Sportvereine und die Pandemie

Daten bestätigen die Krisenfestigkeit von Vereinen trotz substanzieller Mitgliederverluste. Doch die Gewinnung von Mitgliedern und Personal ist zentrale Zukunftsaufgabe.

Die Türen der Sportvereine sind wieder offen. Aber die Vereine stehen noch vor einigen Herausforderungen. Foto: LSB NRW
Die Türen der Sportvereine sind wieder offen. Aber die Vereine stehen noch vor einigen Herausforderungen. Foto: LSB NRW

Endlich ist er da, der lang herbeigesehnte Lichtblick am Ende des Corona-Tunnels. Wir dürfen unsere Lieblingsbeschäftigung – dem gemeinsamen Sporttreiben im Verein – wieder vermehrt nachgehen. Seit Anfang März hat der Wiedereinstieg begonnen, die finalen Öffnungsschritte folgen aktuell. Spaß am Training, Wettkampf und dem sozialen Miteinander, wie lange mussten insbesondere unsere Kinder und Jugendlichen darauf warten!

Daneben steht leider auch die Sorge, dass es noch nicht vorbei ist mit dem Virus. Die Pandemieentwicklung hat aber mir gezeigt, dass es nicht viel bringt, in negativen Szenarien zu verharren. Wer kann schon Voraussagen, wie die Sachlage im Herbst aussieht? Natürlich sind Vorsicht und Verantwortung auch weiterhin geboten, aber viel wichtiger ist es doch, im hier und jetzt zu leben und die Öffnung für SPORTDEUTSCHLAND effektiv zu nutzen.

Für die rund 90.000 Sportvereine an der Basis stellen sich dabei richtungsweisende Fragen: Was muss getan werden, damit die Rückkehr zum Trainingsbetrieb bestmöglich gelingt? Welche Auflagen, Hygienekonzepte und Vorsichtsmaßnahmen müssen weiterhin berücksichtigt werden? Wie können Mitglieder und Engagierte wieder für die Angebote und Tätigkeiten motiviert werden?

Die bisherigen Daten über die Auswirkungen der Pandemie sind differenziert zu betrachten. So stehen kleine, rein ehrenamtlich organisierte Vereine vor anderen Herausforderungen als große, eher dienstleistungsorientierte Organisationen. Insgesamt hat sich der Vereinssport sehr solidarisch mit den Beschränkungen gezeigt und ist bisher – trotz substanzieller Mitgliederverluste – relativ krisenfest durch die schwierige Zeit gekommen. Dies ist sicherlich sehr bemerkenswert.

Laut DOSB-Bestandserhebung wird für das Jahr 2020 von einem Mitgliederrückgang von rund 1 Mio. Mitgliedschaften ausgegangen (ca. 3,5%). – wobei die Verluste vor allen Dingen auf fehlende Neueintritte zurückzuführen sind. Besonders groß ist der Rückgang in den jungen Altersbereichen (0-6-Jährige rund 17% und 7-14-jährige rund 5%). Sportartspezifische Entwicklungen und Ausschläge sind hier noch nicht eingerechnet.

Die Ergebnisse einer Bevölkerungsumfrage der Humboldt-Universität zu Berlin zur Ehrenamtlichkeit im Sportverein während der Corona-Pandemie (EiS-CP) * zeigen zudem, dass die Austritte im Erwachsenenalter besonders jene gesellschaftlichen Gruppen treffen, die bereits vor der Pandemie im Verein unterrepräsentiert waren: Personen mit Migrationshintergrund, bildungsfernere Gruppen, Frauen sowie Personen, die auf weniger soziale Unterstützung in ihrem Umfeld zurückgreifen können.

Erfreulich ist dagegen das Ergebnis der Studie, dass die überwiegende Mehrheit der freiwillig und ehrenamtlich Engagierten ihrem Sportverein erhalten bleiben. Darüber hinaus stimmt der Großteil der Befragten zu, auch nach der Pandemie Mitglied im Verein zubleiben.

Insgesamt wird durch die Ergebnisse bestätigt, dass die Bindung und Gewinnung von Mitgliedern sowie engagiertem Personal, die zentrale Aufgabe in der Bewältigung der Auswirkungen der Pandemie für die Sportvereine darstellt. Der verstärkte Einbruch im Kinder und Jugendbereich ist dabei ebenso besonders zu beachten, wie die Ansprache der o. g. Zielgruppen im Erwachsenenalter.

Viele Sportverbände und Vereine haben sich bereits auf den Weg gemacht, mit besonderen Maßnahmen und Konzepten die Entwicklung und Rückkehr zum Vereinssport anzukurbeln. Dazu zählen übergreifende Marketingmaßnahmen und Bewegungskampagnen (siehe DOSB-Kampagne www.come-back.fit/), aber auch die direkten Vereinskonzepte vor Ort, die das wichtige Ziel verfolgen, die Menschen für die Bewegung und das Engagement zu begeistern.

Darüber hinaus wird es auch weiterhin bedeutet sein, die Folgen der Pandemie für den Vereinssport zu analysieren und auszuwerten. Im Rahmen der 8. Welle des Sportentwicklungsberichts (SEB) hat in einer Feldphase bis Juni 2021 eine weiterführende Befragung bei rund 7.000 Vereinen zur COVID-19 Thematik stattgefunden. Diese Ergebnisse werden gerade ausgewertet und zeitnah durch die Sporthochschule Köln veröffentlicht.

Sicherlich ist es noch ein langer Weg bis die Aufräumarbeiten bewältigt sind und die Rückkehr zur Normalität auch im gemeinnützigen Sport sichergestellt ist. Die positiven Beispiele sind aber Ansporn und Motivation genug, alles dafür zu tun, dass wir unserer Lieblingsbeschäftigung wieder sorgenfrei und ohne Beschränkungen nachgehen können. Stillstand ist jedenfalls kein nützliches Signal für den Sport – Aufbruch und Weiterentwicklung dagegen schon. Packen wir es also gemeinsam an!

*Am 30. Juni 2021 wurden die Ergebnisse der Studie beim Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) vorgestellt. Die Folien und der Podcast sind unter https://coronasoziologie.blog.wzb.eu/ abrufbar.

(Autor: Boris Rump)


  • Die Türen der Sportvereine sind wieder offen. Aber die Vereine stehen noch vor einigen Herausforderungen. Foto: LSB NRW
    Sportplatz mit Gitter davor Foto: LSB NRW