Sportvereine sind bedeutende Träger des Gesundheitswesens

 

Das Gesundheitswesen ist den Deutschen teuer. Oder besser: es kommt sie teuer zu stehen. Die unvorstellbare Summe von 300 Milliarden

Euro muss dafür jährlich veranschlagt werden. Das heißt, dass ein bedeutender Teil dessen, was wir erarbeiten, schon wieder verschwunden ist, bevor wir es auf dem Bankkonto haben. Nun gut, könnte man sagen, wenn es für unvermeidliche Krankheiten ist, dann müssen wir uns eben darin schicken. Aber rund hundert Milliarden wenden wir auf für Erkrankungen, die kein Schicksal sind, sondern Folgen der Lebensweise.

Die Stichworte dazu sind Bewegungsmangel, fette Kost, Alkohol und Nikotin. Wir haben bewusst den Bewegungsmangel an die Spitze gesetzt, weil er ein vorrangiger Faktor ist - und weil er auch die anderen Faktoren beeinflussen kann: sportlich Aktive verstehen nämlich den Sinn ausgewogener Ernährung besser, spüren bei jedem Laufschritt eher, wie der Zigarettenqualm die Kondition herabsetzt und verbessern ihre Wohlfühlbilanz schon durch Sporterlebnisse und nicht erst durch übermäßigen Alkoholgenuss. Hinzu kommt der für die Gesundheit so wichtige soziale Faktor: Sport treibt man im allgemeinen mit anderen zusammen. Das begegnet dem Krankheitsauslöser der Einsamkeit und manchen Formen der Depression.

Unser Bild von der Rolle der Sportvereine muss sich erweitern. Sie sind nicht nur Orte der Freizeit, der Geselligkeit und des Leistungsstrebens. Sie sind in einem unfassenden Sinn auch Einrichtungen der Gesundheitspflege. Das breite Auftauchen des Begriffs Gesundheitssport ist erstaunlich jungen Datums. Erst in den letzten zwanzig Jahren setzt damit eine der großen Veränderungswellen in der deutschen Sportvereinslandschaft ein. Inzwischen sind Programme, die gesundheitlichen Schäden entgegenwirken oder ihr Eintreten verhüten sollen, ein Teil des Standardangebotes in vielen breitensportorientierten Sportvereinen. Die Vielfalt der Formen, Namen und Anwendungsgebiete ist erstaunlich. Da ist von ambulanten Herzgruppen, Osteoporoseprogrammen, von Trainingsformen für Parkinson-, Bechterew-, Rheuma-, Asthma-Patienten die Rede, da geht es um Kurse gegen Übergewicht, gegen Stress, Rückenprobleme, Atemwegsschwierigkeiten. Es gibt viele tausend Fälle des Engagements der Sportvereine für die Gesundheit.

Wie Sportvereine die Zeichen der Zeit im Sinne der Gesundheitspflege erkennen, wird an drei Beispielen deutlich, die das Vereins-Engagement für drei zeittypische Krankheitsbilder und eine umsichtige Herangehensweise zeigen. Es geht um Herzinfarkt, Brustkrebs und Herzschädigung bei Kindern. Im traditionsreichen Olympischen Sport Club Berlin dachte man darüber nach, welche Lebenssituation den Beginn gesundheitsfördernder aktiver Verhaltensweise besonders nahelegt: es ist z.B. die Zeit nach der Behandlung des Herzinfarktes im Krankenhaus und vor dem Eintritt der alltäglichen Routine. In Verbindung mit Ärzten des Auguste-Viktoria Krankenhauses wurde der Plan geschmiedet, den Patienten durch den Sportverein Programme der aufbauenden Bewegungstherapie anzubieten. Das Programm fand nicht nur Zulauf, sondern zeigt an vielen Beispielen von Patienten, wie aus einem Nullpunkt des körperlichen Versagens durch Rehabilitation wieder eine bemerkenswerte Leistungsfähigkeit erreicht werden kann.

In der Darmstädter Turn- und Sportgemeinde gilt dem Brustkrebs der Frauen eine besondere Aufmerksamkeit. Diese Krankheit, deren Auftreten sich in den letzten Jahren besorgniserregend vermehr hat, verlangt in der Nachsorge nicht nur die fachlich zutreffende Bewegungstherapie, sondern auch persönliche Zuwendung und psychologisch geschicktes Eingehen auf die Teilnehmerin. In der Darmstädter TG hat man sich auf diese Herausforderung gut vorbereitet und hält sich durch Fortbildung auf dem Laufenden. Nicht nur neue Beweglichkeit, auch neuer Lebensmut wurde so vielen Frauen geschenkt.

Der SC Bayer Uerdingen erweiterte sein Gesundheitssportangebot auf herzkranke Kinder. (Jährlich werden in Deutschland 7.000 Kinder mit einer Herz-Fehlbildung geboren.) Ein Kinder-Kardiologe ist bei den Übungsstunden anwesend, wenn entsprechend der individuellen Belastungsfähigkeit motorische Defizite ausgeglichen und so auch das Selbstvertrauen und die soziale Aktionsfähigkeit gefördert werden.