Sportarten bei den Olympischen Spielen in London (Teil 2)

Bis zum Beginn der Sommerspiele in London am 27. Juli stellen wir in einer täglichen Serie die olympischen Sportarten vor. Heute: Kanu, Radsport und Rudern.

Christian Gille (vo.) und Thomasz Wylenzek holten in Peking im Canadier Zweier Bronze. Foto: picture-alliance
Christian Gille (vo.) und Thomasz Wylenzek holten in Peking im Canadier Zweier Bronze. Foto: picture-alliance

Kanu

Englische Seefahrer brachten im 16. Jahrhundert erstmals Kanus nach Europa. In Grönland, Nordamerika und Asien dienten die Boote bereits über Jahrtausende als Fortbewegungsmittel. Sportliche Wettkämpfe wurden erstmals im 19. Jahrhundert ausgetragen. Die Gründung des ersten Kanu-Klubs, des Royal Canoe Club of London, geht auf das Jahr 1866 zurück.

OLYMPIA DER NEUZEIT: Der Kanu-Rennsport schnupperte erstmals 1924 in Paris als Demonstrationssportart olympische Luft. Seit den Spielen 1936 in Berlin ist die Sportart fester Bestandteil der Spiele. Bei der offiziellen Premiere wurden neun Wettbewerbe ausgetragen. Kanu-Slalom, erstmals 1972 in München olympisch, steht seit 1992 in Barcelona ständig auf dem Programm. Seit London 1948 nehmen auch Frauen an den Rennen teil. 1956 wurden letztmals Langdistanzrennen über 10.000 m ausgetragen. In London stehen im Rennsport zwölf Disziplinen (acht bei den Männern, vier bei den Frauen), im Slalom vier Entscheidungen (drei bei den Männern, eine bei den Frauen) an.

STARS DER GESCHICHTE: Deutschlands Rekord-Olympiasiegerin Birgit Fischer ist mit acht Goldmedaillen die erfolgreichste Kanutin bei Olympischen Spielen. Zusätzlich holte die 50-Jährige noch vier Mal Silber. Wegen Herzproblemen musste Deutschlands Sportlerin des Jahres von 2004 ihre Comebackpläne im Frühjahr begraben. Bei den Männern holte der Schwede Gert Fredriksson zwischen 1948 und 1960 sechs Gold- und eine Silber- und eine Bronzemedaille. Katrin Wagner-Augustin ist mit vier Siegen und einem dritten Platz die erfolgreichste noch aktive Kanutin.

BESONDERHEITEN DER SPORTART: Beim Kanu-Rennsport treten die Athleten auf einem stehenden Gewässer gegeneinander an. Dagegen finden die Slalom-Wettkämpfe im Wildwasser statt, wobei die Kanuten jeweils Einzeln unterwegs sind. In London stehen Entscheidungen im Einzel, Zweier und im Vierer an. Beim Slalom müssen die Fahrer bis zu 25 Tore entweder stromauf- oder stromabwärts passieren. Bei einem Fehler gibt es eine Zeitstrafe. Die Rennen werden im Canadier, der knieend mit einem Stechpaddel gesteuert wird, oder im Kajak ausgetragen. Das Kajak wird sitzend mit einem Doppelpaddel angetrieben. Die Frauen sind bei Olympia nur im Kajak im Einsatz.

DEUTSCHE OLYMPIABILANZ SEIT 1896: Deutsche Mannschaften sind die mit Abstand erfolgreichsten bei Olympischen Spielen. Insgesamt holten deutsche Kanuten bisher 107 Medaillen (45-32-30). Bei den Spielen 1936 in Berlin heimste Deutschland zwei Gold-, drei Silber- und zwei Bronzemedaillen ein. Im Zweier-Kajak über 10.000 m siegten Paul Wevers und Ludwig Landen, im Einer über die gleiche Distanz hatte Ernst Krebs die Nase vorn. Seither gilt der Kanusport als deutsche Medaillenbank.

Ergebnisse von Peking in der Olympia-Datenbank 2008

Olympiadatenbank London 2012


Radsport

Bei den ersten Olympischen Spielen in Athen 1896 wurde das Radrennen auf der Strecke des Marathonlaufs zwischen Athen und Marathon ausgetragen. Erst 1912 kehrte der Straßenradsport zurück. 1992 fand letztmals der Straßen-Vierer statt, der ab 1960 im Programm gewesen war. Seit 1996 sind die Wettbewerbe für Profis geöffnet und neben dem Straßenrennen wird seither ein Einzelzeitfahren ausgetragen. Die einzigen deutschen Sieger im Straßenrennen waren bisher Olaf Ludwig (1988) und Jan Ullrich (2000). Im Mannschaftsfahren gewann 1988 die damalige DDR und 1992 der gesamtdeutsche Vierer. Seit 1984 gibt es auch ein Straßenrennen für Frauen, das 1996 durch ein Einzelzeitfahren ergänzt wurde.

Bis auf die Spiele 1912 wurden immer Wettbewerbe im Bahnradsport ausgetragen. 2012 nicht mehr im olympischen Programm sind das Madison, das Punktefahren und die Einzelverfolgung. Neu hinzu kommt dafür das Omnium. Seit 1988 werden auch Wettbewerbe für Frauen auf der Bahn ausgetragen. Für 2012 werden mit dem Omnium, der Mannschaftsverfolgung, dem Keirin und dem Teamsprint vier Rennen hinzukommen. Seit den Sommerspielen 1996 werden auch Mountainbike-Rennen ausgerichtet. Im Zuge der Attraktivität für die Jugend, wurden 2008 erstmals auch Medaillen auf dem BMX-Rad vergeben. Erfolgreichste Nation der olympischen Geschichte ist Frankreich mit insgesamt 86 Medaillen. Deutschland hat 72 Medaillen gewonnen.

STARS DER GESCHICHTE: Der britische Sprinter Chris Hoy holte auf der Bahn vier Gold-Medaillen, alleine drei in Peking 2008. Sein Landsmann Bradley Wiggins steht nach den Spielen 2004 und 2008 bei drei Olympiasiegen, mittlerweile ist er in den Straßenradsport gewechselt. Dominierende weibliche Olympionikin ist die Niederländerin Leontien Zijlaard-van Moorsel, die 2000 und 2004 viermal Gold, einmal Silber und einmal Bronze auf Bahn und Straße gewann. Der Goldmedaillen holte auch der Deutsche Jens Fiedler: 1992 und 1996 siegte er im Bahnsprint, 2004 mit dem Sprintteam. Hinzu kamen 2000 zwei Bronzemedaillen. Star der frühen Olympia-Phase war der Amerikaner Marcus Hurley, der 1904 viermal Gold von der Viertemeile bis zur Meile gewann, zudem Bronze über zwei Meilen holte.

DEUTSCHE OLYMPIABILANZ: Radsportler aus Deutschland und der DDR holten bislang 74 Olympiamedaillen (23 Gold, 25 Silber, 26 Bronze). Davon entfallen auf die Bahnradfahrer 55 (18-17-20), auf die Straßenfahrer 17 (4-8-5) und auf die Mountainbiker zwei (1-0-1). Im prestigeträchtigen Olympischen Straßenrennen feierten DDR-Athlet Olaf Ludwig (1988) und Jan Ullrich (2000) Siege.

Ergebnisse von Peking in der Olympia-Datenbank 2008

Olympiadatenbank London 2012


Rudern

Seinen Ursprung als Wettkampf hat das Rudern in England, von der Insel gingen wichtige Impulse für die Entwicklung des Sports aus. 1715 schrieb der Brite Thomas Dogget den ersten verbrieften Wettkampf aus, 1775 wurde auf der Themse die erste Regatta ausgetragen. Dort findet seit mehr als 180 Jahren die wohl bekannteste Regatta der Welt statt: Das "Boat Race", der Achter-Wettkampf der Universitäten von Cambridge und Oxford, wird seit 1829 ausgetragen. Mit der Gründung des Hamburger Ruder-Clubs schaffte es der Sport auch nach Deutschland, die erste Regatta auf deutschem Gewässer folgte 1844 ebenfalls in Hamburg. Am 18. März 1883 gründeten die Vertreter von 34 Rudervereinen den Deutschen Ruderverband im Kölner Gürzenich.

OLYMPIA DER NEUZEIT: Schon bei den ersten Olympischen Spielen der Neuzeit 1896 in Athen stand Rudern auf dem Wettkampfplan. Die Vertreter der Sportart mussten sich jedoch gedulden: Aufgrund schlechten Wetters fiel die Disziplin aus, so feierten die Ruderer erst 1900 in Paris ihre Olympia-Premiere. Erster Sieger im Einer war der Franzose Henri Barrelet, die USA holten das erste Achter-Gold. Die Renndistanz änderte sich zu Beginn häufig. Das erste Rennen im Einer wurde über 1750 m ausgetragen. 1904 waren es 3219 m, 1908 2414 m. Heute werden olympische Wettkämpfe über 2000 m gefahren. Erst seit 1976 rudern auch Frauen bei den Olympischen Spielen.

STARS DER GESCHICHTE: Rumänien stellt die erfolgreichsten Ruder-Athletinnen der olympischen Geschichte. Elisabeta Lipa gewann zwischen 1984 und 2004 insgesamt 8 Medaillen (5 x Gold, 2 x Silber, 1 x Bronze), Georgeta Andrunache holte zwischen 2000 und 2008 sechs mal olympisches Edelmetall (5 x Gold, 1 x Bronze). Der beste Mann kommt aus dem Mutterland des Rudersports: Der Brite Steven Redgrave (1984 bis 2000) gewann viermal Gold und einmal Bronze.

Den ewigen Medaillenspiegel führt dagegen Deutschland mit großem Vorsprung an. Allein sechzig Goldmedaillen (27 x Silber, 29 x Bronze) errangen die deutschen Athleten bis heute. Die Vereinigten Staaten folgen mit 31 Goldmedaillen (31 x Silber, 22 x Bronze) auf Rang zwei.

Der prestigeträchtige Achter war lange Zeit eine rein amerikanische Angelegenheit: Die ersten beiden Titel gingen 1900 und 1904 an die USA, danach sicherten sich die Briten zweimal Gold. Doch von 1920 bis 1956 kam jedes Achter-Siegerboot aus Amerika. Das von Karl Adam trainierte deutsche Boot war 1960 nach langer Zeit der erste Sieger, der nicht aus den USA kam.

DEUTSCHE OLYMPIABILANZ SEIT 1900: Die erste der insgesamt 60 deutschen Goldmedaillen gewannen Kurt Moeschter und Bruno Müller 1928 in Amsterdam im Zweier ohne Steuermann. Später dominierten vor allem die Ruderer der DDR: Zwischen 1968 und 1980 blieben sie im Zweier ohne Steuermann und im Vierer ohne Steuermann jeweils viermal in Folge bei Olympia ungeschlagen, zudem gelang 1976 und 1980 der Sieg im Doppelvierer. Hier sammelte auch die Männer der Bundesrepublik fleißig Gold ('84, '92, '96). Seit der Einführung des Doppelvierers bei den Frauen 1988 kamen die Sieger fünfmal in Folge aus Deutschland: 1988 gewann das Team der DDR, bis einschließlich 2004 holte das gesamtdeutsche Boot jeweils die Goldmedaille. Im Achter belohnten sich deutsche Athleten insgesamt achtmal mit Gold. Jeweils zweimal sicherten sich die Männer aus BRD ('68, '88) und DDR ('76, '80) den Olympiasieg, 1960 gewann das gesamtdeutsche Team. Bei den Frauen holte dreimal das DDR-Team den Titel ('76, '80, '88). Der erste und einzige deutsche Olympiasieger im Einer war Thomas Lange: 1988 holte er in Seoul Gold für die DDR, vier Jahre später gewann er in Barcelona für Gesamtdeutschland. Bei den Frauen holte Christine Scheiblich aus der DDR 1976 das erste Gold im Einer. Jutta Behrend (DDR/'88) und Katrin Rutschow-Stomporowski (2004) wiederholten den Erfolg.

Ergebnisse von Peking in der Olympia-Datenbank 2008

Olympiadatenbank London 2012

 

(Quelle: Sport-Informations-Dienst, SID)


  • Christian Gille (vo.) und Thomasz Wylenzek holten in Peking im Canadier Zweier Bronze. Foto: picture-alliance
    Christian Gille (vo.) und Thomasz Wylenzek holten in Peking im Canadier Zweier Bronze. Foto: picture-alliance
  • Bert Grabsch beim Einzelzeitfahren in Peking 2008; Foto: picture-alliance
    Bert Grabsch beim Einzelzeitfahren in Peking 2008; Foto: picture-alliance
  • Start der Doppel-Vierer in Peking 2008; Foto: picture-alliance
    Start der Doppel-Vierer in Peking 2008; Foto: picture-alliance