Sport ist ein wichtiges Politikfeld

DOSB-Vizepräsident Walter Schneeloch zum zweiten Sportentwicklungsbericht der Sportvereine in Deutschland, der am 22. Juni in Berlin bei einer Pressekonferenz vorgestellte wurde.

 

DOSB-Vizepräsident Walter Schneeloch
DOSB-Vizepräsident Walter Schneeloch

Der Sportentwicklungsbericht belegt eindrucksvoll die herausragende gesellschaftliche Bedeutung der Sportvereine. Prof. Breuer wird hierzu das Notwendige ausführen. Für mich als Vizepräsident Breitensport/Sportentwicklung möchte ich drei Aspekte hervorheben, die mir besonders bedeutsam sind:

  • Der Vereinssport stellt den quantitativ bedeutsamsten Träger bürgerschaftlichen Engagements in Deutschland dar. Bis zu 8,7 Mio. Personen sind hier engagiert. Dies entspricht einer Wertschöpfung von 6,6 Mrd. Euro pro Jahr.
  • Die steuerlichen Rückflüsse der Sportvereine betragen jährlich rd. 820 Mio. Euro. Diese Zahl übersteigt die öffentlichen Zuwendungen über 300 Mio. Euro.
  • Die rd. 91.000 Sportvereine mit über 27 Mio. Mitgliedschaften stehen für ein breites Angebots- und Leistungsspektrum. Davon kann man sich täglich in unseren Vereinen oder beim Internationale Deutsche Turnfest vor wenigen Tagen in Frankfurt/M. überzeugen. Dabei sind Sportvereine nicht mehr nur für ihre Mitglieder da. Über 70% der Vereine gehen           Kooperationen mit Schulen ein, mehr als ein Fünftel arbeitet bei der Angebotserstellung zusammen. Gut 46% kooperieren mit Kindergärten, 8% erstellen Angebote mit Krankenkassen. Sportvereine leisten viel für die Gemeinschaft vor Ort!

Wir alle spüren täglich, dass der Staat nicht alle Aufgaben der Daseinsvorsorge übernehmen kann. Es braucht eine neue Verantwortungsteilung von Staat, Wirtschaft und dem Non Profit Bereich. Die zentralen gesellschaftlichen Herausforderungen wie z.B. Integration, gesundheit-liche Prävention, Bildung etc. können ohne den 3. Sektor und ohne den Sport nicht gemeistert werden. In Zeiten einer zunehmenden gesellschaftlichen Verinselung und Ausdifferenzierung stehen Vereine für einen wichtigen sozialen Kitt.

Sport ist ein wichtiges Politikfeld. Der Sportentwicklungsbericht hat erneut bewiesen, dass der Staat auch zukünftig gut daran tut, die Leistungen der Sportvereine zu fördern und in seine politischen Strategien mit einzubeziehen.

Ich darf daher Bund, Ländern und Gemeinden für ihre Unterstützung der Sportvereine danken. Die öffentliche Sportförderung ist eine und bleibt eine gute und gesellschaftspolitisch sinnvolle Investition. Der DOSB hofft auf Klugheit und Weitsicht aller politisch Verantwortlichen, diese Unterstützung auch und gerade in Zeiten der Wirtschaftskrise nicht zurückzufahren, sondern auszubauen.

Ich nenne zwei Beispiele:

  • Der Sportentwicklungsbericht und andere Studien belegen eindeutig, dass von allen Lebensbereichen die Integration von Menschen mit Migrationshintergrund im Sport am besten gelingt. Der DOSB-Präsident weist zu Recht darauf hin, dass Sport Integration „ist“. Die Sportvereine verkörpern eine Vielzahl von Integrationspotenzialen mit einem ausgeprägten gesellschaftlichen Mehrwert. Der Bericht hat auch deutlich gemacht, dass die Integrationsbemühungen dann besonders erfolgreich sind, wenn Vereine gezielt Angebote und Sondermaßnahmen entwickeln und hierbei fachlich und finanziell nachhaltig unterstützt werden. Es ist ein Gebot politischer Klugheit, in das Integrationsspektrum der Sportvereine zu investieren. Ich danke dem Bundesinnenministerium für die entsprechende Förderung und aktuelle Entwicklungen, diese Förderung durch eine Umstellung auf eine Festbetragsfinanzierung zu entbürokratisieren. Ich verschweige aber auch nicht, dass diese Förderung höher ausfallen könnte. Der Bericht hat eindrucksvoll bewiesen, dass jeder Euro in das Programm „Integration durch Sport“ integrationspolitisch in hohem Maße sinnvoll ist.
  • Die politischen Dimensionen und der gesellschaftliche Mehrwert der Sportvereine entwickeln sich vor dem Hintergrund der „Kombination“ des Sports mit anderen Handlungsfeldern wie z.B. Integration, Gesundheit, Umwelt etc. Der Sport ist auch hier auf ein zeitgemäßes politisches Unterstützungsumfeld und auf Kooperation und Innovationsförderung angewiesen. Hier können wir auf eine gute Zusammenarbeit mit Bundestag und Bundesregierung zurückblicken. Ich nenne als Beispiel die besonders gute Zusammenarbeit mit dem Bundesumweltministerium. Aber auch in diesem Bereich besteht weiterhin ein hoher politischer Handlungsbedarf.
  • Das Präventionsgesetz ist bekanntlich gescheitert - ohne eine gesetzliche Verankerung des Sports ist eine zeitgemäße gesundheitliche Prävention jedoch überhaupt nicht mehr denkbar.
  • Das Bundesumweltgesetz steht seit einem Jahr zwischen Baum und Borke und wurde auf dem Altar der Koalitionsarithmetik geopfert. Wir hoffen hier auf politische Einsicht. Ohne bundeseinheitliche Regelungen zersplittert diese Materie noch mehr und für unsere ehrenamtlichen Natursportler wird es noch komplizierter.
  • Den Sportvereinen geht eine der wesentlichen Ressourcen „abhanden“ - die Sportstätten. Der Sanierungsstau der Sportstätten beträgt über 42 Mrd. Euro. Deutschland ist im Bereich des Sportstättenbaus vom Weltmeister zum Kreisligisten geworden. Ohne Sportstätten kein Sport im Verein und kein Schulsport! Wir brauchen eine nationale Kraftanstrengung und gezielte Förderungen, im Übrigen gerade und auch für die vereinseigenen Sportstätten,  deren Anzahl zunimmt.

Der Sportentwicklungsbericht hat auch deutlich gemacht, um welche Themen sich die Sportorganisationen zukünftig noch stärker kümmern müssen: Sportvereine müssen noch stärker Kooperationen eingehen und bspw. ihre Zusammenarbeit mit Schulen ausbauen. In einigen Bereichen ist auch die Organisationsstruktur zu überdenken - es braucht mehr Kooperationen zwischen den Vereinen und im Sport allgemein. Und Sportvereine müssen noch politikfähiger werden - auch vor Ort ist Sport nicht mehr Freizeitgestaltung, sondern ein kommunales Politikfeld!

Der Sportentwicklungsbericht, von DOSB und BISp gemeinsam entwickelt hat sich mehr als bewährt. Mit den Befunden und Analysen wird im Sportsystem gearbeitet. Er ist Grundlage von OE-Prozessen und Strategieentwicklungen. Er macht den Sport argumentationsfähiger, zeigt uns aber auch Verbesserungspotenziale auf. Mehr Wissen macht uns handlungsfähiger! Nach meiner Kenntnis ist es das einzige wissenschaftliche Berichtsinstrument im deutschen Non-Profit-Bereich, welches auf einer Organisationsbefragung aufbaut. Es wird zunehmend zum Vorbild auch für andere Bereiche und international beachtet! Auch dies belegt die Innovationsfähigkeit des Sports mit einem Mehrwert für andere gesellschaftliche Bereiche! Wir danken daher BMI und BISp für die Unterstützung und Partnerschaft. Der DOSB freut sich auf die dritte Befragungswelle (ab Herbst 2009) und die vom BMI zusagte Fortführung des Projektes ab 2011.


  • DOSB-Vizepräsident Walter Schneeloch
    DOSB-Vizepräsident Walter Schneeloch