Sportpolitiker mit Positionen zur Fortentwicklung des Sports in Ostdeutschland

Sportpolitiker des Deutschen Bundestages haben zum Tag der deutschen Einheit die Leistungen des Sports im Vereinigungsprozess unterstrichen  und gefordert, dass positive Errungenschaften des ostdeutschen Sports nicht zur Disposition gestellt werden dürften.

Alle Fraktionen meinen, im vereinten Sport gebe es schon sehr lange „gelebte Normalität“, dennoch müssten Defizite in der Infrastruktur auch weiterhin mit öffentlichen Mitteln abgebaut werden. Während Union und SPD auf dem Weg zur Bildung einer neuen Bundesregierung schrittweise vorankommen, herrscht bei den Sportpolitikern der beiden großen Fraktionen Konsens, dass die Fortführung des „Goldenen Plans Ost“, in welcher Form auch immer, auf der sportpolitischen Agenda eines der Top-Themen ist. Daneben listen Sportpolitiker ihre Positionen zur Fortentwicklung des Sports in den neuen Ländern auf.

 

Keine Alternative zum "Goldenen Plan Ost" (SPD)

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Peter Danckert, der seinen Wahlkreis im Bundesland Brandenburg im Süden Berlins hat, erklärte, die Strukturen des Spitzensports in den neuen Ländern benötigten trotz aller Umstrukturierungsmaßnahmen eine Art Bestandsgarantie: „Nötig ist die klare politische Aussage, dass Bundesstützpunkte und Olympiastützpunkte im Osten Deutschlands erhalten bleiben müssen. Bei Grenzfällen sollte im Zweifel für diese Standorte entschieden werden.“ Die negative Bevölkerungsentwicklung und gerade die Abwanderung der Jugend aus den neuen Ländern, worunter auch etliche Leistungssportler seien, gebiete es, die Stützpunkte eher auszubauen als zurückzuführen. Dabei sollte nach Danckerts Worten auch berücksichtigt werden, dass die Ausbildung von Leistungssportlern in den neuen Ländern vergleichsweise immer noch viel effektiver sei. Klammere man das DDR-Staatsdoping und andere Missstände des DDR-Systems aus, sei jedoch im Spitzensport dort ein Fundament für eine gezielte Vorbereitung, Ausbildung, Qualifizierung und Nachbetreuung der Spitzensportler vorhanden gewesen bzw. existent, von dem der gesamtdeutsche Sport lange Zeit profitiert habe und auch heute noch profitiert.

 

Danckert machte deutlich, es gebe keine Alternative zur Fortsetzung des „Goldenen Plans Ost“ in der von ihm geforderten Erweiterung zu einem gesamtdeutschen Sportstättenförderprogramm der öffentlichen Hand ab 2007. „Bei kleineren und mittleren Vereinen in den neuen Bundesländern gibt es einen eminent hohen Nachholbedarf. Dieser Schwachpunkt der Infrastruktur muss kontinuierlich abgebaut werden.“ Danckert hatte erreicht, dass im Entwurf des Bundeshaushalts 2006, der wegen der Neuwahlen nicht formell vom Bundeskabinett verabschiedet wurde, das Sonderförderprogramm mit der Einstellung von Bundesmitteln fortgesetzt wird. Seine Fraktion und er wollten sich mit aller Kraft dafür einsetzen, dass der Haushaltstitel auch nach der Regierungsbildung Bestand hat und Bundesmittel in einem adäquaten Rahmen eingestellt werden.

 

Weitere Kraftanstrengungen zur Sanierung und Modernisierung nötig (CDU)

„Der Zustand der Sportstätten in den neuen Ländern ist trotz aller Förderprogramme nach wie vor desaströs“, erklärte der CDU-Bundestagsabgeordnete Klaus Riegert, der in den letzten drei Legislaturperioden sportpolitischer Sprecher der Unions-Fraktion war und erneut dieses Amt anstrebt. „Daran hat auch der Goldene Plan Ost nicht viel geändert, der in den letzten Jahren nicht mehr ausreichend mit Bundesmitteln ausgestattet wurde.“ Riegert fordert weitere Kraftanstrengungen bei Maßnahmen zur Sanierung, Renovierung und Modernisierung von Sportanlagen, damit sich die Sport-Infrastruktur in den neuen Ländern gerade auch für die sozialen Aufgaben weiterentwickeln kann.

 

Darüber hinaus sollte sich nach Worten des Unions-Politikers der Sportausschuss des Deutschen Bundestages in der neuen Legislaturperiode intensiv um die Konsequenzen des Vereinigungsprozesses gerade für den Breitensport und kleinen Wettkampfsport im Osten Deutschlands kümmern. Riegert: „Die Bundespolitik muss sich näher beschäftigen mit dem Ist-Zustand der Vereine, also etwa mit der Nachwuchsstruktur, der Vereinsgröße, der Mitgliederzahl, der ehrenamtlichen Struktur, aber auch mit der Belastung durch Bürokratie.“ Der Sportausschuss könne mit einer Bestandsaufnahme in Form einer öffentlichen Anhörung wichtige Impulse für den Fortgang der öffentlichen Diskussion sowie für Bundes-, aber auch Landespolitiker wegweisende Hinweise geben.

 

Eliteschulen in den neuen Ländern erfolgreicher (FDP)

Detlef Parr, Sportexperte der FDP-Bundestagsfraktion, wies darauf hin, der deutsche Sport hätte vor nunmehr 15 Jahren mehr positive Errungenschaften aus dem DDR-Sport, selbstverständlich abgespeckt von den diktatorischen Elementen, übernehmen müssen. Als Beispiel nannte er die Systembausteine der Talentsuche und Talentfindung. Zur Wendezeit sei auch verpasst worden, wichtige sportwissenschaftliche Strukturen zu adaptieren. Deshalb habe ihm der Vorschlag von Prof. Helmut Digel (Tübingen) „sehr gut gefallen“, eine Neugewichtung des wissenschaftliches Verbundsystems in Form einer zentralen Einrichtung zur Steuerung des Hochleistungssports zu schaffen, erklärte Parr. Die FDP werde in der neuen Legislaturperiode des Bundestages den Anstoß für neue Weichenstellungen auf diesem Sektor geben.

 

„In den Eliteschulen der neuen Länder findet der Leistungssportgedanke in besonders intensiver Form Boden“, unterstrich Parr. „Sie sind erfolgreicher als die Einrichtungen in Westdeutschland. Es muss zu einer Neuorientierung der Eliteschulen kommen, so wie die Evaluierung es ergeben hat. Die sportliche Elite sollte konsequent gefördert werden. Sportabbrecher sollten in die normalen Regelschulen zurückkehren.“ Parr unterstützt die DSB-Initiative für einen „Goldenen Plan 3“; dies sei eine langjährige FDP-Forderung. „Wir haben mit den maroden Sportstätten in Ost wie in West ein Akut-Thema“, erklärte der Liberale. Finanzierungsschwierigkeiten erwarte er dabei nicht: „Wenn es dem Bund gelingt, den Ländern locker vier Milliarden Euro für Ganztagsschulen bereitzustellen, sollte es doch wohl möglich sein, einen gesamtdeutschen Goldenen Plan zu finanzieren.“

 

Bedarf beim Sportstättenbau im Einzelall ermitteln (Bündnis 90/ Die Grünen)

Winfried Hermann, sportpolitischer Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen, erklärte: „Es ist nach 15 Jahren deutscher Sporteinheit Zeit, Bilanz zu ziehen, wo wir wirklich stehen.“ Durch die Projekte des Aufbaus Ost seien viele Milliarden Euro in die Infrastruktur geflossen, um blühende Landschaften errichten zu wollen. Dabei sei vieles überdimensioniert geraten - von Kläranlagen über Wasserleitungen bis hin zu Straßen. Aus diesem Grund sollte nach Hermanns Worten nunmehr für die Sportstättenförderung die Konsequenz gelten: „Es muss im Einzelfall der Bedarf ermittelt werden, damit es im Sportstättenbau nicht zu Fehlinvestitionen wie auf anderen Infrastrukturfeldern kommt. Dabei sollte dann auch zwischen herkömmlichen DIN-Sporthallen und alternativen Sport- und Bewegungsmöglichkeiten unterschieden werden.“ Beispielhaft sei etwa im Großraum Leipzig eine alte, nicht mehr benutzte Industriehalle, die zu einer Beachvolleyball-Spielfläche umgewidmet wurde - ein Exempel für eine sinnvolle Möglichkeit, eine Mangelsituation abzuschaffen, aber auch neuen Trends gerecht zu werden.

 

Hermann sieht im vereinten deutschen Sport eine „selbstverständliche Ost-West-Mischung“ realisiert: „Niemand nimmt Michael Ballack heute noch als Ostsportler wahr.“ Spitzenathleten wie Bayern Münchens Mittelfeldstar seien längst zu Identifikationsfiguren für Vereine und Regionen geworden. Im Nachhinein hat es sich nach Hermanns Worten als glückliche Fügung erwiesen, dass die wissenschaftlichen Institute FES und IAT durch den Einigungsvertrag abgesichert wurden und einen besonderen Status genießen. „Schwachpunkt ist jedoch die zu wenig aufgearbeitete Geschichte des Sports in der DDR“, erklärte Hermann. „Skandalgeschichten um Doping und Stasi werden immer wieder aktuell, weil die Schattenseiten der DDR-Sportdiktatur nicht in vollem Umfang aufgearbeitet wurden.“