Schulsport in pandemischen Zeiten

Der Bildungs-Lockdown ist zugleich ein Bewegungs-Lockdown. Wie der Bewegungsmangel aufgeholt werden kann, fragt sich Autor Detlef Kuhlmann.

Schulsport findet in der Pandemie, wenn überhaupt, draußen statt. Foto: LSB NRW
Schulsport findet in der Pandemie, wenn überhaupt, draußen statt. Foto: LSB NRW

Vom Schulsport war in letzter Zeit öffentlich-medial wenig bis kaum die Rede. Da sei die Frage gestattet: Findet der derzeit überhaupt „richtig“ und „regulär“ statt? Neulich erst waren zur besten Tagesschauzeit bewegte TV-Bilder von schönen großen Sporthallen zu sehen, die jetzt kurzfristig zu Impfzentren umgebaut und als solche sportfremd im Sinne der Gesundheit genutzt werden. Der Deutsche Sportlehrerverband hat sich vehement gegen diesen temporären Nutzenausfall für den Schulsport mit einer Resolution zur Wehr gesetzt.

Momentan spricht vieles dafür, dass die einzigen verlässlichen Bewegungen der Schülerinnen und Schüler darin bestehen, mehr oder weniger regelmäßig zwischen Homeschooling und Wechselunterricht hin und her zu pendeln. Die Situation aus Sicht des Sports bleibt fatal und frustrierend zugleich: Der angestaute Bewegungsmangel ist eklatant, seine negativen Folgen sind evident. Was tun? Kann man Bewegungsversäumnisse von heute in der Zukunft durch „erhöhte Dosierung“ nachholen – zumal, wenn sie den verpflichtenden Schulsport aller Jungen und Mädchen betreffen? Wohl kaum! Der Bildungs-Lockdown ist zugleich ein Bewegungs-Lockdown ... ministerielle Verlautbarungen über „Infektionsschutz im Schulsport“ sprechen eine deutliche Sprache der reduzierten Bewegungsgelegenheiten.

Aber Moment mal – andere Schulfächer gehen da jetzt andere Wege: Die Präsidentin der Kultusministerkonferenz hat bereits ein Förderprogramm von einer Milliarde Euro zum Ausgleich pandemiebedingter Lernverluste angekündigt. Dazu werden z.B. die „Kompetenzstände“ aller Viertklässler in Deutsch und Mathematik in einer repräsentativen Studie erfasst, um letztlich Defizite mit „klugen diagnosebasierten Fördermaßnahmen zu verringern“. Dazu sollen sogar außerschulische Lernpartner mit ins Boot geholt werden – sogar das Deutsche Zentrum für Lehrerbildung Mathematik gehört dazu. Als „Corona-Aufholpaket“ wird das Programm bezeichnet.

Vom Schulsport ist dabei weit und breit (noch) nicht die Rede. Es ist zu wünschen, dass er wenigstens mit bedacht wird – zumal es über die Sportvereine in den Mitgliedsorganisationen des Deutschen Olympischen Sportbundes vermutlich deutlich mehr außerschulische Lernpartner gibt als in jedem anderen Schulfach. Blöde ist nur, dass diese Sportvereine derzeit ebenfalls geschlossen sind …

Ein Fazit ohne Folgerung: Der Schulsport in pandemischen Zeiten ist mehrfach gebeutelt. Und es kommt noch etwas ganz anderes hinzu: Seit über einem Jahrzehnt gibt es keine repräsentative Studie zur „aktuellen“ Situation des Faches mehr. Die erste in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland und damit bis heute „jüngste“ stammt aus dem Jahre 2006. Sie war damals im Auftrag der Deutschen Sportjugend im damaligen Deutschen Sportbund entstanden. Immerhin lassen sich ihre zehn Handlungsempfehlungen bis heute weltweit im Internet bei Wikipedia unter der Bezeichnung „SPRINT-Studie“ besichtigen. Wer will, kann den Schulsport in pandemischen Zeiten damit jetzt aktuell kontrastieren. Aber was ist daraus dann die Folgerung?

(Autor: Prof. Dr. Detlef Kuhlmann)

In jeder Ausgabe der DOSB-Presse, die wöchentlich erscheint, gibt es einen Kommentar zu aktuellen Themen des Sports, den wir hier veröffentlichen. Diese mit Namen gezeichneten Beiträge geben nicht unbedingt die offizielle DOSB-Meinung wieder.

 


  • Schulsport findet in der Pandemie, wenn überhaupt, draußen statt. Foto: LSB NRW
    Leere Sporthalle Foto: LSB NRW