Sport ist ein Faktor der Politik

Vorolympische Zeiten sind günstig. „Die Beziehungen zwischen Politik und Sport werden immer intensiver und offenkundiger“, sagt Dr. Michael Groll, der neue Koordinator für Sportpolitik an der Deutschen Sporthochschule Köln.

Durch die aktuelle Diskussion im Sport-Politik-Dreieck zwischen China, Tibet und Olympia wird der 44jährige Sportwissenschaftler bestätigt.

„Ich könnte mir vorstellen, dass sich aus diesem Forum heraus eines Tages einmal ein Institut für Sportpolitik an der DSHS bildet, dessen Aufgabe es dann sein sollte, die Beziehungen von Sport und Politik noch viel systematischer wissenschaftlich zu erfassen und die sportpolitischen Prozesse zu analysieren, um dann die Forschungsergebnisse in die Hochschullehre entsprechend einzubringen“, so Dr. Groll.

Ausschließen will Dr. Michael Groll den Irrtum, dass der Begriff „Politik“ in Beziehung zum Sport nur als internationale bzw. Weltpolitik definiert wird: „Wenn wir die Beziehungen zwischen Sport und Politik wissenschaftlich erforschen wollen, dann dürfen wir uns nicht nur beschäftigen mit dem Sport-Politik-Beziehungsgeflecht z.B. rund um die Vergabe Olympischer Spiele nach China oder einer Fußball-Weltmeisterschaft nach Südafrika. Dazu gehört auch die Einbindung des Sports in eine europäische Verfassung oder in das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland. Sport wirkt sich aus auf Kultur-, Wirtschafts- oder Gesundheitspolitik. Auf der kommunalen Ebene spielt die Nähe der Politik vor allem zur Masse der Breitensporttreibenden eine wichtige Rolle. Um es verkürzt auszudrücken: Der Sport ist ein Faktor der Politik.“ 

Im neu gegründeten Forum Sportpolitik an der Deutschen Sporthochschule Köln haben sich führende Mitarbeiter diverser Hochschul-Institute und Fachgebiete zusammen gefunden, die nunmehr auch in Zusammenarbeit mit externen Experten eine institutsübergreifende und interdisziplinäre Zusammenarbeit gewährleisten sollen. Dr. Groll: „Das Feld, auf dem wir agieren können, ist unendlich groß und im Höchstmaße spannend. Wichtig ist, dass wir Sportpolitik historisch aufarbeiten, um dann zukünftigen Entwicklungen eine wissenschaftliche Basis liefern zu können.“ 

Natürlich stellt sich dem Forum Sportpolitik die Frage, wie weit Sport z.B. durch die Politik, die Wirtschaft oder die Medien instrumentalisiert wird? Dr. Michael Groll nennt spontan markante Beispiele: die Olympischen Spiele 1936 in Garmisch-Partenkirchen und Berlin; den Sportverkehrsvertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR; die US-amerikanische Ping-Pong-Diplomatie; das Bedürfnis von Politikern auf allen Ebenen vornehmlich im Zusammenhang mit anstehenden Wahlen mit Hilfe von erfolgreichen Sportlern ihr Image aufzupolieren; oder die Auswirkung von Sponsoringverträgen, wenn etwa ein global agierender Getränkekonzern während der Wettbewerbszeit Konkurrenten aus dem Gastgeberland einer internationalen Meisterschaft verdrängt.