieht die Zukunft der Spitzensportförderung des Bundes aus, und welche Unterstützung ist zu erwarten, wenn es um die Positionierung Deutschlands als Veranstalter internationaler Großereignisse geht?

Schily: Der Bund stellt allein in diesem Jahr für die Förderung des Spitzensports rund 119 Millionen Euro zur Verfügung. Diesen Etat konnten wir trotz notwendiger Haushaltskonsolidierung über Jahre auf einem konstant hohen Niveau halten und werden das auch 2005 tun. Daran erkennt man, wie hoch der Stellenwert ist, den die Bundesregierung der Sportförderung beimisst. Selbstverständlich können nicht immer alle Forderungen des Sports umgesetzt werden. Wir müssen sehr genau darauf achten, dass die Sportfördermittel so effektiv und effizient wie möglich eingesetzt werden. Wir werden mit DSB, NOK und den Sportverbänden klären, wie wir dies noch besser erreichen können. Dafür werden wir auch unser Leistungssportprogramm überarbeiten. Nach den Olympischen Sommerspielen in Athen werden wir gemeinsam mit dem Sport Bilanz ziehen und erforderliche Anpassungen vornehmen.
Zum zweiten Teil der Frage: Olympische Spiele und Fußball-WM haben als weltweit größte Sportveranstaltungen positive volkswirtschaftliche Effekte in Milliardenhöhe. Hinzu kommen Steigerung von Bekanntheitsgrad und Imagewert. Diese klaren Vorteile rechtfertigen den staatlichen Einsatz auch in finanzwirtschaftlich schwierigen Zeiten. Die Bundesregierung wird auch in Zukunft die deutschen Sportverbände dabei unterstützen, internationale Sportgroßveranstaltungen nach Deutschland zu holen. Das hat sie bei der DFB-Bewerbung um die Fußball-WM 2006 erfolgreich bewiesen. Die Bewerbung um Olympische Spiele und Weltmeisterschaften erfordern einen immer größeren Aufwand - auch finanziell. Klar ist: eine Teilnahme am Bewerbungsmarathon ist in Zukunft nur vertretbar bei überragenden Bewerbungskonzepten mit optimalen Rahmenbedingungen.

"Die Bundesregierung wird auch in Zukunft die deutschen Sportverbände dabei unterstützen, internationale Sportgroßveranstaltungen nach Deutschland zu holen."

Auf das Gerede der ewigen Nörgler, die Deutschland als Austragungsort von Sportgroßveranstaltungen schlecht zu reden versuchen, sollten wir nicht hereinfallen. Deutschland liegt auch hier weltweit im Spitzenbereich. Von 1996 bis 2002 hat allein der Bund 44 Welt- und Europameisterschaften in Deutschland gefördert. 2003 fanden sechs internationale, vom Bund geförderte Wettbewerbe in Deutschland statt, 2004 unterstützen wir bisher drei Weltturniere. Fest steht bereits jetzt, dass sich der Bund an elf weiteren Weltmeisterschaften von 2005 bis 2007 in Deutschland beteiligen wird. Eine beeindruckende Bilanz, finden Sie nicht?Die Olympischen Spiele sind nach der Fußball-Europameisterschaft das zweite große sportliche Highlight. Werden Sie Olympia und die deutsche Mannschaft persönlich in Augenschein nehmen können? Schily: Geplant ist, dass ich in der Mitte der Olympischen Spiele in Athen sein werde. Dann werde ich jede Gelegenheit nutzen, die Athletinnen und Athleten bei ihren Wettkämpfen zu besuchen, mit ihnen zu sprechen und mir einen Eindruck über die Wettkampfbedingungen verschaffen. Wir werden für die Sportlerinnen und Sportler auch einen Empfang in der Botschaft organisieren. Außerdem werde ich IOC-Präsident Rogge, den WADA-Vorsitzenden Richard Pound und andere Vertreter internationaler und nationaler Sportorganisationen und -verbände zu Gesprächen treffen. Das Thema ´Sicherheit` spielt ebenfalls eine große Rolle. Als Gastgeber des nächsten großen Sportereignisses der Welt - der Fußball WM 2006 - arbeiten wir eng mit den griechischen Sicherheitsbehörden und anderen internationalen Partnern zusammen. Wir werden nach den Spielen die Erfahrungen aus Athen sehr genau auswerten und in unsere Sicherheitskonzepte einarbeiten.

 


  • Bundesinnen­mi­nis­ter Otto Schily und DSB-Prä­sident Man­fred von Richt­hofen (Foto: Bongarts)
    Bundesinnen­mi­nis­ter Otto Schily und DSB-Prä­sident Man­fred von Richt­hofen (Foto: Bongarts)