Silber für Tony Martin im Zeitfahren

Radprofi Tony Martin hat wie Jan Ullrich 2000 in Sydney olympisches Silber im Zeitfahren gewonnen.

Tony Martin unterwegs zu Silber auf den Straßen von London. Foto: picture-alliance
Tony Martin unterwegs zu Silber auf den Straßen von London. Foto: picture-alliance

Der 27 Jahre alte Cottbuser lag am Ende der 44 Kilometer langen Fahrt mit Start und Ziel am Hampton Court Palace 42,0 Sekunden hinter Bradley Wiggins zurück. Der Brite sicherte sich damit nach seinem historischen Erfolg bei der Tour de France auch Olympia-Gold. Bronze ging an den Tour-Zweiten Christopher Froome aus Großbritannien. Bert Grabsch aus Wittenberg landete auf dem achten Platz.

Olympia-Traum war stärkerals das Verletzungspech

Tony Martin war niedergeschlagen, vielleicht auch verzweifelt, doch aufgegeben hat er keine Sekunde. Der Weltmeister lag in dieser Saison bewusstlos am Boden, stand mit plattem Reifen am Straßenrand und quälte sich mit gebrochenem Kahnbein über den Asphalt. Aber der Olympia-Traum war stärker und trieb den gebürtigen Cottbuser noch bis zur Silbermedaille im Zeitfahren von London.

Martin sagte, er habe alles Negative ausgeblendet und die Schmerzen verdrängt. Der 27-Jährige verschwand in einem Tunnel aus Konzentration, hatte nur das Rennen im Kopf. Martin zentrierte seine Gedanken auf die nächste Kurve, die nächste Gerade - ganz und gar auf seine Fahrlinie. Was vorher war, interessierte ihn nicht mehr. Erst im Ziel war das Gehirn nicht mehr im Zaum zu halten. "Da ist die ganze Last abgefallen", sagte er.

Im April hatte ihm in seiner Schweizer Wahlheimat am Bodensee eine Frau die Vorfahrt genommen. Er stürzte schwer, verlor minutenlang die Besinnung und trug schwere Gesichtsfrakturen davon. Dennoch fuhr er im Juli die Tour de France. Beim Prolog, als Martin dem Gelben Trikot entgegenfuhr, platzte sein Reifen. Am Tag danach, auf der ersten Etappe, stürzte er erneut. Mit dem Bruch an der linken Hand kam auch die Angst vor dem Ende aller Olympia-Träume.

Martin rappelte sich auf. Er fieberte Olympia weiter entgegen, trotz dieser nicht enden wollenden Pechsträhne. Dieser Mittwoch, dieser 1. August, war der "Tag der Tage" für ihn. Der Tag, auf den diese gesamte, vermaledeite Saison ausgerichtet war. "Ich habe die Zeremonie einfach genossen", sagte er nach seiner "Auferstehung".

Zu Jahresbeginn hätte diese Konstellation ja niemand vorhersehen können. Martin war 2011 der Zeitfahr-Dominator, der neue Regent - nicht nur wegen des Weltmeistertitels. Er hatte Fabian Cancellara abgelöst, Bradley Wiggins weit hinter sich gelassen. Doch dann wendete sich das Glück von ihm ab. Bis zu diesem Mittwoch, da streckte es ihm wieder die Hand entgegen.

(Quelle: SID)


  • Tony Martin unterwegs zu Silber auf den Straßen von London. Foto: picture-alliance
    Tony Martin unterwegs zu Silber auf den Straßen von London. Foto: picture-alliance
  • Glücklicher Silbermedaillengewinner Tony Martin; Foto: picture-alliance
    Glücklicher Silbermedaillengewinner Tony Martin; Foto: picture-alliance