Stichwort: Hyperaktivität

Vier Fragen an Dr. Christina Hahn, Projektleiterin der Studie mit hyperaktiven Kindern an der Universität Heidelberg

 

„Mit dem Sport zu besserer Konzentration und Feinmotorik und zu mehr Selbstbewusstsein”

 

DSB PRESSE: Es gibt immer mehr Kinder in Deutschland, die unter Hyperaktivität leiden. Die Schätzungen reichen von sechs bis hin zu 15 Prozent aller Kinder im Alter von sechs bis zehn Jahren. Sie wollen das Problem jetzt mit einem Sportangebot eindämmen. Wie kamen Sie auf die Idee?

 

HAHN: Die Idee ist im normalen Vereinsbetrieb entstanden. Es waren immer wieder Kinder darunter, die von einer Hyperaktivität betroffen und nach einer Zeit nicht mehr zu integrieren waren. Entweder stimmte es im Umgang mit den anderen Kindern, in der Konzentration oder in der Motorik nicht. Wir haben dann in der ersten konzeptionellen Phase im Gespräch mit Kinderpsychologen und -ärzten zunächst einmal versucht zu klären, auf welchen Bereich wir mit Sport überhaupt einwirken und die Hyperaktivität eindämmen können. Die Motorik war ja klar, aber geht es beispielsweise auch bei sozialen Defiziten, bei der Psyche. Dort probieren wir es jetzt auch mit speziellen Übungen.

 

DSB PRESSE: Wie ist die Behandlung der Kinder aufgebaut?

 

HAHN: Das Problem am Anfang war, dass wir keinerlei Vorerfahrung hatten, weil es keine vergleichbaren Studien gibt, auf die wir hätten zurückgreifen können. Wir mussten jede Übung neu ausprobieren. Jedes Kind hat zweimal in der Woche 90 Minuten zusätzlich Sport. Der erste Teil ist jeweils sehr krankheitsorientiert ausgerichtet, eine Sporttherapie. Wir haben uns dann aber gesagt, dort werden nur die Schwächen der Kinder behandelt, das Schöne des Sports erleben sie dort weniger. Im zweiten Teil wollen wir ihnen aber ein allgemeines Sportangebot wie die Ballspiele mit der Heidelberger Ballschule nahe bringen, denn das langfristige Ziel ist es, die Kinder wieder in den normalen Sportverein zu bekommen.

 

DSB PRESSE: In den vergangenen zwölf Monaten konnten Sie nun die ersten Erfahrungen mit den Kursen machen. Gibt es positive Rückmeldungen?

 

HAHN: Die erste richtige Auswertung werden wir nach dem Abschluss des Auftakt-Kurses im April haben. Bisher gibt es nur Auswertungen von der Vorstudie und subjektive Einschätzungen von den Eltern und mir. Aber schon nach der Vorstudie gab es signifikante Ergebnisse aus der Befragung. Nach drei Monaten scheint es zu einem positiven Einschnitt zu kommen. Auf einmal hat das Kind eine bessere Handschrift, ein Zeichen für eine verbesserte Feinmotorik. Es kann sich besser auf die Hausaufgaben konzentrieren. Die Kinder werden selbstbewusster.

 

DSB PRESSE: Was ist denn langfristig das Ziel?

 

HAHN: Langfristig ist es unser Ziel, ein Vereinsangebot für hyperaktive Kinder aufzubauen. Wir entwickeln jetzt die passenden Stundenbilder mit dem Ablauf, das könnte alles in ein Handbuch münden. Es muss nur jemand im Verein da sein, der die entsprechende Qualifikation hat. Aber das ist bei Herzsportgruppen ja auch so.