Sportärzte feiern 100. Geburtstag ihres Verbandes

Die Deutsche Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention (DGSP) feierte am Donnerstagnachmittag (5.10.) im Konzerthaus Berlin ihr hundertjähriges Bestehen.

Am Festakt zum 100-jährigen Jubiläum der DGSP in Berlin nahm auch DOSB-Präsident Bach teil (3.v.re.). Foto: DGSP
Am Festakt zum 100-jährigen Jubiläum der DGSP in Berlin nahm auch DOSB-Präsident Bach teil (3.v.re.). Foto: DGSP

Es war zunächst ein Festakt, wie man ihn sich für einen medizinischen Verband, der seinen 100. Geburtstag feierte, vorstellt: prominente Redner, Lobeshymnen, freundlich-kritische Bemerkungen und klassische Musik, vorgetragen von den Kinder und Jugendlichen der Internationalen Musikakademie Berlin. 350 Mitglieder und das Präsidium der Deutschen Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention (DGSP) – deutsche Sportärzte schauten am Donnerstagnachmittag im Konzerthaus Berlin zurück und auch ein wenig nach vorne, und dann kam Detlev Ganten, Pharmakologe und Molekularbiologe sowie langjähriger Vorstand der Berliner Charité, mit seinem Festvortrag „Bewegung und Sport: Schrittmacher für die Evolution der Medizin“, der nicht weniger als eine Einsteinische Formel für die malade Weltgesundheit forderte.

Das genaue Gründungsdatum des deutschen und damit ersten Sportärzteverbandes weltweit war der 18. September 1912 in Oberhof. Feiern aber wollten die Sportärzte von heute lieber in der Bundeshauptstadt mit Festakt, Internationalem Kongress und Berliner Abend. Jetzt kann man von einem gelungenen Auftakt sprechen: Nach der Eröffnung und Begrüßung durch DGSP-Präsident Herbert Löllgen (Remscheid) sprachen Annette Widmann-Mauz (Parlamentarische Staatssekretärin Bundesminister für Gesundheit, Berlin), Gerhard Böhm (Ministerialdirektor des Bundesministerium des Innern, Berlin), Bernd Krömer (Staatssekretär im Senat für Inneres und Sport, Berlin), Thomas Bach (Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes, Frankfurt), Fabio Pigozzi (Präsident des Weltverbandes für Sportmedizin, Rom) und Detlev Ganten (Präsident des World Health Summit, Charité Berlin). Die historischen Anmerkungen formulierte Manfred von Richthofen, der Ehrenpräsident des Deutschen Olympischen Sportbundes aus Berlin. Für sein Lebenswerk wurde Wildor Hollmann, Sportmediziner aus Köln geehrt. Schlusswort und Dank richtete Jürgen Wismach, Vorsitzender des Berliner Sportärztebundes, an die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Festaktes.

Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz hob hervor, dass Deutschland das Mutterland der Sportmedizin sei, wegweisend in der Vergangenheit mit dem ersten Laufband, den ersten systematischen sportmedizinischen Untersuchungen, dem ersten Buch zur Sportmedizin und dem ersten sportmedizinischen Forschungsinstitut. Heute gingen die Leistungen der Sportmedizin über den Leistungssport hinaus, Prävention und Rehabilitation seien wesentliche Komponenten geworden. Sport als Therapie von Körper und Geist seien wissenschaftlich belegt und nützten in jedem Alter. Nur leider, so meinte Frau Widmann-Mauz, seien davon noch nicht alle Bundesbürger überzeugt. „Deshalb muss die Sportmedizin auf ihrem Weg weitergehen. Das von der Bundesregierung ins Leben gerufene Projekt Inform, das sich für die richtige Ernährung und mehr Bewegung einsetzt, müssen wir intensivieren, und ich würde mich freuen, wenn sich die DGSP hier weiter stark engagieren würde.“

„Der medizinische Fortschritt ist enorm, die Gesundheit der Welt allerdings wird immer schlechter. Zwei Milliarden Menschen haben Zugang zur modernen Medizin, fünf Milliarden aber nicht. Wollen wir diesen Zustand akzeptieren oder müssen wir etwas verändern?“ fragte Detlev Ganten, den DGSP-Präsident Löllgen zum Festredner auserkoren hatte. Der Sportmediziner wollte einen Akzent setzen, indem er seine Fachrichtung durch einen Außenstehenden beleuchten ließ. Einen Grundsatzvortrag mit neuen Gedanken, Idee und Konzepten hatten die versammelten Sportmediziner nicht erwartet. „Wir brauchen eine neue Medizin“, das steht für Ganten außer Frage. „Die Evolution des Menschen kennen wir. Wir wissen, unsere Biologie ist alt, die Evolution ist langsam, doch unsere Umwelt – denken Sie nur an die Städte mit bis zu 40 Millionen Einwohnern – verändert sich rasant, die Veränderungen sind schnell. Und diese Kluft führt zu Zivilisationskrankheiten.“ Er fordert eine evolutionäre Medizin, will wie Einstein für die Relativitätstheorie eine Formel für die Gesundheitsmedizin der Welt entwickeln, und zwar auf den Grundlagen der Evolution. „Das wird ein neues, riesiges Forschungsgebiet, bei dem Bewegung und Ernährung Schlüsselgebiete sind und die Sportmediziner eine wichtige Rolle einnehmen werden.“

Noch bevor DOSB-Präsident Thomas Bach aus dem Bundeskanzleramt zum Festakt herbeieilte, brachte DGSP-Präsident Löllgen seine Gedanken zum Jubiläum ein. Er hob vor allem die Rolle der Frau im Sport hervor, wies auf die laufende Aufarbeitung der Sportmedizin im Dritten Reich hin, erinnerte daran, dass die DGSP sich schon längst als Verband mit seiner Antidoping-Erklärung gegen die Manipulation von sportlichen Leistungen ausgesprochen hat und daran festhält, und äußerte seine Sorge über die bedrohten sportmedizinischen Institute.

„Ich brauche Ihnen nicht zu sagen, wie groß die Wertschätzung im deutschen Sport für die Sportmedizin ist. Wir haben gerade bei Olympia erlebt, dass ohne die Arbeit der Sportmediziner am und mit dem Athleten dieses Ergebnis nicht möglich gewesen wäre. Wir sollten uns gemeinsam aber auch anderen Themen widmen, wie dem Medikamenten¬missbrauch in der Bevölkerung oder der Gesundheitsvorsorge. In der Prävention warten viele, viele Aufgaben auf uns. Ich hoffe, dass sich die deutschen Sportärzte den Problemen stellen und bei den gesellschaftlichen Herausforderungen mitwirken.“

(Quelle: DGSP)


  • Am Festakt zum 100-jährigen Jubiläum der DGSP in Berlin nahm auch DOSB-Präsident Bach teil (3.v.re.). Foto: DGSP
    Am Festakt zum 100-jährigen Jubiläum der DGSP in Berlin nahm auch DOSB-Präsident Bach teil (3.v.re.). Foto: DGSP
  • DGSP-Präsident Löllgen (re.) mit Festredner Ganten; Foto: DGSP
    DGSP-Präsident Löllgen (re.) mit Festredner Ganten; Foto: DGSP