Sport im Verein – alles inklusiv?

Prof. Hans-Jürgen Schulke sieht die Sportvereine beim Thema Inklusion als Vorreiter. Der Autor ist Vizepräsident von Special Olympics.

Sportvereine bieten zahlreiche gemeinsame Aktivitätenfür  behinderte und nichtbehinderte Sportler und Sportlerinnen. Foto: picture-alliance
Sportvereine bieten zahlreiche gemeinsame Aktivitätenfür behinderte und nichtbehinderte Sportler und Sportlerinnen. Foto: picture-alliance

Anfang des Jahres hat der DOSB gemeinsam mit den drei Behindertensportverbänden ein Informationspapier zum Thema Sport und Inklusion verfasst, mit dem die Bedeutung der UN-Behindertenrechtskonvention für den Sport verdeutlicht wurde. Kernpunkt  ist ein neues Verständnis vom Zusammenleben behinderter und nichtbehinderter Menschen, das durch Respekt vor dem Anderssein, Gleichberechtigung im Alltagsleben und Stärkung der Potentiale beeinträchtigter Menschen getragen sein soll. Die „Inklusion“ behinderter Menschen gilt als Jahrhundertaufgabe (so Christian Ude bei der Entscheidung für eine Olympiabewerbung Münchens) angesichts der Herausforderung ihrer Umsetzung in Schulen, Kindertagesstätten und Betrieben.

Bedeutet Inklusion eine neuartige und weitere gesellschaftliche Aufgabe für den organisierten Sport? Nein, denn die Sportorganisationen stehen keineswegs vor der Startlinie. Das Papier des DOSB wurde an alle Mitgliedsorganisationen verschickt mit der Aufforderung, es zu diskutieren und bereits praktizierte Inklusionsaktivitäten zu dokumentieren. Die Antworten waren bemerkenswert. Es gibt bereits eine Vielzahl von gemeinsamen Aktivitäten behinderter und nichtbehinderter Menschen im Sport. Das gilt insbesondere für Vereine, die mit ihrer sozialen Offenheit grundsätzlich allen Menschen offen stehen und sie gleichberechtigt wie fördernd mitwirken lassen. Die jährlichen Auszeichnungen bei den „Sternen des Sports“ sind eindrucksvoller – dabei ausschnitthafter - Beleg für das Engagement der Vereine.

Bemerkenswert ist auch die Vielfalt der Initiativen in Vereinen und Verbänden. Inklusion ist weit mehr und vielschichtiger als gemeinsames Üben und Wettkämpfen in sportlicher Praxis – die BRK sieht das genau so und betont zudem auch die Möglichkeit von Aktivitäten behinderter Menschen untereinander. Selbst dafür fehlt es oft an Angeboten und Zugängen.

Die sportlichen Inklusionspraxen reichen von Bereitstellung geeigneter Sportstätten über „Unified-Gruppen“, inklusive Sportgroßveranstaltungen, Regelwerke in einfacher Sprache, Ordnerdienste bei Länderspielen, Schiedsrichtertätigkeit, Ausbildungskonzepte für Übungsleiter, feste Positionen in Führungsgremien bis hin zu einem verbrieften Inklusionsaudit eines Vereins. Die nominierten Beispiele, da darf man sicher sein, sind weitaus mehr als bisher bekannt. Jetzt geht es um das Sammeln, Sichten, Systematisieren und Steuern aller inklusiven Aktivitäten im Sport.

Dafür ist in den vergangenen Wochen mit allen Verbandsbereichen ein Positionspapier formuliert worden, das eine kontinuierliche wie planvolle Zusammenführung der vielen Aktivitäten anstrebt und ihre Dynamik befördern soll. Es wurde am Dienstag im Präsidium diskutiert und soll in der Mitgliederversammlung Anfang Dezember beschlossen werden. Schon jetzt steht fest, dass Sport behinderter Menschen kein sektorales Anliegen einzelner Verbände ist, sondern Querschnittsaufgabe aller Mitglieder im DOSB. Und es könnte sein, dass die beim Wahlhearing des DOSB Anfang Juni geäußerte Vermutung, der Sport könne Vorläufer der Inklusion in der ganzen Gesellschaft sein, schneller als erwartet Wirklichkeit wird.


  • Sportvereine bieten zahlreiche gemeinsame Aktivitätenfür  behinderte und nichtbehinderte Sportler und Sportlerinnen. Foto: picture-alliance
    Sportvereine bieten zahlreiche gemeinsame Aktivitätenfür behinderte und nichtbehinderte Sportler und Sportlerinnen. Foto: picture-alliance