Sport steht für Leistung, Ehrgeiz und Wettbewerb. Wir verbinden ihn zudem mit Athletik, Spaß an der Bewegung, oft auch mit Naturerlebnis. Beim Wassersport kommt der Umgang mit dem nassen Element hinzu. Sportaktivitäten unterliegen hier besonderen Gesetzen. Sie verlangen besondere Aufmerksamkeit, oft genug auch spezielles Wissen und Können. Sorgfalt bei der Vorbereitung ist ebenso unverzichtbar wie Umsicht bei der Sportausübung.
Eine der ersten Lektionen, die man beim Wassersport lernt, ist Respekt: Vor den Gefahren, vor allem des Ertrinkens, aber auch vor Naturgewalten, die auf See und unter Wasser herrschen. All das bewirkt, dass der Aufenthalt auf, am oder unter Wasser die Sinne für das schärft, was um uns herum in der Natur geschieht.
Im Alltag scheint die Fähigkeit zur sorgfältigen Naturbeobachtung hingegen immer mehr zu verkümmern. Menschen erleben Natur, Tiere, Pflanzen, Boden und Wasser immer häufiger mittelbar, vermittelt über Medien. Mit dem Medienkonsum verändert sich dabei nicht nur das Bild von der Natur, er erzeugt auch Distanz. Emotionale Distanz und schlichten Mangel an eigener Naturerfahrung. Und ganz allmählich verändert diese Verschiebung der Wahrnehmung auch den Menschen selbst.
Die Überzeugung, selbst Teil der Natur zu sein, wandelt sich zur Haltung eines Konsumenten. Die Aufgabe, eine intakte Natur zu bewahren, wird nicht mehr als Sorge ums eigene Wohl empfunden, sondern als gesellschaftlich delegierbarer Job, den man dafür ausgebildeten Experten überträgt.
Was ist falsch daran? Warum sollen nicht Menschen, die das auf Hochschulen gelernt haben, die Natur für uns schützen, Managementpläne aufstellen und immer ausgefeiltere technische Schutzstrategien ins Werk setzen. Geht es nicht auch hier letztendlich nur um Leistung, nämlich „Ökosystemleistung“, die generiert werden muss, um den Status quo unserer Lebensumstände zu erhalten? Sollen diejenigen, die diese „Leistungen“ in Anspruch nehmen, nicht konsequenterweise auch dafür zahlen, wie fürs Telefonieren oder Busfahren?
Wir Wassersportler denken: Nein. Natur ist keine Ware, die sich beliebig verbrauchen, reproduzieren und verwerten lässt. Sie ist unsere Lebens- und Entfaltungsgrundlage, wie unser Trinkwasser und unsere Atemluft. Sie zu erhalten, ist unser eigenes existenzielles Anliegen. Das Instrumentarium dazu muss daher auch selbstverständlicher Teil unserer Lebensgestaltung sein.
Es geht darum, die Grenzen der natürlichen Regenerationsfähigkeit einzuhalten und die Vielfalt und Schönheit der Natur zu bewahren. Dazu braucht es genau diese Umsicht und Aufmerksamkeit, die wir für unseren Natursport entwickelt haben. Und die eigene Naturerfahrung. Sie ist es, die jene Freude und innere Motivation wachsen lässt, mehr zu tun (oder zu unterlassen), als nur zu konsumieren.
Natursport trägt dazu bei, diese positive Naturerfahrung zu gewinnen. Der gemeinnützig organisierte Natursport schafft besondere Rahmenbedingungen dafür. Er orientiert seine demokratische Selbstverwaltung am Gemeinwohlgedanken. Daraus entstehen nützliche praktische Hilfen, wie beispielsweise Ausbildungsinhalte, praktische Anleitungen und selbst gesetzte Regel. Sicher nicht immer und überall perfekt, aber mit hoher Akzeptanz, weil diese Regeln von den Aktiven als eigene empfunden werden.
Der Vereinssport kann auf diese Weise staatliche Reglementierung entbehrlich machen, wo er selbst Naturaktivitäten steuert und unter dem Niveau erforderlichen staatlichen Eingreifens hält. Und er kann junge Menschen früh in Verantwortung bringen. Das ideelle Ziel vieler Vereine, junge Menschen mit guter Ausbildung in die Lage zu versetzen, früh selbst Verantwortung für ein Schiff und seine Besatzung oder eine Tauchgruppe zu übernehmen, bewährt sich auch bei der praktischen Kompetenz, sich umsichtig in erhaltenswerter Natur zu bewegen.
Wer dies lernt, wird auch an anderer Stelle verantwortlich handeln. Unsere Gesellschaft wird in den kommenden Jahren viele solcher verantwortungsvoller Mitgestalter brauchen.
(Autorin: Mona Küppers, Präsidentin des Deutschen Segler-Verbandes. Ihr Kommentar stammt aus der Ausgabe 125 des DOSB-Informationsdienstes „Sport schützt Umwelt“, die im März zum Schwerpunktthema „Wassersport und Gewässerschutz“ erschien.)
In jeder Ausgabe der DOSB-Presse, die wöchentlich erscheint, gibt es einen Kommentar zu aktuellen Themen des Sports, den wir hier veröffentlichen. Diese mit Namen gezeichneten Beiträge geben nicht unbedingt die offizielle DOSB-Meinung wieder.