Sportwissenschaft und Sportorganisation nähern sich an

Der organisierte Sport und die Sportwissenschaft wollen wieder stärker aufeinander zu gehen.

 

Die Vizepräsidentin des DOSB für Bildung und Olympische Erziehung Prof. Dr. Gudrun Doll-Tepper.
Die Vizepräsidentin des DOSB für Bildung und Olympische Erziehung Prof. Dr. Gudrun Doll-Tepper.

„Um ein Zeichen nach außen zu setzen, haben wir uns an einen Tisch gesetzt“, begründete Prof. Dr. Bernd Strauß, Präsident der Deutsche Vereinigung für Sportwissenschaft (dvs), das Aufeinandertreffen mit dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) im Rahmen des 19. dvs-Hochschultages in Münster. Für den DOSB und seine Organisationen ist vor allem die Alltagstauglichkeit der Forschung ausschlaggebend. „Die wissenschaftlichen Erkenntnisse müssen in der Praxis anwendbar sein, der organisierte Sport muss aber ebenso relevante Fragen aus der Praxis an die Wissenschaft zurückspielen“, forderte die DOSB-Vizepräsidentin für Bildung und Olympische Erziehung, Prof. Dr. Gudrun Doll-Tepper.

Mit einem gemeinsam organisierten Dialogforum wollten der DOSB und die dvs unter dem Titel „Sportorganisation trifft Sportwissenschaft“ Brücken schlagen. Neben diesen Beiden versuchten noch Prof. Dr. Hans-Jürgen Schulke vom Deutschen Turner-Bund sowie Prof. Dr. Oliver Höner von der Universität Tübingen die Chancen für die Zusammenarbeit auszuloten. Aus der Sicht von Prof. Strauß, der in Münster sein Amt als dvs-Präsident abgab, befindet sich die noch junge universitäre Disziplin im Umbruch. Die meisten der rund 60 sportwissenschaftlichen Ein-richtungen in Deutschland mit rund 30.000 Studierenden stellen derzeit ihr Studiensysteme auf Bachelor- und Masterstudiengänge um, was nicht reibungslos verläuft. Die Universitäten stünden zudem unter anderem durch die bundesweite Suche nach Exzellenz-Universitäten mehr denn je im Wettbewerb.

Prof. Gudrun Doll-Tepper wies jedoch auch auf positive Beispiele für eine funktionierende Kooperation hin. Die Zeitschrift „Sportwissenschaft“ wird vom DOSB und dvs gemeinsam mit dem Bundesinstitut für Sportwissenschaft herausgegeben. „Die Problematik in der Beziehung zwischen Wissenschaft und den Sportorganisationen kenne ich, doch wir müssen im Dialog nach Lösungen suchen“, meinte die Vizepräsidenten des DOSB, die an der Freien Universität Berlin lehrt und daher beide Seiten gut kennt. Als notwendig erachteten die Teilnehmer, dass der organisierte Sport mit dem DOSB an der Spitze die für ihn relevanten Themen genauer definieren und standardisierte und transparente Verfahren für eine Projektvergabe etablieren müsste. „Der wissenschaftliche Nachwuchs ist momentan im Zwiespalt zwischen dem Nutzen seiner Forschung für die Praxis und der Reputation in der Theorie“, sagte Prof. Höner.

Als möglicher Lösungsvorschlag wurde eine Schnittstelle zwischen Wissenschaft und organisiertem Sport beispielweise in Form regelmäßiger Gespräche genannt. Durch die zunehmende Professionalisierung im organisierten Sport wächst dieser näher an die Wissen-schaft heran, da vermehrt Mitarbeiter im Sport aus der Wissenschaft kommen. In einem weiteren Komplex, der sich in Münster mit dem organisierten Sport befasste, ging es um die Bildungs-aktivitäten des organisierten Sports. Sie werden derzeit außerhalb des Sports überhaupt nicht wahrgenommen. Daher ist es aus der Sicht der Sport-Verantwortlichen nicht verwunderlich, dass der Sport im nationalen Bildungsbericht noch keinen Platz gefunden hat. Die Zahlen des DOSB zeigen aber die große Bedeutung des Bildungssystems des organisierten Sports. Unter anderem wurden insgesamt rund 500.000 Übungsleiter- und Trainerlizenzen von den Verbänden des organisierten Sports ausgegeben. Der Sportentwicklungsbericht offenbart den Handlungsbedarf im Sport. Auf die rund 2,1 Millionen Ehrenamtlichen in den Sportvereinen kommen in Zukunft große Herausforderungen zu. Durch die Zunahme der Ganztagsschulen werden sich die bisherigen Kooperationen von Sportvereinen und Schulen weiter ausweiten. „Momentan kooperieren rund 70 Prozent der Vereine mit Schulen“, berichtet DOSB-Vizepräsidentin Prof. Dr. Gudrun Doll-Tepper aus dem Sportentwicklungsbericht. Um diese Entwicklung zu verdeutlichen, wird der nächste Schwerpunkt des Sportentwicklungsberichtes im Bildungsbereich liegen.

Prof. Gudrun Doll-Tepper betonte als Vertreterin des organisierten Sports: „Wir müssen erreichen, dass der Sport endlich im nationalen Bildungsbericht auftaucht, doch auch international wird der Sport im Zusammenhang mit Bildung zu wenig wahrgenommen. In den Bildungsberichten der UNESCO findet der Sport ebenfalls keine Beachtung. Hier kann und muss Deutschland eine Pionierrolle übernehmen.“


  • Die Vizepräsidentin des DOSB für Bildung und Olympische Erziehung Prof. Dr. Gudrun Doll-Tepper.
    Die Vizepräsidentin des DOSB für Bildung und Olympische Erziehung Prof. Dr. Gudrun Doll-Tepper.