Sportjugend in Europa, Europa in der Sportjugend

Dsj-Vorstandsmitglied Luca Wernert schildert, auch angesichts der bevorstehenden Europawahl, wie es um die Sportjugend in Europa sowie Europa in der Sportjugend bestellt ist.

„Youth in Action! – International Activity“ auf Zypern. Foto: ENGSO Youth
„Youth in Action! – International Activity“ auf Zypern. Foto: ENGSO Youth

Als „Europäisierung“ beschreibt man den gesellschaftlichen Wandel in Europa durch die europäische Integration. Auch für die Deutsche Sportjugend ist das kein Fremdwort. Seit 2002 verfügt auch die Jugendverbandsarbeit im Sport in Europa über ein institutionalisiertes Netzwerk. ENGSO Youth versteht sich als Jugendorganisation des Breitensports in Europa und setzt sich insbesondere für die Beteiligung aller junger Menschen in den europäischen, nationalen und lokalen Strukturen des Sports ein. Die Deutsche Sportjugend (dsj) engagiert sich seit der Gründung von ENGSO Youth in der Zusammenarbeit mit anderen Jugend- und Sportorganisationen aus Europa.

Die Aktualität des Querschnittthemas Europäisierung für die Sportjugend-Arbeit ist keinesfalls nur dann gegeben, wenn wieder einmal die Wahlen zum Europäischen Parlament anstehen. Es ist aber eine gute Gelegenheit, um an dieser Stelle darzustellen, wie es um die Sportjugend in Europa sowie Europa in der Sportjugend bestellt ist. Zuallererst lohnt sich dafür der Blick über den Tellerrand hinaus. Die Rollen von jungen Menschen in den Sportverbänden Europas sowie ihre Möglichkeiten zur Mitgestaltung und dafür, Verantwortung für die eigenen Interessen und Anliegen zu übernehmen, sind sehr unterschiedlich ausgeprägt.

Das deutsche Modell der Sportjugend, also eine ausdifferenzierte selbstorganisierte Struktur von Partizipation, Interessensvertretung und inhaltlicher Arbeit im Sinne der Kinder- und Jugendlichen im Sport, ist europaweit einzigartig. Kein anderer nationaler Sport-Dachverband kann eine so umfassende, unabhängige und politische Jugendorganisation sein Eigen nennen. Das heißt zwar nicht, dass nirgendwo sonst institutionalisierte Vertretungen junger Menschen die Geschicke von Sportorganisationen mitgestalten, aber die Kriterien der Unabhängigkeit, der demokratischen Legitimation durch junge Menschen oder die Möglichkeit zur verbindlichen Mitwirkung an Entscheidungen sind rar gesät. Ob und wie junge Menschen in Europa ihren Sport und dessen Organisation mitgestalten können, hängt in den meisten Fällen vom guten Willen der Verbände ab.

Es ist deshalb mehr als richtig, dass sich ENGSO Youth – ihrerseits übrigens die eigenständige Jugendorganisation von ENGSO – diesem Thema angenommen hat. Neben den vielfältigen Institutionen und Akteuren der europäischen Politik sind dabei auch die eigenen Mitgliedsorganisationen Adressat dieses Engagements. Dass es dabei keine „one fits all“ Lösung gibt ist klar. Die verschiedenen Verbände haben unterschiedliche Ausgangs- und Rahmenbedingungen. Es gilt individuell zu prüfen, wie Mechanismen zur Jugendbeteiligung jeweils realisiert und verankert werden können. Der europäische Sportjugend-Begriff soll und wird sich in den kommenden Jahren mit Leben füllen und weiterentwickeln. Das ist nämlich nicht nur wünschenswert, sondern angesichts der gesamtgesellschaftlichen und weltpolitischen Lage auch im Sinne der europäischen Idee.

Die Deutsche Sportjugend möchte diesen Prozess mit voranbringen. Unter der Federführung von ENGSO Youth hat sich die dsj deshalb gemeinsam mit weiteren Partnern auf Fördermittel aus dem Programm ERASMUS+ beworben. In einem zweijährigen Projekt soll nach konzeptioneller Vorarbeit die systematische Jugendbeteiligung in den Sportorganisationen von Italien, Finnland und Portugal verbessert werden. Es ist sicher nicht davon auszugehen, dass die Deutsche Sportjugend sich schon morgen mit ihrem neuen italienischen, finnischen oder portugiesischen Pendent zum Unterzeichnen einer Kooperationsvereinbarung oder ähnlichem treffen kann. Aber Schritt für Schritt kann die dsj ihre Expertise teilen, Beratung anbieten und Kontakte herstellen. Im Gegenzug profitiert die dsj von dem Erfahrungsaustausch und – im Falle einer Bewilligung – von finanziellen Mitteln.

Denn auch dieser Aspekt ist an dieser Stelle nicht zu vernachlässigen. Auf europäischer Ebene stehen verschiedene spannende Förderprogramme bereit, um junge Menschen, ihre Beteiligung und Persönlichkeitsentwicklung zu unterstützen. ERASMUS+ mit seinen vielfältigen Unter-Programmen ist sicher das bekannteste, einen weiteren „Topf“ stellt beispielsweise die European Youth Foundation als Stiftung des Europarates zur Verfügung. Die Modalitäten der Finanzierungen sind detailreich und immer auch mit bürokratischem Aufwand verbunden. Jedoch kann es sich durchaus auch für nationale Jugend- und Sportorganisationen lohnen, dort entsprechende Anträge einzureichen und durch die Zusammenarbeit mit europäischen Partnern sowohl im fachlichen Sinne als auch im Sinn der internationalen Vernetzung zu profitieren.

Um auf die Frage zurückzukommen, wie es um die Sportjugend in Europa sowie Europa in der Sportjugend bestellt ist, muss man sicher feststellen, dass noch Luft nach oben ist. Mit konkreten Projekten, unterstützenden Finanzierungen und gewinnbringenden Kooperationen kann die Europäisierung der Sportjugend-Welt jedoch ganz sicher nachhaltig vorangetrieben werden. Junge Menschen, ihre sportlichen und politischen Interessen sowie ihre Erwartungen an verbindliche Beteiligung auf Augenhöhe müssen dabei immer im Mittelpunkt stehen.

Unter dem Titel „Youth in Action!“ veranstaltete ENGSO Youth im Mai 2024 eine Maßnahme für junge Engagierte aus Europa. Im Mittelpunkt standen Fragen der Jugendbeteiligung in den Strukturen des Sports. Aus Deutschland waren Luca Wernert (dsj-Vorstandsmitglied & ENGSO Youth Committee Member), Saskia Effert und Denise Robrade (beide ENGSO Youth Young Delegates) Teil der durch die European Youth Foundation finanzierten Aktivität auf Zypern.

(Quelle: dsj)


  • „Youth in Action! – International Activity“ auf Zypern. Foto: ENGSO Youth
    Junge Leute stehen für ein Gruppenbild am Strand Foto: ENGSO Youth