Wie wirkt sich der Klimawandel und die Energiekrise auf die Entwicklung von Sportstätten aus? Wie können sie effizient betrieben werden? Und welche Schritte sind erforderlich, um sie auf regenerative Systeme wie Wärmepumpen umzurüsten? Diese und weitere Fragen stehen im Mittelpunkt der neunten Sportstättenmesse und Fachtagung „sportinfra“, die heute und morgen in der Sportschule und Bildungsstätte des Landessportbundes Hessen (lsb h) in Frankfurt stattfindet. Vor Ort sind rund 70 Aussteller, die ihre Produkte präsentieren, umfassend informieren und beraten. Überdies beleuchtet eine facettenreiche Fachtagung mit elf Foren das Schwerpunktthema „Klimaneutrale Sportstätten“ aus verschiedensten Blickwinkeln. Sie zeigt Wege auf, wie Kommunen, Vereine und Verbände die vielfältigen Herausforderungen meistern können, die mit der Sportstättenentwicklung verbunden sind.
Mit mehr als 1.000 Gästen rechnet der lsb h während der Veranstaltung, die am Mittwoch (2.11.) von Präsidentin Juliane Kuhlmann eröffnet wurde. Sie sprach von einer „sehr, sehr großen Herausforderung“ für den Sport, der wie andere gesellschaftlichen Bereiche seinen Beitrag zum Klimaschutz leisten und Sportstätten umrüsten müsse. Zudem verdeutlichte die hessische Sportchefin, dass sich der Handlungsdruck aufgrund der Energiekrise und explodierender Preise um eine Dimension erweitert hätte. „Es geht nun darum, so schnell wie möglich von Öl und Gas weg zu kommen.“
Bis 2045 sollen – so das Ziel der Bundesregierung – alle Sportstätten in Deutschland ohne fossile Energieträger wie Öl und Gas betrieben und beheizt werden. Das ist ein ambitioniertes Vorhaben, denn die Sportinfrastruktur in Deutschland ist vielerorts veraltet. Diesen Aspekt griff Dr. Frank Weller, Vizepräsident Vereinsmanagement, auf. Dass man in Krisenzeiten zuversichtlich bleiben solle, so Weller, werde vonseiten der Politik gerne gesagt. Doch das sei nur dann möglich, „wenn man sich auf Sportanlagen bewegt, die nicht aussehen wie aus den 1950er-Jahren“. Die „sportinfra“ sei ein wichtiges Forum, um zu neuen Erkenntnissen zu kommen und sich zu zentralen Fragen auszutauschen. Dies unterstrich auch lsb h-Chefin Kuhlmann, die mit Stolz auf die Entwicklungen im lsb h-Geschäftsbereich Sportinfrastruktur blickte. „Seit mehr als 20 Jahren unterstützen wir bereits unsere Vereine. Eine ganz wichtige Basis ist unser Öko-Check mit bislang rund 4.000 Sportstättenberatungen.“
Zahlreiche Vertreter/innen aus Vereinen und Kommunen nahmen an der Auftaktveranstaltung teil, während der viele verschiedene Aspekte aufgegriffen wurden. Die Auswirkungen hoher Energiekosten auf den organisierten Sport etwa. Oder die Rolle der Schwimmbäder, die sich in Zeiten der Energie- und Klimakrise neu ausrichten müssen. Oder die langfristigen Folgen hoher Treibhausgasemissionen auf Gesellschaft und Sport. „Wir leben auf Kosten der Zukunft, auf Kosten unserer Kinder und Enkel“, mahnte Prof. Dr. Thomas Schmid vom Hessischen Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie.
Welche Rolle Sportvereine und Kommunen als Sportstättenbetreiber bei der Bewältigung des Klimawandels einnehmen können, erläuterte Michaela Röhrbein, Vorstand Sportentwicklung beim DOSB. „Der Sport kann einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten.“ Gefragt sei eine nachhaltige Nutzung, etwa durch ausgeklügelte Veranstaltungskonzepte oder die Zusammenlegung von Spieltagen. Auf lange Sicht sei es erforderlich, Sportstätten „anders zu denken“, weniger Flächen zu versiegeln und die wegen des Klimawandels steigenden Temperaturen stärker zu berücksichtigen, so Röhrbein.
Deutlich wurde: Der Sport spielt nicht nur eine wichtige Rolle für den Klimaschutz, sondern hat bereits viele Entwicklungen angestoßen. Als passendes Vereinsbeispiel diente die SG Hünstetten (Südhessen), die ihre Erfahrungen beim Bau eines klimaneutralen Vereinsheims schilderte. Deutlich wurde aber auch: Der Sport muss sich mehr Gehör verschaffen, braucht mehr Unterstützung durch die Politik, um flächendeckend Projekte dieser Art realisieren zu können. „Es braucht eine Kraftanstrengung von Bund, Ländern und Kommunen“, sagte Jens-Uwe-Münker, Abteilungsleiter Sport im Hessischen Ministerium des Innern und für Sport. Das Land unterstütze die Sportstättenförderung mit 20 Millionen Euro, von denen der Großteil für energetische Sanierungen genutzt werden, führte Münker aus und betonte, dass diese Mittel nicht ausreichend seien. „Wir brauchen mehr Geld, wir brauchen den Bund im Boot.“ Der hatte sein Investitionspakt Sportstätten vorzeitig eingestellt, was lsb-Chefin Kuhlmann scharf kritisierte: „So kommen wir bei der Dekarbonisierung der Sportstätten nicht weiter.“
Die zweitägige Fachtagung liefert wertvolle Impulse, weil Vereine, Verbände, Kommunen und Sportstättenplaner/innen viele verschiedene Blickwinkel einbringen. Differenziert wird zwischen Sportstätten im ländlichen Raum und in Ballungsräumen, wo vielerorts eine multifunktionale Nutzung von öffentlichen Flächen, beispielsweise Parkanlagen, zur Diskussion steht. Zudem wird aufgezeigt, welche Fördermöglichkeiten für die kostenintensiven Umrüstungen genutzt werden können. Erfahrene Referent/innen gehen außerdem darauf ein, was Nachhaltigkeit im Sportstättenbau konkret bedeutet, welche Aspekte dabei berücksichtigt werden müssen und welche Chancen sich bieten. Ebenfalls im Mittelpunkt steht die Frage, welche Schritte erforderlich sind, um bei Neubauten auf eine fossile Wärmeerzeugung vollständig zu verzichten. Ein Forum widmet sich dem Thema Natur- und Umweltschutz im Sportstättenbau und erläutert u. a., welchen Stellenwert die Beleuchtung dabei spielt. Ein weiteres Forum widmet sich dezidiert der Frage, wie eine nachhaltige Pflege von ungedeckten Sportanlagen (z. B. im Bereich Bewässerung) aussehen kann.
(Quelle: LSB Hessen)