Sport in der Ganztagsschule - eine Mogelpackung?

Der Text des Anstoßes ist eine neue Hochglanzbroschüre des Bundesministeriums für Bildung und Forschung mit dem Titel "Ganztagsschulen. Zeit für mehr", in der das pädagogische Profil dieser bundesweit propagierten innovativen Unterrichts- bzw. Schulform ausführlich beschrieben wird.

 

Offner Brief des Sportlehrerverbandes an Bildungsministerin Bulmahn

 

Dazu gehören auch sogenannte Beispiel-Stundenpläne für die 6. Klassen, die demnach ganztägig in der Zeit von 8.00 bis 16.00 Uhr unterrichtet werden (sollen). Und genau diese Stundenpläne sind für den Deutschen Sportlehrerverband (DSLV), die Berufsorganisation der Sportlehrkräfte in Deutschland, Anlass zu einem offenen Brief an Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn mit einer kritischen Stellungnahme: Die skizzierten Stundenpläne weisen nämlich jeweils nur noch zwei Unterrichtsstunden im Fach Sport aus. Diese sind dazu noch als Doppelstunden und darüber hinaus als Randstunden am Ende eines Unterrichtsvormittags bzw. Unterrichtstages in der zweiten Wochenhälfte bzw. am Freitag äußerst ungünstig platziert.

 

Kürzung der Sportstunden im Musterplan ist nicht verabredet gewesen

 

Die Hauptkritik des Sportlehrerverbandes wendet sich allerdings zunächst gegen die vorgenommene Kürzung von drei auf nur noch zwei Unterrichtsstunden im Fach Sport, zumal diese Entscheidung entgegen aller Vereinbarungen in der Kultusministerkonferenz getroffen wurde, die auch ihren Niederschlag in den aktuellen Richtlinien und Lehrplänen der einzelnen Bundesländer gefunden hat. Auch der Deutsche Sportbund (DSB) hat sich in seinen Positionspapieren zum Schulsport immer wieder für einen Mindestumfang von drei verpflichtenden Sportunterrichtsstunden ausgesprochen. In dem offenen Brief an die Ministerin, der von Helmut Zimmermann (Krefeld), dem Vizepräsidenten des DSLV für den Schulsport, unterzeichnet wurde, heißt es wörtlich weiter, „dass die Musterstundenpläne, zumindest was das Fach Sport anbelangt, keine Vorbildfunktion haben können. Im Gegenteil, sie provozieren als schlechte Beispiele einen pädagogisch unsinnigen Umgang mit dem Fach und seinen spezifischen Möglichkeiten".

 

Der DSLV richtet daher mit seinem Brief die Bitte an die Ministerin, "die veröffentlichte Fehlleistung zurückzuziehen oder zu korrigieren, damit schlechte Beispiele nicht noch länger Schule machen". Der offene Brief des DSLV an Edelgard Bulmahn ist jetzt abgedruckt im neuen Heft (März 2005) der Zeitschrift "sportunterricht", der vom DSLV herausgegebenen Monatsschrift zur Wissenschaft und Praxis des Sports. Das Heft enthält drei weitere fachspezifische Beiträge zum Thema Sport in der offenen Ganztagsschule, darunter auch einen mit dem Titel "Das Fach Sport an Ganztagsschulen: Eine Mogelpackung?", in dem Helmut Zimmermann, zugleich Präsident des DSLV-Landesverbandes Nordrhein-Westfalen, die im Brief an die Ministerin aufgezeigte Problematik mit Hintergrundinformationen erläutert. Ein Antwortschreiben von Ministerin Bulmahn auf den DSLV-Brief steht gegenwärtig noch aus.